Weihnachten aus Sicht einer Spende  Ein Weihnachtsbaum voller Kinderwünsche

Lila Hintergrund, Illustration verschiedener Spendenarten (Geld, Klamotten, Blutspende)
Illustration verschiedener Spendenarten (Geld, Klamotten, Blutspende) Illustration: Tobias Schrank © Goethe-Institut e. V.

Die Wünsche von Kindern erfüllen, deren Familien kaum Geld für Geschenke haben: Das ist der Sinn des Spendenbaums der Gemeinde Haar. Zur Weihnachtszeit, der Zeit des Gebens, macht er neben den Beschenkten auch die Schenkenden glücklich. Sina Bahr war mit dabei.

Als im Rathaus Haar, einer Gemeinde im Landkreis München, eine Tanne aufgestellt und festlich geschmückt wird, ist es gerade mal Mitte November. Zu früh für einen Weihnachtsbaum? Hier nicht. Denn neben Kugeln und Lichterketten hängen an diesem Baum rote, eingerollte Zettel, auf denen Geschenkwünsche von Kindern stehen. Diese Wünsche werden von Bürger*innen der Gemeinde Haar vom Baum gepflückt und anschließend erfüllt.
Weihnachtsbaum mit Kugeln und roten Wunschzetteln

Was wohl auf diesem Zettel steht? Nur wer einen Wunsch erfüllen will, darf ihn pflücken und öffnen. | Foto © Sina Bahr

„Sinn ist es, Kindern zu Weihnachten eine Freude zu machen, deren Familien nicht so viel Geld zur Verfügung haben“, erklärt Claudia Bitzer, Leitung des Amts für öffentliche Sicherheit und Ordnung, die das Projekt mitverantwortet. Seit 2018 ist der Spendenbaum der Gemeinde Haar Tradition. Meist sind schon nach wenigen Tagen alle Wunschzettel vergriffen.

Der Spendenbaum in Haar: Gutes tun zur Weihnachtszeit

Darum ist Anke Sitter in diesem Jahr besonders früh dran. Schon am ersten Tag der Aktion betritt sie das Rathausfoyer und hat Glück: Der Baum ist noch voller Papierröllchen. Die Nachbarschaftshilfe für Senior*innen organisiere eine ähnliche Aktion, erzählt sie. Daran nehme sie jedes Jahr Teil. „Ich möchte beides machen, weil ich finde, sowohl Senioren als auch Kinder haben ein schönes Geschenk zu Weihnachten verdient.“
Eine blonde Frau pflückt einen Wunschzettel von einem Weihnachtsbaum

Ihre Freude ist groß: Zum ersten Mal schafft es Anke Sitter rechtzeitig ins Rathaus, bevor alle Wunschzettel weg sind. | Foto © Sina Bahr

Nicht nur in Haar wollen die Menschen zur Weihnachtszeit etwas Gutes tun. Deutschlandweit ist laut dem Marktforschungsinstitut GfK die Zahl der gespendeten Geldbeträge in keinem Monat so hoch wie im Dezember. Geldspenden sind nicht ohne Grund beliebt: Eine Überweisung ist schnell und einfach getan und der Betrag kann von den Empfänger*innen flexibel eingesetzt werden. Doch auch Sachspenden haben ihre Vorzüge, da hier ein konkreter Bedarf erfüllt wird – im Fall des Spendenbaums: ein Kinderwunsch. So fühlen sich auch die Spender*innen stärker eingebunden. „Das einfach ein schönes Gefühl“, sagt Sitter.

Wie die Kinderwünsche zur Gemeinde gelangen, erklärt Claudia Bitzer. Das Sozialamt schreibt Haarer Familien an, die Sozialleistungen beziehen und somit berechtigt sind, an der Aktion teilzunehmen. Ihre Kinder dürfen einen Wunschzettel ausfüllen und im Rathaus abgeben. „Es wurden 180 Familien angeschrieben, das sind ungefähr 360 berechtigte Kinder“, sagt Bitzer. Fast 200 Zettel kamen zurück.

