Bratwurst mit Kartoffeln Erasmus in Dresden
Neue Perspektiven, eine Menge Erlebnisse, Freundschaften und Erfahrungen – das alles nahm Martina nach ihrem fünfmonatigen Studienaufenthalt in Deutschland mit nach Hause. Ihre anfängliche Skepsis hatte sie schnell abgelegt. Das knappe halbe Jahr ging im Nu vorüber, und am Ende tat es Martina leid, dass sie den Aufenthalt nicht noch verlängern konnte.
Martina hat das vergangene Sommersemester an der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Dresden verbracht. Warum hat sie sich eigentlich entschieden, nach Deutschland zu gehen? „Über Erasmus wusste ich schon vorher Bescheid, aber die entscheidende Anregung kam von meiner Deutsch-Lehrerin an der Uni, die mich einmal gefragt hatte, ob ich nicht mal einen Auslandsaufenthalt absolvieren möchte. Damit hat sie mich neugierig gemacht, und ich begann, darüber nachzudenken“, sagt Martina. Dann kamen die Formalitäten; sie besuchte ein Informationstreffen, stellte ihren Antrag und bereitete sich auf ihr halbes Jahr in Dresden vor.
Als Martina nach Dresden kam, freundete sie sich dort gleich mit einer Slowakin an, die sogar die gleiche tschechische Universität besuchte. „Auch wenn die Deutschen gegenüber den ausländischen Studenten sehr zuvorkommend sind, hatte ich mehr Kontakte zu anderen Erasmus-Leuten als zu den Einheimischen, wir hatten ja alle ähnliche Probleme“, erzählt Martina und fügt gleich hinzu, dass es an der HTW (Hochschule für Technik und Wirtschaft) eine spezielle Studieninitiative namens Faranto gebe, die sich um ausländische Studenten kümmert. Die Farantos, wie die Mitglieder der Initiative genannt werden, helfen den Erasmus-Studenten bei den Formalitäten, die ein Auslandsaufenthalt mit sich bringt und organisieren gleichzeitig gemeinsame Aktionen wie zum Beispiel Ausflüge. Neue Leute kennen zu lernen ist laut Martina mit Erasmus kein Problem. „Ich habe mich beispielsweise mit Anikó aus Ungarn angefreundet und habe sie im Februar in Budapest besucht.“
Ein eigenes Zimmer
Martina wohnte im Studentenwohnheim und war mit der Unterkunft sehr zufrieden. Deutsche Studenten und Erasmus-Leute waren im gleichen Wohnheim untergebracht. „Bei uns in Tschechien wohnen bis zu drei Personen in einem Zimmer, in Deutschland hat jeder sein eigenes Zimmer. In meinem Dresdener Wohnheim sah es aus wie in einer normalen Wohnung. Es gab dort eine Küche und vom Gang führten Türen in vier Zimmer. Außer mir wohnten dort eine Portugiesin, ein Deutscher und noch ein Argentinier“, berichtet Martina.
Begeistert war sie vor allem davon wie die deutschen Hochschulen ihre Studenten auf den zukünftigen Beruf vorbereiten und mit verschiedenen Unternehmen zusammenarbeiten. „Das ist hundertprozentig besser als bei uns. Die Studenten haben sogar die Pflicht, ein Semester in einer Firma zu verbringen und dort quasi normal zur Arbeit zu gehen. In Tschechien ist diese Zusammenarbeit minimal“, fügt Martina hinzu.
Für einen Nachteil gegenüber der tschechischen Uni hält Martina, dass es in Dresden nur einen festgelegten Prüfungstermin gab. Wer da durchfällt, muss bis zur nächsten Prüfung ein halbes Jahr warten. Es gibt also nicht wie in Tschechien die Möglichkeit, die Prüfung zeitnah zu wiederholen. Darüber war sie überrascht, dass der Prüfungszeitraum in Dresden im Juli ist, an anderen Unis sogar erst im August. Das Studium war für Martina schwerer als in Tschechien. „Alles fand auf Deutsch statt, und Begünstigungen gab es für ausländische Studenten keine“, erinnert sich Martina.
Multikulti und Mülltrennung
Deutschland hat Tschechin als ein sehr multikulturelles Land wahrgenommen. Sie sah dort viele Ausländer, zum Beispiel Araber und Asiaten. Und vor allem sind die Deutschen viel gründlicher bei der Mülltrennung. „Container gibt es da wahrscheinlich für alles“, sagt Martina mit einem Schmunzeln. In Dresden fühlte sie sich sehr sicher, auch wenn sie manchmal nachts sehr spät von Partys nach Hause kam. Die Deutschen und ihre Kultur gleichen stark dem, was sie aus Tschechien kennt. „Einen Franzosen erkennst du beispielsweise sofort, Deutsche und Tschechen kann man auf den ersten Blick nicht unterscheiden“, fasst sie ihre Erfahrungen zusammen. Allerdings gebe es in Sachsen andere Essgewohnheiten. Zum Mittag isst man dort beispielsweise Bratwurst mit Kartoffeln – undenkbar für Martina.
Insgesamt war sie mit ihrem Aufenthalt sehr zufrieden. „Ich bereue das auf gar keinen Fall, meinen Horizont hat das ungemein erweitert. Ich war eigentlich richtig traurig, als es zu Ende ging. Ich wollte um ein Semester verlängern, aber das hat leider nicht geklappt.“ Einen Erasmus-Aufenthalt kann man nur einmal pro Studium absolvieren. Martina denkt deshalb darüber nach, mit der Organisation AIESEC, die Praktika im Ausland vermittelt, einen weiteren Auslandsaufenthalt zu absolvieren.