Atomexplosion
Foto (Ausschnitt): Charles Levy, United States Army, public domain.
Im Jahre 1962 tauchte im Zusammenhang mit der Kubakrise das Gerücht auf, dass man einen Atomangriff nur in einem Fass voller Salz überleben könne. Angeblich war damals in Prag Salz sofort ausverkauft.
Das ist ein Beispiel für ein Gerücht, das auf eine aktuelle politische Situation reagiert – und Musterbeispiel dafür, dass in Zeiten gesellschaftlicher Krisen und Spannungen nicht nur relativ realistische Gerüchte schnell Verbreitung finden, sondern auch vollkommen unsinnige Informationen. Ein ähnlicher Fall wurde im April 2003 in der Ostslowakei gemeldet: In Reaktion auf Medienberichte über eine potentielle atomare Bedrohung des Landes im Zusammenhang mit dem Krieg im Irak hat ein Gerücht Verbreitung gefunden, wonach sich Dorfbewohner am besten gegen radioaktiven Niederschlag schützen, wenn sie die Dächer ihrer Häuser mit Senf bestreichen. In einer Ortschaft war demnach Senf sofort ausverkauft (die Vollfett-Variante soll dabei den besseren Schutz gewährleistet haben). Ähnliche Hamsterkäufe soll es in Banská Bystrica in den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts gegeben haben. Weitere damalige „zuverlässige“ Schutzmaßnahmen gegen radioaktive Strahlung und Niederschlag, einschließlich der heute legendären, über die Gliedmaßen gestülpten Plastik- oder Papiertüten mit dazugehörigem Auf-den-Boden-legen, wobei die Fersen Richtung Explosionszentrum gerichtet sein sollten, kennt wohl jeder Teilnehmer der obligatorischen Wehrübungen sowie alle Grundwehrdienstleistenden.
Diese moderne Sage ist dem Buch „Černá sanitka - druhá žeň“ von Petr Janeček entnommen. (Nakladatelství PLOT, ISBN 978-80-86523-82-8). Die Veröffentlichung an dieser Stelle erfolgt mit freundlicher Genehmigung des Autors. |
(* 1978) ist Leiter der ethnographischen Abteilung des Tschechischen Nationalmuseums. Er ist der Herausgeber der Bücher „Černá sanitka“ (Der schwarze Krankenwagen), die Sammlungen moderner in Tschechien kursierender Sagen sind.
Übersetzung: Ivan Dramlitsch
Copyright: Goethe-Institut Prag
Dezember 2012