Nils Mohls neuer Jugendroman  Rettender Engel

Rave-Fans feiern 2008 im Wallringtunnel in Hamburg
Rave-Fans feiern im Wallringtunnel in Hamburg © picture-alliance/ dpa | Sebastian Widmann

Der siebzehnjährige Abiturient Kester, gefrustet von der Zukunft, will sein Leben nach einer Partynacht in Hamburg selbst beenden. Doch nächtliche Bekanntschaften und ein Engel geben seiner Geschichte eine andere Richtung.

Eine Abiturfeier am Meer: Alkohol und Drogen zeigen ihre Wirkung. Die ausgelassene Stimmung führt bei den Jugendlichen zum Philosophieren über die Zukunft und schließlich zu der Überzeugung, dass man den absoluten Höhepunkt des Lebens, inklusive Rausch, Tanz und Sex, nur genießen kann, wenn man danach den finalen Schlussstrich zieht: „Die Nacht der Nächte kann nur die letzte sein“.

Unter ihnen ist Kester, Ausnahmeschüler und Außenseiter, ohne Zukunftspläne und frustriert von der Aussicht, erwachsen zu werden. Er entschließt sich sofort, nach Hamburg zu fahren. Hier will er in dem Club im Bunker, in der Nähe der Reeperbahn, seine letzte Nacht in Ekstase verbringen. Blanka, die einzig Vertraute in seiner Klasse, leiht ihm, obwohl er erst 17 Jahre alt ist, ihr Auto.

Gespräche und ein Ausweg

Und hier beginnt der Autor Nils Mohl in seinem neuen Jugendroman Engel der letzten Nacht einen Roadtrip durch das Hamburger Nachtleben. Mit Begegnungen und Zufallsbekanntschaften, zum Beispiel mit dem Rettungssanitäter, der ihn nach einem Unfall ins Krankenhaus bringt, aus dem er flieht, um zum Bunker zu kommen. Auf dem Weg trifft er die Berufssoldatin Kim, die auf Drogen ist. Lenny, der Flaschensammler, blauhaarig und in schillernden Klamotten, ist gefährdet als Transmensch; eine Gruppe junger Straßengangster jagt ihn, das gibt der Geschichte einen abenteuerlichen Touch. Dann begegnet Kester die ältere Christina, die ihn in ein Striplokal mitnimmt. Mit jedem diskutiert der Junge über das Leben und lernt sich dabei besser kennen, und jede Begegnung endet mit seinem Tod, den der Autor jedes Mal ausführlich beschreibt.

Immer stellt Mohl in der darauffolgenden Szene die Frage: „Ist das sein (Kesters) Ende? So? Oder nicht so?“ Gibt es nicht einen Ausweg? Es gibt ihn, und jedes Abenteuer beginnt für den Jungen neu mit der Einleitung: „Also noch mal von vorn“.

Mohl: Engel der letzten Nacht (Buchcover) © Rotfuchs

Am Ende bleiben immer Geschichten

Nur zwei Personen treten immer wieder auf. Die Freundin Blanka – Kester wird am Schluss spüren, dass sie seine Zuneigung und Hilfe braucht – und Bruno, der sich ihm vor dem Club am Bunker nähert. Er outet sich, wie im Titel schon angekündigt, als „Engel der letzten Nacht“, als sein Schutzengel und erklärt, von dieser Aufgabe nur erlöst zu werden, wenn er eine Menschenseele findet, die sich von ihm retten lässt. „Das Leben musst du nicht mögen, Kester. Aber wenn du Menschen magst, wirst du lernen, es zu mögen. Sie sind das Leben, die Menschen. Die musst du mögen, wenigstens einen. Ein Mensch kann reichen, ein einziger.“

Nicht nur in den wilden Szenen, den sprachspielerischen Passagen und den treffenden Dialogen merkt man, dass Nils Mohl die Lebenswelt von Jugendlichen gut kennt. In seinen Workshops an Schulen – einer davon findet Eingang in das Buch – und in Kesters Geschichte zeigt er, wie Literatur, Schreiben und Fantasie Jugendlichen helfen können, einen Weg aus scheinbar ausweglosen Situationen zu finden. Und lässt den Jungen schließlich in die Zukunft sehen und davon erzählen, welche Möglichkeiten es für alle, die er getroffen hat, und für ihn geben wird. „Am Ende bleiben wohl immer nur Geschichten, um das Leben und seine Mysterien für uns ein bisschen fassbarer zu machen. Geschichten, die weiter und weiter erzählt werden können“.
Nils Mohl: Engel der letzten Nacht. Roman
Berlin: Rotfuchs, 2025. 224 S.
ISBN: 978-3-7571-0192-3
Diesen Titel finden Sie auch in unserer Onleihe.