Wahlberechtigt in Deutschland  „Geh wählen“, wenn du kannst!

Auf dem Bild ist eine Nahaufnahme von Briefwahlunterlagen zu sehen Foto © picture alliance / pressefoto_korb | Micha Korb

Fast 30% der Menschen in Deutschland dürfen bei der Bundestagswahl im Februar 2025 nicht wählen. Wer von der Wahl ausgeschlossen ist und warum, erfährst du hier.

An der Bundestagswahl führt derzeit kein Weg vorbei. An jeder Straßenecke lächeln einem Politiker*innen auf Wahlplakaten entgegen und auf größeren Plätzen werben Menschen für ihre Partei. „Geh wählen“ ist die Devise der Stunde und politisch aktive Social-Media-Influencer*innen werden nicht müde, diesen Leitspruch über ihre Accounts zu verbreiten.

Dabei können längst nicht alle diesem Aufruf folgen. Um bei der Bundestagswahl mitbestimmen zu dürfen, gibt es zwei zentrale Voraussetzungen: ein Mindestalter von 18 Jahren und die deutsche Staatsbürgerschaft. Von den 83,6 Millionen Menschen, die in Deutschland leben, sind demnach circa 10 Millionen Erwachsene (Stand 2023) ohne deutschen Pass sowie 14,3 Millionen Kinder und Jugendliche (Stand 2022) von der Wahl ausgenommen. Dazu kommt eine kleine Gruppe von Menschen, die aufgrund eines richterlichen Beschlusses vorübergehend nicht wählen dürfen.
Titel der Grafik: Wer in Deutschland wahlberechtigt ist – und wer nicht.  1. Kreisdiagramm: Nicht-wahlberechtigt ≈ 24,4 Millionen Menschen, Wahlberechtigt ≈  59,2 Millionen Menschen; 2. Kreisdiagramm (geht auf den nicht-wahlberechtigten Teil aus dem 1. Kreisdiagramm ein): Ohne deutschen Pass ≈ 10 Millionen Menschen, Unter 18 ≈ 14,3 Millionen Menschen, Richterlicher Beschluss ≈ ohne Angabe; Anmerkung: Nicht aufgelistet sind deutsche Staatsbürger*innen, die im Ausland leben

Von den 83,6 Millionen Menschen, die in Deutschland leben, können fast 30 % bei den Bundestagswahlen im Februar 2025 nicht mitbestimmen. | Grafik © Lena Maurer

Bundestagswahlen ab 18, Europawahl ab 16?

Ursprünglich sollte die Bundestagswahl erst im Herbst stattfinden, doch durch die vorgezogene Wahl müssen etwa 400.000 noch 17-Jährige auf ihre Wahlpremiere warten. Eine Senkung des Wahlalters auf 16 wurde nicht umgesetzt, da für die Gesetzesänderung eine Zweidrittelmehrheit nötig wäre, die aufgrund der aktuellen Sitzverteilung nicht zustande kommen kann. Sowohl die AfD als auch die CDU/CSU sind gegen das Wählen ab 16. Bei den Europawahlen im Sommer 2024 durften 16-Jährige allerdings bereits mitbestimmen.

Dieser Unterschied stößt bei Befürworter*innen des herabgesenkten Wahlalters auf Unverständnis. Sie argumentieren, dass junge Menschen angesichts einer alternden Gesellschaft zu wenig politische Mitsprache hätten. Kritiker*innen wiederum attestieren Nicht-Volljährigen zu wenig Reife, um politisch mitbestimmen zu dürfen. Sie berufen sich dabei auf die Tatsache, dass Minderjährige juristisch anders behandelt werden und manche Gesetze an Volljährigkeit geknüpft sind.

Das politische Wissen scheint bei dem „Reife-Argument“ allerdings eine untergeordnete Rolle zu spielen. Studienergebnisse zeigen nämlich, dass sich das politische Wissen von 16- und 18-Jährigen kaum unterscheidet.

Ausländerwahlrecht in Deutschland: Ohne Staatsbürgerschaft keine Wahl

Jede*r vierte Erwachsene in Deutschland hat einen Migrationshintergrund. Von diesen 17,1 Millionen Menschen können jedoch rund zehn Millionen bei der Bundestagswahl nicht mitbestimmen. Dabei sind nicht nur Menschen von der Wahl ausgeschlossen, die erst vor kurzem in Deutschland angekommen sind, sondern auch mindestens 700.000 Menschen, die hierzulande geboren sind.

Das Kampagnennetzwerk WIR WÄHLEN hat sich zur Aufgabe gemacht, mit symbolischen Wahlen auf dieses „demokratische Defizit“ aufmerksam zu machen. „Wer von politischen Entscheidungen betroffen ist, sollte durch das Wahlrecht an dem Zustandekommen der politischen Entscheidungen beteiligt sein“, schreibt das Bündnis. Die Koppelung von Staatsbürgerschaft und Wahlrecht schaffe außerdem Hürden, die politische Partizipation erschweren.

International gesehen folgt Deutschland mit seinen Wahlrechtsbestimmungen dem gängigen Muster. In den meisten Demokratien dürfen nur Staatsangehörige an nationalen Wahlen teilnehmen. Doch es gibt Ausnahmen: In Chile, Ecuador, Malawi, Neuseeland und Uruguay dürfen Menschen nach einer gewissen Aufenthaltsdauer auch ohne Staatsbürgerschaft an nationalen Wahlen teilnehmen.

Ob sich das Wahlrecht in Deutschland dahingehend ändern wird? Die Debatte ist offen – und mitreden darf jede*r!