Electro-Pop Band Creeps  Verborgen vor Masken

Zwei Personen mit Masken. Foto: © THE DORF | Sabrina Weniger

Sie machen mehr als nur Musik. Sie inszenieren als maskierte Alter Egos ein Theater, in dem Ton, Raum, und Geschichten ein Gesamtkunstwerk bilden: die Electro-Pop Band Creeps über Fetisch und Mythos.

Zwei Jahre nach ihrer Gründung gewannen Creeps 2016 den Düsseldorfer Nachwuchspreis City Beats. Die Musiker studieren an der Kunstakademie in Düsseldorf und spielen, sprechen und wirken durch ihre Alter Egos Kate Barlow (Gesang), Israel Black (Instrumentale Begleitung und Rap), Joshua Grey (Schlagzeug) und Kasimir Gold (Schlagzeug). Nach einem Konzert in den FFT Kammerspielen in ihrer Heimatstadt standen Creeps Rede und Antwort.

Haben eure Alter Egos eine bestimmte Bedeutung?

Israel Black: Ja, haben sie. Das müsste als Antwort für mich reichen.

Kate Barlow: Ich erzähle die Geschichte immer sehr gerne, obwohl die anderen es nicht so toll finden. Mein Name kommt aus einem Roman, den ich in der Schule gelesen habe: Kissin’ Kate Barlow. Die Protagonistin rächt sich an den Mördern ihres afroamerikanischen Freundes und hinterlässt ihren Opfern einen Kuss. Das fand ich sehr ästhetisch.

Literatur und Ästhetik: Existiert eine Verbindung zu eurer Musik?

Israel Black: Ja, sicher. Wir versuchen unsere Texte poetisch zu gestalten und stecken manchmal mehr Zeit in sie als in die Musik. Aber nicht im Sinne einer Geschichte, sondern die Wörter und ihr Klang sollen ästhetisch genauso benutzt werden wie der Klang eines Samples oder einer Gesangsspur.

Sexuelle Gewalt und Fetisch spielen für euch anscheinend ebenfalls eine große Rolle – zum Beispiel im Song „Dog“. Das war jedenfalls mein Eindruck.

Israel Black: Schön, dass es geklappt hat. Bei uns geht es immer um Extreme. Das geht es auch in meinem Privatleben. Nicht im sexuellen Bereich, sondern generell. Als mein Alter Ego kann ich das ausleben. Genauso ist es auch mit dem Text von Dog gewesen. Es ging darum zu schocken und etwas Schönes in der Wortwahl des Fetischs zu finden. Niemals, oder nur sehr selten, sprechen die Texte persönliche Erfahrungen oder Wünsche an, sondern sind für unsere Alter Egos gemacht.

Joshua Grey: Deine Assoziation trifft zu und war auch beabsichtigt. Aber wir wollen nicht zu explizite Wörter verwenden, die nur diese Art der Interpretation zulassen. Da soll immer ein gewisser Spielraum bleiben.

Also unterm Strich: Ihr gebt die Kunst dem Publikum und das Publikum gibt dieser Kunst den Inhalt.

Israel Black: Wir sind ganz glücklich, dass wir intermedial arbeiten können, sodass wir mehr oder minder Einfluss nehmen können, wie die Sachen aufgenommen und interpretiert werden. Wenn in Dog eine sexuelle Textstelle auftaucht, kann ich im Video eine Frau zeigen, die über eine Scheibe leckt.

Ihr versucht also die mediale Wahrnehmung zu steuern?

Israel Black & Joshua Grey: Absolut.

Israel Black: Wir könnten aber auch absichtlich in die Irre führen. Das ist Dog. Das ist Sex. Das ist vielleicht auch etwas komplett anderes. Wir möchten einen Mythos erschaffen.

Eure Selbstinszenierung auf der Bühne unterstreicht das. Die Masken runden dieses nebulöse Schauspiel ab.

Israel Black: Wir möchten eine Show liefern. Es geht gar nicht mehr nur um die Musikalität an sich. Deswegen passen die Masken da auch rein.

Wie in ein Theaterstück.

Israel Black: Genau. Wir erlauben auch keine Pausen zwischen den Songs. Alle sagen, macht doch mal eine Pause. Wir wollen klatschen. Kate will atmen. „Gib mir eine Pause“ – und ich sag nein. Wir sind halt keine Band, die sagt: „Hallo wir sind Creeps aus Düsseldorf. Schön euch zu sehen. Der nächste Song heißt…“ Wenn man ein Gesamtkunstwerk machen will, dann muss man es stringent durchziehen, sonst funktioniert es nicht. Wir werden gefragt: „Ihr seid noch nicht so bekannt, warum setzt ihr die Masken nicht ab?“ Aber nein! Ein Schlag der Snare ist genauso wichtig wie der Gesang, ein Foto oder eben das Bühnenbild. Wenn man da einen Fehler macht, bricht das Gesamtkunstwerk in sich zusammen.

Joshua Grey: Zumindest ist unser Anspruch, dass alle Elemente sichtbar, hörbar, meinetwegen fühlbar sind. Und alle diese erlebbaren Elemente sollen einen Sinn haben, oder zumindest einen Sinn erfüllen.

Aber auch gleichzeitig im Verborgenen existieren.

Israel Black: Es soll den Zuhörer und Zuschauer nicht interessieren, wie das Kunstwerk entstanden ist oder welche persönlichen Hintergründe es hat. Es geht um das Produkt und wir wollen mit unserer Geschichte hinter den Masken nicht ablenken. Andererseits wollen wir Interesse wecken und den Zuschauer neugierig machen, wer hinter der Maske steht.

Joshua Grey: Sobald du dich maskierst, kommt ja automatische die Frage auf, wer sich dahinter verbirgt und warum die das machen. Wenn wir auf- oder abbauen, sehen wir auch so aus. Es ist schon ein komisches Gefühl, wenn man draußen auf der Straße die Maske aufhat. Es ist dann auch einfach ein Teil...

Kate Barlow: …des Seins.

Joshua Grey: Genau. Wir möchten die Inszenierung bis zum letzten Moment aufrecht erhalten. Das ist teilweise gar nicht so einfach. Aber im Endeffekt lohnt es sich. Wenn man auf der Bühne steht und stolz sein kann auf das, was gerade passiert, und man dahinter steht, was man tut. Das ist einfach eine tolle Erfahrung.

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