In Deutschland leben immer mehr Menschen vegetarisch oder sogar vegan. Wie kam es zu dieser Entwicklung? Und was bringt fleischlose Ernährung eigentlich? Ein Beitrag von Robin Jüngling von nachhaltig.kritisch.
Die Debatte über Ernährung wird in Deutschland oft emotional geführt. Besonders beim Thema Veganismus kochen die Gemüter hoch. Die Frage ist nicht mehr nur, was auf den Teller kommt, sondern auch, welche Auswirkungen die Mahlzeit auf Umwelt, Klima und Tierwohl hat. Doch warum ist das Thema gerade in Deutschland so präsent?Die Entwicklung von veganer Ernährung in Deutschland
Über fleischlose Ernährung zu streiten, hat bei uns in Deutschland Tradition. Schon 2013 war der Veggie-Tag ein Wahlkampf-Thema, mit dem die Grünen den hohen Fleischkonsum in Deutschland adressieren und senken wollten. Eine große Boulevardzeitung titelte: “Die Grünen wollen uns das Fleisch verbieten!” und ein großer Mythos rund um Veganismus wurde geboren.Gut 10 Jahre später führen wir zwar immer noch ähnliche Debatten – es hat sich allerdings auch einiges getan. Seit Jahren verzehren wir in Deutschland immer weniger Fleisch pro Kopf. Gleichzeitig boomen vegetarische Alternativen und für die Hafermilch-Bestellung im Latte Macchiato wird man nicht mehr schräg von der Seite angeschaut.
Mehr als jede zehnte Person in Deutschland hat Fleisch und Fisch mittlerweile komplett von der Speisekarte gestrichen. Drei Prozent der Deutschen lebt sogar vegan – verzichtet also zudem auf tierische Produkte wie Milch und Eier.

3 Prozent der Deutschen ernähren sich vegan und 9 Prozent vegetarisch. Weitere 41 Prozent bezeichnen sich als flexitarisch, essen also nur gelegentlich Fleisch. | Eigene Darstellung nach forsa
Tierhaltung & Treibhausgase: Warum vegane Ernährung gut für das Klima ist
Bei uns in Deutschland ist die Tierhaltung für mehr als zwei Drittel des Treibhausgas-Ausstoßes in der Landwirtschaft verantwortlich. Der globale Trend ist ähnlich: Mehr als die Hälfte der weltweiten Treibhausgase, die bei der Lebensmittelproduktion entstehen, gehen auf tierische Produkte zurück. Pflanzliche Lebensmittel tragen lediglich 29 Prozent dazu bei. Gleichzeitig stammen nur 37 Prozent des Eiweißes und 18 Prozent der Kalorien, die wir zu uns nehmen, aus tierischen Produkten.Der größte Hebel, um beim Thema Ernährung der Klimakrise entgegenzuwirken, ist deswegen der Verzicht auf tierische Produkte. Aus dieser Notwendigkeit heraus hat sich der „Trend” Veganismus entwickelt, der dem aktuellen Problem entgegenwirken soll. Und so lässt sich auch die Entwicklung von immer mehr vegan lebenden Menschen in Deutschland erklären.
Eine Alternative zum Veganismus: die Planetary Health Diet
Wie können wir uns ernähren, ohne dass dabei massenhaft unnötige Emissionen und Ressourcen draufgehen? Dieser Frage ist auch ein internationales Team von Expert*innen aus Bereichen wie Gesundheit und Nachhaltigkeit nachgegangen: die EAT-Lancet-Kommission. Mit der Planetary Health Diet hat sie einen Speiseplan entwickelt, durch den im Jahr 2050 zehn Milliarden Menschen gesund ernährt werden könnten, ohne der Umwelt nachhaltig Schaden zuzufügen. Demnach sollte der Verzehr von Hülsenfrüchten, Nüssen sowie Obst und Gemüse verdoppelt werden, der Verzehr von Zucker und Fleisch dagegen halbiert.Die Essensrichtlinien dieser Planetary Health Diet zeigen: Niemand muss hierzulande auf Geschmack oder Genuss verzichten. Trotzdem müssen wir das Thema Ernährung grundlegend neu denken. Umgerechnet sechs Schnitzel pro Woche, die in Deutschland durchschnittlich gegessen werden, sind aus Klima- und Ressourcensicht zu viel - auch wenn keiner das geliebte Schnitzel per se verbieten will.
Fazit:
Der „Trend Veganismus“ in Deutschland kann ein wichtiger Impuls für eine nachhaltigere Ernährung sein, auch wenn er allein nicht ausreicht, um die Klimakrise zu bewältigen. Es braucht sowohl individuelle Veränderungen als auch strukturelle Anpassungen, um die negativen Auswirkungen der Tierhaltung auf Umwelt und Klima zu minimieren. Die wachsende Zahl an vegan lebenden Menschen in Deutschland zeigt dabei auf, dass immer mehr bereit dazu sind, Ernährungsgewohnheiten neu zu denken.Dezember 2024