Gift Uzera – Kunst als Entdeckung: Bewegegung, Erinnerung und Identität

Bewegegung, Erinnerung und Identität, vermengt in interdisziplinärer Kunst. Das ist Gift Uzera. Der namibische Performance-Künstler wurde mit Rollen im namibischen Spielfilm „Katutura“ (2015) oder der Theater-Produktion „Hereroland“ (2020 & 2023) einem breiteren Publikum bekannt. Zuletzt konnte er mit einer einzigartigen Mischung aus zeitgenössischem und traditionellem Tanz auch auf internationaler Bühne begeistern. In unserer ersten Folge der Serie „Feature Friday“ stellen wir euch den Künstler genauer vor.

 
Gift Uzera wuchs nahe Grootfontein auf, wo er auch die Schule besuchte. Und wo im Rahmen einer Theateraufführung sein Interesse für Kunst geweckt wurde. „Während die anderen Kinder Sport gemacht haben, habe ich mich mit Kunst beschäftigt”, erklärt er lachend. Nach der Schule zog es Gift nach Windhoek, wo er an der Universität von Namibia (UNAM) Psychologie und Darstellende Kunst studierte. Zeitgleich mit den ersten professionellen Auftritten als Schauspieler und Tänzer entwickelte sich dabei auch ein ausgeprägtes Verständnis für die Defizite im Wissen um die eigene Kultur.

Die Leidenschaft für die eigene Kultur wurde dabei auch von Jarimbovandu Kaputu geweckt, der 2019 verstorbene bekannte Radiojournalist, Historiker, Poet und leidenschaftlicher Aktivist der Ovaherero-Kultur. Im NBC Sound Archive in Windhoek stieß Gift auf die Lobgedichte Kaputus, die ihn maßgeblich prägten. In seinen neueren Werken begann er daher, die Kultur mehr mit seinem künstlerischem Schaffen zu verbinden. Besonders beim Tanzen; Gift mischt dabei zeitgenössische Tanzstile mit traditionellen Tänzen, mit denen er auch aufwuchs. Als kulturelle Bewahrungsmaßnahme will er seine Kunst jedoch nicht verstanden wissen, eher als Zelebrierung der eigenen Kultur. Einen Einblick in die Tanz-Performances von Gift Uzera seht ihr hier:
 

Gift Uzera präsentiert sich auf internationaler Bühne


Jüngst konnte Gift sein Schaffen auch auf internationaler Bühne zur Schau tragen. Als Stipendiat beim Internationalen Forum in Berlin hatte er zwei Wochen lang die Möglichkeit, sich mit Künstlern aus aller Welt beim Theatertreffen auszutauschen. Zudem stellte er sein Können mit einer vielbeachteten Tanz-Performance beim “Forum’s Forum” unter Beweis.
Gift Uzera beim Forum's Forum in Berlin

Gift Uzera stellt sein Können beim Forum's Forum in Berlin zur Schau | © Gift Uzera

Anschließend erforschte er im Rahmen einer Mini-Residenz an der Akademie für Theater und Digitalität in Dortmund für einige Tage die Kombination aus Tanz und dem Motion-Capture-Verfahren. Hierbei entstand eine „Animorphic” genannte Darstellung der in der Herero-Kultur so wichtigen Kuh – mit einem Rinderkopf und dem tanzenden Körper Gifts.

Danach verbrachte er zwei Wochen am Europäischen Zentrum der Künste in Dresden, Hellerau. Dort zelebrierte er im Rahmen des Projektes „Rhythm Reborn”, traditionelle Tranzpraktiken, die durch die koloniale Erziehung verdrängt wurden. Für das ursprünglich durch seine Teilnahme am vom Goethe-Institut Namibia mitproduzierten Otjomuise Life Arts Festival (OLAF) inspirierte Projekt nutzt Gift Aufnahmen von Lobpreis-Poesie und Otjiherero-Lieder als Plattform. Dazu präsentiert er seine eigene Mischung aus traditionellen, Herero-inspirierten Bewegungen und zeitgenössischem Tanz.
Die Auseinandersetzung mit dem kolonialen Erbe sieht Gift dabei einerseits als professionelle, aber auch als persönliche Weiterentwicklung.

Die ersten im Rahmen seiner Nachforschungen aufkommenden Begegnungen mit dem Völkermord an Herero und Nama durch deutsche Kolonialtruppen zu Beginn des 20. Jahrhunderts bezeichnet er als traumatisierend: „Es berührt einen nicht wirklich, bis man beginnt, tiefergehend zu reflektieren”, sagt Gift.

Ein interdisziplinäres Multitalent


Doch Postkolonialismus ist bei weitem nicht der einzige künstlerische Einfluss für Gift. In seinem Schaffen setzt er sich auch mit Themen wie Queerness und gesellschaftlichen Normen auseinander. So geht seine künstlerische Praxis über die Kultur hinaus und wird auch aus persönlichen Erfahrungen und seinem interdisziplinärem Interesse an Tanz, Klang und Technologie beeinflusst. Zudem hofft Gift, im Bereich Tanz auch ganz neue strukturelle Impulse setzen zu können. „Tänzer sind in der namibischen Kunstszene immer nur Nebendarsteller”, beklagt er. Vor allem den zeitgenössischen Tanz hofft er aus seinem Nischen-Darsein holen zu können – mit einem Auftritt nach dem anderen. Egal ob in Deutschland oder in Namibia, beispielsweise durch eine einzigartige Kooperation mit der japanischen Jazz-Pianistin Yukako Yamano im Rahmen des Konzertes „Resonant Bodies – In Motion, In Sound” am Goethe-Institut Windhoek.
Gift Uzera Man of War

Gift Uzera performing for the Goethe-Institut Namibia's project „MAN OF WAR: LEAVE MY HOUSE" (2023) | © Gift Uzera, Nicola Brandt und Muningandu Hoveka

Auf Kooperation möchte Gift in Zukunft verstärkt setzen. Er sieht die Kunstszene in Namibia als noch zu aufgeteilt in einzelne Disziplinen an und wünscht sich mehr Interaktionen zwischen den verschiedenen Kunstformen. Als interdisziplinärer Künstler geht er mit seinen jüngsten Erfolgen im In- und Ausland dabei als gutes Beispiel voran.