Kinderwünsche aller Art

Einen dieser Zettel darf Anke Sitter nun öffnen – und erfährt neben dem Geschenkwunsch auch Alter und Geschlecht. „Wie schön, ein Mädchen!“, freut sie sich. Da sie selbst vier Söhne hat, hat sie insgeheim gehofft, dieses Jahr ein Mädchen beschenken zu dürfen. Der Wunsch der Elfjährigen: drei Bücher der Manga-Serie „Demon Slayer“.
Roter Wunschzettel wird in einer Hand gehalten. Darauf stehen drei Büchernamen geschrieben. Im Hintergrund ist Herbstlaub zu sehen.

Die Kinder schreiben nicht nur ihre Weihnachtswünsche auf den Zettel, auch Alter und Ge-schlecht werden angegeben. | Foto © Sina Bahr

Der wohl häufigste Wunsch, verrät eine Rathaus-Mitarbeiterin, sei Spielzeug. „Bei den größeren Kindern steht auch oft Schminke drauf, bei den ganz kleinen Babys sowas wie Windeln.“ Um sicherzugehen, dass die Wünsche den Vorgaben entsprechen, werden sie kontrolliert. Bis zu 30 Euro dürfe das Geschenk kosten, sagt Bitzer. Nicht erlaubt seien Gutscheine und unangemessene Wünsche, wie gewalttätige Videospiele.

Die Manga-Bücher von Anke Sitters Zettel sind kein Problem. Einen Buchwunsch findet Sitter sogar besonders schön. Das Geschenk kann sie nämlich direkt im Haarer Buchladen besorgen. Lokale Geschäfte, sagt sie, gelte es zu unterstützen. Seit 2006 lebt sie in der Gemeinde und sei „Haarerin durch und durch“. Beim Betreten des kleinen Buchladens grüßt sie die Mitarbeitenden mit einem breiten Lächeln. Und noch glücklicher ist sie, als sie kurz darauf die drei Bücher in den Händen hält. Wie sie die verpacken wird, weiß sie schon genau. „Ich werde hübsches, rosa Weihnachtspapier kaufen und ein paar Zuckerstangen und einen Tannenzweig dranmachen.“
Frau trägt Buch. Im Hintergrund sieht man, dass sie in einem Buchladen ist.

Anke Sitter freut sich, dass sie ihren Geschenkkauf direkt in der lokalen Buchhandlung erledigen kann. | Foto © Sina Bahr

„Ich möchte gerne Freude schenken“

Wie das Mädchen auf ihr Geschenk reagiert, wird Sitter nicht miterleben. Denn zur Bescherung sind nur die Familien ins Rathausfoyer eingeladen. „Ein Nachmittag im Dezember, es ist dunkel, die Lichter am Christbaum brennen, es läuft Musik und dann liegen da über hundert Geschenke, schön verpackt – das hat schon was“, sagt Bitzer. Sie erzählt von „strahlenden Kinderaugen“ und dass manche Kinder sogar Süßigkeiten oder gebastelte Karten zum Dank mitbrächten. Viele Familien würden anschließend noch eine Weile im Rathaus bleiben, sich unterhalten und den Nachmittag ausklingen lassen.

Dass Anke Sitter nicht dabei sein kann, stört sie nicht. Sie hat nur ein Anliegen: „Ich möchte gerne Freude schenken.“ Sie könne sich vorstellen, wie groß die Enttäuschung ist, wenn Kinder zu Weihnachten nicht das bekommen, was sie sich wünschen, während sie bei Freund*innen und im Fernsehen ständig große Stapel an Geschenken sehen. Einen Teil dazu beizutragen, dass auch diesen Kindern ihre Herzenswünsche erfüllt werden, so Sitter, „ist für mich das Schönste, was man machen kann.“
Eine blonde Frau hält drei Bücher in der Hand. Sie lächelt. Im Hintergrund ist eine Buchhandlung zu sehen.

Und was wünscht sich Anke Sitter zu Weihnachten? Nichts, sagt sie, außer einer schönen Zeit mit ihrer Familie. | Foto © Sina Bahr

 

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