Shrinkflation in der Küche  Wie Rezepte die Jahre überstehen

Verschiedene Kuchen auf Tellern
Wie Rezepte die Jahre überstehen Foto: Aphra Adkins

Wie sehr haben sich unsere Rezepte seit den Zeiten von Tomatenaspik und eingeschweißtem Kuchen verändert? In dieser Fotoserie stellt die Food-Fotografin Aphra Adkins eine Handvoll nostalgischer Rezepte nach, um zu sehen, wie sie die Jahre überstanden haben.

Während meiner Kindheit ärgerte sich meine Mutter, wenn sie im Supermarkt Jell-O kaufte und dann feststellte, dass die Packungsgröße geschrumpft war, seit sie das letzte Mal eine gekauft hatte. Die Preise für Zutaten schienen gleich zu bleiben – oder, Gott bewahre, sie stiegen –, während der Inhalt der Verpackungen immer kleiner wurde. Nicht nur zahlte sie zu viel für die Nahrungsmittel, sondern auch ihre geschätzte Rezeptsammlung war in Gefahr – würde ein Waldorfsalat in Aspik mit einem Bruchteil der Gelatine fest werden?

In Sorge vor dem Ende des einfachen Kochens habe ich eine Sammlung solcher altmodischer Kreationen für ein radikales Experiment zusammengestellt: Bestehen diese Rezepte nach so langer Zeit den Geschmackstest? Dies sind die Ergebnisse.

