Kein anderer Ort in Deutschland ist so eng mit dem Bauhaus verbunden wie Dessau. Vor über 100 Jahren zog der Architekt Walter Gropius mit seiner visionären Kunstschule hierher. Dieser Einfluss ist bis heute spürbar.
Die Architektur der Bauhaus-Designer*innen von Anfang des 20. Jahrhundert gilt in bis in unsere Tage als wegweisend für modernes Wohnen. 1919 gründete der Architekt Walter Gropius die einflussreiche Kunstschule in Weimar. Sie verband erstmals Kunst und Handwerk und ist unter anderem für ihre ebenso funktionalen wie ästhetischen Wohn- und Produktdesigns bekannt. Sechs Jahre später zog das Bauhaus aus politischen und finanziellen Gründen nach Dessau um, dort entwickelte es sich zur Ikone des „Neuen Bauens“. Doch die Residenz war nur von kurzer Dauer: Die Schule musste 1932 auf Druck der Nationalsozialisten nach Berlin weichen und wurde ein Jahr später endgültig geschlossen.
Das Vermächtnis der Ausbildungsstätte aber lebt in Dessau weiter: Heute sind in der Stadt noch über 300 Bauwerke im Bauhaus-Stil zu sehen. Eines der bekanntesten ist das Bauhaus-Gebäude selbst. Es wurde von Walter Gropius entworfen und beherbergte die Kunstschule von 1925 bis 1932. Besonders die monumentale Glasfassade des Werkstattflügels verleiht dem Bau bis heute seine revolutionäre Ausstrahlung. Ebenfalls einen Besuch wert sind die Meisterhäuser, in denen die Bauhaus-Direktoren Gropius, Hannes Meyer und Mies van der Rohe lebten und arbeiteten. In der Siedlung Törten lässt sich nachvollziehen, was den Bauhaus-Gedanken ausmachte: kostengünstiges, funktionales Bauen von lichtdurchfluteten Wohnungen. Heute sind einige dieser Gebäude Teil des UNESCO-Weltkulturerbes.
Wer Dessau besucht, kann alle Bauhaus-Bauten auf den ausgeschilderten Radrouten oder mit der städtischen Buslinie 10 anfahren. Die Bauhaus Stiftung Dessau organisiert Führungen zu den einzelnen Gebäuden. Ein Highlight ist das Bauhaus Museum, das die weltweit zweitgrößte Bauhaus-Sammlung beherbergt. Im Mittelpunkt stehen Schülerarbeiten, Unterrichtsmaterialien und Zeugnisse des kreativen Alltags der Schule. Wer das Bauhaus besonders intensiv erleben möchte, kann sogar im Atelierhaus des Bauhaus-Gebäudes übernachten, in dem einst die Bauhaus-Student*innen unterkamen – ohne Zweifel ein Garant für außergewöhnliche Urlaubsgefühle.
Das Bauhaus ist auch heute noch Treffpunkt: Teilnehmer*innen des Festivals „Schule Fundamental“ vor dem Bauhausgebäude 2019. | Foto (Detail): © Thomas Meyer/OSTKREUZ/Stiftung Bauhaus Dessau
Eines der drei Meisterhäuser: Das Innere des Haus Kandinsky-Klee von Walter Gropius wurde von den Künstlern Wassily Kandinsky und Paul Klee gestaltetet und bis 1933 von deren Familien bewohnt. | Foto (Detail): © Thomas Meyer/OSTKREUZ/Stiftung Bauhaus Dessau
Über 300 Bauwerke im Bauhaus-Stil stehen bis heute in Dessau. Darunter auch die Gaststätte Kornhaus, entworfen vom Architekten Carl Fieger. | Foto (Detail): © Thomas Meyer/OSTKREUZ/Stiftung Bauhaus Dessau
Zeugnisse des kreativen Alltags der Kunstschule: Ausstellung „Versuchsstätte Bauhaus. Die Sammlung“ im Bauhaus Museum Dessau. | Foto (Detail): © Thomas Meyer/OSTKREUZ/Stiftung Bauhaus Dessau
Umwege
Was bedeutet Görliwood, warum findet man in Bayern ein Stück Karibik und wo könnt Ihr vor Schaufelradbaggern tanzen? In unserer Serie nehmen wir Euch jeden Monat mit an einen Ort in Deutschland, den Ihr vielleicht noch nicht kennt, aber unbedingt kennenlernen solltet. Wir zeigen Euch Orte, die von der üblichen Touristenroute abweichen. Seid Ihr bereit für einen kleinen Umweg?
November 2025