Talk ohne Grenzen - das neue Gesprächsformat
PASCH-Aktivitäten

Die PASCH-Schulen der Goethe-Region Südwesteuropa sind mit einem vielversprechenden Pilotprojekt ins Schuljahr 2022-2023 gestartet: Talk ohne Grenzen. Das neue Gesprächsformat fördert das Ausdrucksvermögen und den Meinungsaustausch in deutscher Sprache. Vom 8.-10. September 2022 fand dazu am Goethe-Institut Lissabon eine Schulung statt.

SPRECHHEMMUNGEN ÜBERWINDEN UND DEN DIALOG FÖRDERN

In welcher Klasse gibt es sie nicht, die Angst vor dem Sprechen in der Fremdsprache. Das zeitintensive schulische Grammatikprogramm und der fehlende Kontakt zur Zielkultur sind meist verantwortlich dafür, dass Jugendliche die mündliche Kommunikation in der fremden Sprache meiden oder gar fürchten. Es gilt also gegenzusteuern und stimulierende Sprechanlässe zu schaffen. Einen neuen Akzent setzt das in der Goethe-Region Südwesteuropa entwickelte Gesprächsformat Talk ohne Grenzen.

In einer zweitägigen Schulung wurden vierzehn Lehrkräfte aus sieben Ländern (Italien, Frankreich, Spanien, Portugal, Belgien, Malta, Luxemburg) auf das neue Projekt vorbereitet. Zentrales Anliegen des innovativen Formats ist es, die Gesprächsfähigkeit und das Ausdrucksvermögen von deutschlernenden Jugendlichen zu fördern. Dies geschieht in Form einer Talkshow, bei der sich bis zu sieben Schüler*innen über Themen unterhalten, die für sie von Bedeutung sind. Wichtig dabei: ein vorgegebener Rahmen, die vorab festgelegte Rollenverteilung und… der Mut zu sprechen.
Teilnehmer*innen während einer Aktivität Die Seminarteilnehmer*innen üben sich in erfundenen Rollen in der Talkrunde „Wie Instagram mein Leben verändert hat“. V.l.n.r.: Luca, als Jugendlicher Instagramfan und heute Instagramgegner; Gesundheitsminister Lauterbach als Experte; die Moderatorin; Frau Parigaut, Instagramvorsitzende; Mia Kirchenhofer, die ihr ganzes Leben auf Instagram dokumentiert | © Goethe-Institut | Foto: Gerhard Salbeck | ©Goethe-Institut Italien | Foto: Klaus Dorwath

DEBATTE, PROMITALK, KULTURVERGLEICH

Entscheidend für eine gelungene Talkrunde sind die vorherigen Absprachen: „Wollen wir eine kontroverse Debatte führen?" Soll es ein unterhaltsamer Prominententalk werden?" Oder möchten wir über ein interkulturelles Thema diskutieren?“ Je nach Festlegung des Formats wird dann auch die Frage ausfallen, ob man während der 15- bis 20-minütigen Show man selbst sein möchte oder lieber in eine Rolle schlüpft.

Die zentrale Figur ist die des/-r Moderators/-in. Sie eröffnet die Gesprächsrunde, moderiert die Beiträge der Studiogäste und schließt die Diskussion ab. Je nach Themenwahl und Format können weitere Rollen und Charaktere vergeben werden: der/die Experte/-in, die Fürsprecherin, der Widersacher, der besorgte Vater, die rebellische Schülerin, der erfolgreiche Influencer usw. Derartige Figuren schärfen das Profil der Talkgäste und eröffnen großen Raum für Kreativität, aber selbstverständlich können die Schüler*innen auch ihre persönlichen Sichtweisen diskutieren.

KOMPETENZEN STÄRKEN

Neben der sprachlichen und kommunikativen Kompetenz werden auch Medien-, Sach- und Sozialkompetenz trainiert: Für ihre Talkrunde können die Schüler*innen eine Erkennungsmelodie komponieren, Einspieler und Erklävideos produzieren, Interviews erstellen oder Statistiken und Umfragen präsentieren. Um der schleichenden Kultur von vagen Behauptungen und Fakenews entgegenzuwirken, sind die Schüler*innen angehalten, auch Faktenwissen in die Diskussion einzubringen. Dafür prädestiniert ist die Figur des Experten. Damit am Ende auch alles gut zusammenpasst, ist der soziale Aspekt von Bedeutung: Eventuelle Rollen und Charaktere müssen vereinbart, Wortbeiträge aufeinander abgestimmt und der Ablauf immer wieder neu verhandelt werden. All das erfordert Teamgeist, der am Ende belohnt. Jeder Jugendliche findet so seinen Platz und das Projekt seine runde Form.

Da eine Talkshow nicht zuletzt vom Auftreten ihrer Gäste lebt, ist Bühnenpräsenz für das Projekt von besonderer Relevanz. Mittels praktischer Übungen aus dem Theaterrepertoire vermittelte die Schulung den Lehrkräften eine greifbare Vorstellung davon, wie wichtig Sprechstimme, nonverbale Kommunikation und Körperbewusstsein sind. Seminarleiterin Judith Gorgass nutzte dazu theaterpädagogische Techniken, die die Lehrkräfte immer wieder in die Perspektive ihrer Schüler*innen versetzten und konkretes Handeln erforderten. So gelang es in nur zwei Workshoptagen, respektable Talkshows zu drei verschiedenen Themen auf die Beine zu stellen – ein Erfolg, der alle darin beflügelte, sich mit ihren Klassen sogleich an die Arbeit zu machen.

JUGENDBEGEGNUNG DER LANDESSIEGER

Talk ohne Grenzen findet als Wettbewerb alle zwei Jahre statt, alternierend zum südwesteuropäischen PASCH-Theaterwettbewerb. Interessierte Schülergruppen reichen ihre Talkshow als Video bei ihrem zuständigen Goethe-Institut ein. Im Rahmen von nationalen Auswahlverfahren wählt eine Jury in jedem der sieben Teilnehmerländer die jeweils beste Talkshow aus. Die Landessieger treffen sich im April 2023 in Hamburg zu einer internationalen Jugendbegegnung, bei der die vertretenen Nationen ihre Ergebnisse präsentieren und in gemischten Ländergruppen neue Talkrunden erarbeiten.  
     
Die Schülergruppen, die nicht zur internationalen Jugendbegegnung reisen werden, dürfen sich dennoch auf die Anerkennung ihrer Arbeit freuen: Sie werden ihre Diskussionsrunden im Rahmen schulinterner Veranstaltungen vorstellen und auf diese Weise den wohlverdienten Applaus erhalten. Es bleibt also für alle spannend.