  • Waldorfsalat in Aspik Foto: Aphra Adkins
    Waldorfsalat in Aspik
    Bewertung: 1/10
    Ob Sie es glauben oder nicht, Salate in Aspik waren einst ein fester Bestandteil der amerikanischen Ernährung. In den amerikanischen Kochbüchern der 1950er und 60er Jahre sind diese Rezepte allgegenwärtig. Die Idee war, hausgemachte Mahlzeiten für eine ganze Woche haltbar zu machen. Genug von welken Salaten? Versuchen Sie, Ihr Gemüse in Jell-O eizulegen! In diesem Rezept von Aphras Großmutter werden rote Äpfel, Walnüsse und Sellerie mit Zitronen-Gelee kombiniert. Wie sich herausstellt, hat sich die Menge an Gelatine in einer Packung seit den 1950er Jahren nicht so sehr verändert, dass dieses Rezept nicht mehr gelingen würde. Allerdings war der Waldorfsalat in Aspik geschmacklich alles andere als ein Erfolg. Auch wenn er optisch recht ansprechend ist, ist die bizarre Kombination von Texturen für den modernen Gaumen eher gewöhnungsbedürftig.
  • Geformter Gartensalat Foto: Aphra Adkins
    Geformter Gartensalat
    Bewertung: 2/10
    Dieser geformte Gartensalat aus Betty Crocker’s Picture Cook Book ist ein weiteres Paradebeispiel für den legendären Aspik-Salat. Er verkörpert so zu sagen die 1950er und 60er Jahre im kompakten Format: grüne Zwiebeln, Gurken, Radieschen, Sellerie und Blumenkohl in Wackelpudding mit Zitronengeschmack. Als Aphras Familie das Gericht im Laufe einer Woche nach und nach verzehrte, welkte das Gemüse nicht und blieb bis zum Schluss knackig – was gleichermaßen praktisch wie alarmierend ist. Auch hier hinderte die kleinere Packungsgröße die Gelatine nicht daran, fest zu werden. Dennoch wird das Gericht in bei Aphras Familie vermutlich nicht wieder auf den Tisch kommen.
  • Schneepudding Foto: Aphra Adkins
    Schneepudding
    Bewertung: 3/10
    Das Essential New York Times Cookbook beschreibt diesen Pudding poetisch als „Baiser, das auf Puddingseen segelt“. Zum Glück für dieses Rezept besteht Baiser hauptsächlich aus Luft, so dass die Gelatinehülle jedes Törtchen ausreichend vor dem Pudding-„See“ schützte. Leider war die Konsistenz erneut ein Problem für die Geschmackstester. Aphras Hauptkritik: „Es gibt absolut nichts zu kauen.“
  • Himbeertraum-Torte Foto: Aphra Adkins
    Himbeertraum-Torte
    Bewertung: 5/10
    Für diesen zuckersüßen Traum braucht man eine Packung weißer Kuchenmischung und eine Packung Vanillepudding. Damals war eine Packung Vanillepudding 3,75 Unzen schwer. Heutzutage ist die Verpackung auf 3,4 Unzen geschrumpft, aber das hat den Kuchen nicht allzu sehr beeinträchtigt. Allerdings ist auch bei diesem Rezept das Ergebnis für den heutigen Geschmack erstaunlich farblos, befand Aphra. Da halfen nicht einmal die frischen Früchte und der rosa Zuckerguss, der Kuchen selbst war zu dicht und fad für einen Traum.
  • Grüner Nachtisch Foto: Aphra Adkins
    Grüner Nachtisch
    Bewertung: 6/10
    Der „Grüne Nachtisch“ ist ein geschichteter Dessertauflauf mit einem nussig-knusprigen Boden, auf dem Schichten von weißen Flöckchen und mintgrünem Pistazienpudding liegen. Das Rezept war zwar essbar – sogar lecker –, aber die geringe Menge an Pudding brachte das Verhältnis der Schichten durcheinander. Es war einfach nicht genug magisches Grün vorhanden, um die neutralen weißen und braunen Schichten auszubalancieren. Der gewünschte Effekt wurde durch die kleinere Packungsgröße verringert. Ein weiteres Manko laut Aphra: Die künstliche grüne Färbung wirkt aus heutiger Sicht eher bedenklich als appetitlich.
  • Bananenpudding Foto: Aphra Adkins
    Bananenpudding
    Bewertung: 7/10
    Bananenpudding – die verkörperte Nostalgie. Dieses Dessert ist aus gutem Grund nach wie vor ein Muss bei sommerlichen Picknicks und Potlucks. Es bestehend aus Pudding, in Scheiben geschnittenen Bananen, Vanillewaffeln und Schlagsahne. Einmal zusammengebracht, verlieren die einzelnen Bestandteile schnell ihre Konsistenz, das Ganze ähnelt dann von der Struktur her eher einer Schüssel Matsch. Die Vanillewaffeln, die eigentlich knusprig sind, saugen sich mit der Feuchtigkeit der anderen Zutaten voll. Aber genau das ist das gewünschte Ergebnis. Aphras Urteil: Trotz der Veränderungen in den Mengen der Zutaten ist das Rezept definitiv wiedererkennbar. Es war auch lecker, solange die Textur nicht zu weich ist.
  • Dump Cake Foto: Aphra Adkins
    Dump Cake
    Bewertung:7/10
    Jeder „Dump Cake“ ist der Inbegriff des Zeitsparens für die vielbeschäftigte Hausfrau – einfach die Zutaten in eine Form geben und backen (dump bedeutet in etwa „reinwerfen“). Das Rezept erfordert minimales Abmessen und kein aufwändiges Rühren. Das Ergebnis ist eher ein Cobbler (das Wort kommt von to cobble, englisch für „etwas zusammenschustern“) als ein echter Kuchen. Man braucht eine Packung gelbe Kuchenmischung, eine Dose zerdrückte Ananas und eine Dose Kirschkuchenfüllung. Das Ergebnis: eine leuchtend rote, klebrige Mischung. Dass sich die Packungsgrößen für die Kuchenmischung, die Dosenananas und die Fertig-Kirschfüllung im Laufe der Jahre verringert haben, ist für dieses Rezept kein Problem, die Mengen sind flexibel. Aphras Meinung: Wie beim „Grünen Nachtisch“ waren ihr die Konsistenz und das Aussehen der kirschroten Masse etwas unangenehm, aber sie musste zugeben, dass das Ergebnis gut schmeckt.
  • Feigen in Whiskey Foto: Aphra Adkins
    Feigen in Whiskey
    Bewertung: 8/10
    Feigen in Whiskey sind heutzutage auf dem US-amerikanischen Esstisch nicht unbedingt üblich. In den 1950er Jahren war das Thema Konservierung für die Hausfrauen wichtig, da das Essen möglichst lange haltbar sein sollte. Es gab einen höheren gesellschaftlichen Druck, Speisen selbst zu kochen, Fertiggerichte standen weniger auf dem Speiseplan. In diesem Rezept wird Whiskey als Konservierungsmittel genutzt, im Vergleich hat dies wahrscheinlich weniger Nachteile als der heutige Maissirup oder andere künstliche Konservierungsmittel. Auch bei diesem Rezept wirkten sich die geschrumpften Packungsgrößen nicht nachteilig aus.
  • Mohnkuchen Foto: Aphra Adkins
    Mohnkuchen
    Bewertung: 9/10
    Zweiter Platz in Aphras Bewertung der in die Jahre gekommenen Rezepte ist dieser Mohnkuchen, ein klassischer, saftiger Rührkuchen. Der Mohn verleiht dem Grundteig einen nussigen Geschmack und eine charakteristische Textur. Die Verringerung der Mengen an Kuchenmischung und Puddingmischung im Laufe der Jahrzehnte gleicht sich gegenseitig aus, so dass dieses Rezept auch heute noch bestens funktioniert.
  • Deutscher Kaffeekuchen Foto: Aphra Adkins
    Deutscher Kaffeekuchen
    Bewertung: 10/10
    Und der Gewinner ist... der deutsche Kaffeekuchen! Dieser Kuchen, den man am besten mit einer Tasse Kaffee genießt, besteht aus einer Fertig-Kuchenmischung und Pudding. Das Rezept stammt von Freunden der Familie, die vor jedem Urlaub einen solchen Kuchen buken und ihn dem Hotelpersonal schenkten, wo auch immer sie waren. Laut Aphra war das Rezept auch bei ihrer Familie sehr beliebt, denn es hielt sich gut und blieb tagelang saftig.

Savannah Beck zur Shrinkflation in der Küche

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