Theerawat K. (geb. 1989, Bangkok) ist Medienkünstler und Dozent. Seine Arbeiten erforschen die Schnittstelle zwischen digitalen und physischen Realitäten. Durch immersive Installationen und zeitbasierte Medien untersucht er, wie neue Technologien Wahrnehmung, Erinnerung und räumliches Erleben neu definieren. International tätig, unterrichtet er zudem digitale Medien und räumliches Design und begleitet die nächste Generation von Künstler*innen.
Produktionsjahr: 2025 Herkunftsland: Thailand Medium: Video
Konzept / Idee:
Im Zentrum der Arbeit steht ein simuliertes System zur Erinnerungsverarbeitung, das sich in einem Zustand fortwährenden Konflikts befindet. Innerhalb dieses Systems existieren zwei Hauptinstanzen:
Der Ursprungsknoten („Home“): Er steht für die überlieferte Identität, die angestammte Heimat oder die Vergangenheit. Dieser Knoten folgt einer unveränderlichen, starren Logik – einem Set kultureller, sozialer und persönlicher Prägungen.
Die diasporische Abzweigung („The Self“): Sie verkörpert die weiterentwickelte Identität, die sich durch Erfahrungen in Isolation vom Ursprung angepasst, verändert und neue Protokolle ausgebildet hat.
Inspiration / Kontext:
Die Inspiration für dieses Projekt entspringt einer persönlichen und tiefgreifenden Erfahrung: dem Leben im Ausland – jenem Prozess, in dem ein fremdes Land allmählich zur zweiten Heimat wird. Es geht um das spezifische, paradoxe Gefühl, auf diese Zeit nicht mit bloßer Ortsnostalgie zurückzublicken, sondern mit einer tiefen Sehnsucht nach jener Version des eigenen Selbst, die damals in diesem Raum und Moment existierte. Dieses Lebenskapitel, so prägend es war, ist abgeschlossen. Die Person, die ich damals war – ihre Beweggründe, ihr Tagesrhythmus, ihre durch das Umfeld geformte Perspektive – erscheint heute wie eine ferne Erinnerung, ein archiviertes Selbst. Diese Arbeit ist der Versuch, jene zeitliche Distanz zu überbrücken.
Künstlerische Position:
Diese generative Videoarbeit untersucht die Erfahrung von Diaspora anhand der Simulation eines Algorithmus zur Erinnerungsverarbeitung. Im Zentrum des Systems steht ein grundlegender Konflikt: die Protokollinkompatibilität zwischen einer überlieferten Identität („Home“) und ihrer weiterentwickelten diasporischen Abzweigung („The Self“). Das „Spuken“ manifestiert sich als rekursiver Loop, in dem das System unablässig seine beschädigte Vergangenheit abfragt. Die ästhetische Hauptgeste ist der Systemabsturz – ausgelöst durch den Versuch, sich mit dem Ursprungsknoten zu versöhnen. Dieser Zustand des Scheiterns formuliert die zentrale These der Arbeit: Das diasporische Selbst existiert als kohärente Entität nur in Isolation und wird zu einem bloßen Schemen – einer Kaskade aus verpixeltem Rauschen – sobald sein Code gegen die unverrückbare Logik seines Ursprungs validiert wird. Die Arbeit endet mit einem letzten Akt digitaler Forensik: Sie legt eine Identität frei, die durch ihren eigenen Ursprung ausgelöscht wurde – ein Archiv, das seinen rückkehrenden Datenstrom als beschädigte und nicht wiederherstellbare Anomalie kennzeichnet.