Gesellschaft MALE / FEMALE / NONE OF THE ABOVE

Von Ștefan Romulus Lazăr

LGBT © Pixabay
Mann oder Frau. Schwarz oder weiß. Alles dazwischen scheint eine Grauzone zu sein, die übersehen wird. Notwendigkeit oder Laune des 21. Jahrhunderts? Wir leben mit der Annahme, dass Sexualität ein Kriterium ist, nach dem jemand beurteilt werden sollte. Wir beschränken Menschen auf ein binäres Geschlechtssystem. Wir geben jedem Geschlecht spezifische Rollen in der Gesellschaft. Dadurch schränken wir Menschen ein, die sich diesem System nicht anpassen wollen.

Beginnt diese Ordnung, zu zerbrechen?

In Bezug auf die Geschlechtsidentität ist diese Frage in den letzten Jahren relevanter geworden. Die Geschlechtsidentität hängt nicht mit dem biologischen Geschlecht zusammen. Fast vier Prozent der Menschen weltweit sind mit ihrem biologischen Geschlecht nicht zufrieden. Das zeigt eine Studie in der Fachzeitschrift The Psychotherapy Patient von 2008. Fühlt sich jemand in der Geschlechtsidentität eingeschränkt, erhöht das die Gefahr von Depressionen, Krankheit und Suizid. Das ist auch eine Gefahr für unsere Gesellschaft.

Die meisten Menschen denken Geschlecht binär: man kann entweder männlich oder weiblich sein – so einfach ist das. Und natürlich zieht man das andere Geschlecht immer an. Es gibt jedoch Menschen, die sich nicht an dieses System halten, die sich einer Grauzone dazwischen zugehörig fühlen. Die LGBTQ + Community umfasst alles: von Lesben über Bisexuelle bis hin zu unbenannten Geschlechtern oder Sexualitäten. Sie sensibilisiert diese Grauzone.

Ein Blick in die englische Sprache macht zusätzlich deutlich:  "Sex" und "Gender" haben unterschiedliche Bedeutungen. Während "Sex" sich streng auf die binären Bezeichnungen bezieht, impliziert "Gender" viele Geschlechtsidentitäten außerhalb der ursprünglichen Kriterien.

Social-Media-Plattformen greifen das vermehrt auf. Tinder und Facebook beispielsweise haben Dutzende neuer Gender-Optionen hinzugefügt, mit denen sich die Nutzer kennzeichnen können: Neben „männlich“ und „weiblich“ gibt es nun auch „Cis“ und „Androgyn“.

Doch welche Kategorien taugen für unseren Alltag?

Die einzige objektive Maßnahme, um die Menschheit in zwei Teile zu teilen, ist unsere potenzielle Rolle bei der Reproduktion. Aber das bringt die Menschen in eine sehr verletzliche Position. Obwohl wir unser biologisches Geschlecht nicht ändern können, leben Trans-Menschen seit vielen Jahren glücklich in einer dem anderen Geschlecht ähnlichen Weise.

Idealerweise könnte jede Person mit dem  Geschlecht existieren, das sie sein möchte – ohne sich ständig erklären oder verteidigen zu müssen. In einer solchen Welt könnten wir sogar auf die Benennung der Geschlechter verzichten. Aber jetzt sind wir noch nicht an diesem Zeitpunkt. Und vielleicht sollte die Welt auch nicht um die Bedürfnisse der LGBTQ + Community herum geformt werden – aber sie sollte mehr Anerkennung dafür zeigen.

Ein Beispiel dafür ist der Gender Recognition Act in Großbritannien. Durch ihn ist es erlaubt, das legale Geschlecht zu ändern. Für die LGBTQ + Community bedeutete dies einen wichtigen Schritt, die Privatsphäre zu schützen und viele Rechte zu erwerben. Vor allem das Recht, als Mitglied dieses Geschlechtes zu heiraten. Das löst bis heute Kontroversen aus. Doch Trans-Leute haben davon profitiert – und dadurch auch die Gesellschaft. Denn Menschen, die sich mit sich selbst wohler fühlen, werden wahrscheinlich mehr zur Gesellschaft beitragen.

Doch warum sich überhaupt an diesen Definitionen aufhängen, könnte man fragen?

Da wir noch ganz am Anfang stehen, sind Bezeichnungen und Definitionen wichtig. Dadurch kann man erklären, dass nicht alle Menschen als Mann oder Frau ihr Geschlecht erfahren, sondern stattdessen eine Mischung aus beidem (Bigender) oder etwas völlig anderem (Genderqueer) sein können. Dadurch ändert sich vielleicht die weltweite Denkweise: Anstelle der "schwarz oder weiß"-Kriterien konzentrieren wir uns mehr auf die Grauzonen.

Soll das aber heißen, dass ich mich ab heute als Triceratops bezeichnen und dies als Geschlecht durchsetzen kann?

Die Antwort darauf ist einfach: Nein. Denn sowohl Transgender sein als auch die Frage der Sexualität haben eine wissenschaftliche Grundlage. Beim Geschlecht ist die sogenannte „Geschlechtsdysphorie“ die Ursache für die Verwirrung in der eigenen Identität. Geschlechtsdysphorie ist die Belastung, die eine Person aufgrund des Geschlechts erfährt, dass sie bei der Geburt erhalten hat. In diesem Fall stimmen das zugewiesene Geschlecht und die Geschlechtsidentität der Person nicht überein.

Medizinische Forscher sagen aus, dass ein Wechsel des legalen Geschlechts notwendig ist, um das psychische Wohlbefinden zu fördern: Studien aus dem Jahr 1993 bis zu den jüngsten aus dem Jahr 2018 unterstützen dies. Die geschlechtliche Identität wirft ein ernstes Thema auf, nicht nur ein Drama der ersten Welt der 2000er. Daher müssen wir das Bewusstsein schärfen, anstatt zu fragen, warum sich "normale" Menschen anpassen sollten.

Gleichzeitig gilt es, mögliche Nebenwirkungen zu vermeiden: Wenn Menschen mit männlichen Genitalien sich für weiblich erklären können, dann repräsentieren weibliche Genitalien Frauen eindeutig nicht mehr. Nicht konforme Personen könnten sich diskriminiert fühlen, wenn sie falsch gekennzeichnet werden. In den sozialen Medien kommt dies häufig vor.
Diejenigen, die das Geschlecht einer Person lieber instinktiv benennen möchten, sollten aber nicht als unhöflich oder unempfindlich betrachtet werden. Die Akzeptanz der Geschlechter sollte bedeuten, gleiche Chancen für Trans-Menschen zu gewähren – und nicht die ständige Angst davor, jemandem das falsche Geschlecht zuzuweisen. Eine gegenseitige Rücksichtnahme also.

Am Ende des Tages leben jedoch auch Trans-Menschen in einer Welt, in der wir denjenigen unterworfen sind, die am lautesten schreien oder zahlenmäßig überlegen sind. Nach wie vor ist in den Gesellschaften die entscheidende Kategorie das biologische Geschlecht zwischen unseren Beinen. Trans-Menschen oder die LGBTQ+ Community sollten deshalb in Betracht ziehen, sich noch an dieses gegenwärtige System anzupassen. Unsere Verantwortung liegt dann mindestens darin, das Bewusstsein für ihre Bedeutung zu schärfen.