Künstlergespräch theater anders denken mit Mohammad Al-Attar und Susanne Kennedy

Susanne Kennedy_Die Selbstmord-Schwestern/The Virgin Suicides © Judith Buss 2017

Mo, 15.10.2018

19:00 Uhr

Goethe-Institut Tokyo, Saal

In der Reihe „theater anders denken“ stellen wir außergewöhnliche Ansätze zeitgenössischer Theaterarbeit vor. Diesmal begrüßen wir zwei Gäste, die sehr unterschiedliche Handschriften der aktuellen deutschen Theaterlandschaft repräsentieren.

Der Dramatiker Mohammad Al-Attar, der derzeit im Berliner Exil lebt, gilt als einer der wichtigsten Chronisten des vom Krieg zerrissenen Syrien. In seinen Stücken, die sich oft auf der Grenze zwischen Fiktion und Dokumentation bewegen, thematisiert er in einer Vielzahl von fein ausgearbeiteten erzählerischen Strängen die Widersprüche und die Unerträglichkeit des Krieges in Syrien.

Die Regisseurin Susanne Kennedy arbeitet an der Volksbühne Berlin und den Münchner Kammerspielen. In ihren Inszenierungen, oft Neuinterpretationen des Dramenrepertoires des 20. und 21. Jahrhunderts, reagiert sie auf das neuartige Kräfteverhältnis zwischen Körpern, technischen Objekten und Maschinen mit einer Ästhetik jenseits des Menschen. Verfremdet durch Masken, Play-Back-Dialoge, Doppelgänger und Multimedia konfrontieren die Darstellerinnen und Darsteller das Publikum mit einer posthumanistischen Subjektivität.
 
Die Moderation der Veranstaltung übernimmt die Theaterjournalistin Kyoko Iwaki.
   
Portrait_Al-Attar © Mohammad Al-Attar Mohammad Al-Attar
Al Attar wurde in Damaskus geboren und studierte an der Universität zunächst englische Literatur, bevor er am Higher Institute of Dramatic Arts in Damaskus einen Abschluss in Theaterwissenschaft erwarb. An der Goldsmith’s University in London machte er außerdem einen Master im Fach Angewandte Theaterwissenschaft. Heutzutage gilt er als wichtiger Chronist des vom Krieg zerrissenen Syriens. Seine Stücke "Withdrawal", "Online", "Look at the street…this is what hope looks like", "Could You Please Look into the Camera?" , und "While I was waiting", wurden bei zahlreichen internationalen Festivals und Theatern aufgeführt. Die meisten seiner Stücke erarbeitet Al-Attar in Kollaboration mit dem syrischen Regisseur Omar Abusaada. Die Aufführungen bewegen sich auf der Grenze zwischen Fiktion und Dokumentation und machen die Unerträglichkeit des Krieges erfahrbar. Von 2013 bis 2017 erarbeiteten Abusaada und Al Attar eine Trilogie, die Frauenfiguren auf der Flucht gewidmet ist. Nach Klassikeradaptionen der „Troerinnen“ in Jordanien" (2013) und „Antigone of Shatila“ (2014) im Libanon, kam „Iphigenie“ im September 2017 an der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz zur Premiere.
 
Portrait Susanne Kennedy © Rafael Steinhauser Susanne Kennedy
Geboren 1977 in Friedrichshafen, studierte Susanne Kennedy Regie an der Hogeschool voor de Kunsten in Amsterdam. Es entsteht eine Reihe von Inszenierungen an niederländischen Bühnen nach Stücken von Enda Walsh, Sarah Kane und Elfriede Jelinek sowie die experimentelle Soap Opera "The Hideous (Wo)men" (2013). 2011 lädt Johan Simons sie ein, mit dem Ensemble der Münchner Kammerspiele zu arbeiten. Es folgen Inszenierungen des Filmstoffes "They Shoot Horses, Don’t they?" (2011) und von Marieluise Fleißers Erstlingsstück "Fegefeuer in Ingolstadt" (2013). Fleißers kleinstädtischen Alltag lässt die Regisseurin in einer Bühnenbox spielen, in der die Schauspieler hinter Masken wie in einer Installation zu Skulpturen erstarren. Das Schablonenhafte und Deformierte der Sprache wird körperlich sichtbar. Ein Verfahren, an das Susanne Kennedy in "Warum läuft Herr R. Amok?" (2014) nach dem Film von Rainer Werner Maria Fassbinder und Michael Fengler anschließt. Für ihre Inszenierung "Fegefeuer in Ingolstadt" wird Susanne Kennedy von der Fachzeitschrift Theater heute zur Nachwuchsregisseurin des Jahres gewählt und mit dem 3sat-Preis ausgezeichnet. Die Inszenierungen "Fegefeuer in Ingolstadt" und "Warum läuft Herr R. Amok?" werden 2014 und 2015 zum Theatertreffen nach Berlin eingeladen. Die Regisseurin arbeitet an der Volksbühne Berlin und den Münchner Kammerspielen.

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