Schlafen zum leben - Bild © Kinga Cichewicz/ Unsplash

Schlafen zum Leben

Schlaf ist für die Funktionsfähigkeit des Gehirns und das Überleben des gesamten Organismus notwendig. Das Schlafen hat viele Funktionen: Im Körper finden Wachstums- und Regenerationsprozesse, Entgiftung und Wundheilung statt – der Stoffwechsel läuft auf Hochtouren. Auch Teile des Gehirns sind jetzt hochaktiv. Sie verarbeiten alles, was das Gehirn am Tag aufgenommen hat. Wichtige Informationen werden vom Kurzeitgedächtnis ins Langzeitgedächtnis verschoben.

Jedes Lebewesen hat innerhalb von 24 Stunden einen wiederkehrenden Schlaf-Wach-Zyklus. Der Zeitablauf und die Kontrolle hängen von der biologischen „inneren Uhr" ab. Schlaf besteht aus zwei deutlich zu unterscheidenden Zuständen: dem REM-Schlaf (REM = „rapid eye movement“) und dem Non-REM-Schlaf. Wissenschaftler*innen nehmen an, dass die optimale Schlafdauer von Mensch zu Mensch unterschiedlich ist – bei Erwachsenen liegt sie bei durchschnittlich sieben bis acht Stunden. Das Schlafbedürfnis eines erwachsenen Menschen ändert sich während des gesamten Lebens nicht.

Schlafphasen
Während eines gesunden Schlafes wechseln sich meist vier bis fünf Schlafzyklen ab. Der REM-Schlaf ist durch schnelle Augenbewegungen gekennzeichnet und oft traumreich. Er ist ein Zustand unterhalb des Wachzustands, aber deutlich über dem Tiefschlaf. Blutdruck und Puls sind relativ hoch, die Skelettmuskulatur ist jedoch völlig entspannt. Der Non-REM-Schlaf unterteilt sich in mehrere Stadien, die sich in Bezug auf den Ausschlag und die Geschwindigkeit der Gehirnwellen unterscheiden. Das Stadium N 3 des Non-REM-Schlafes wird „Tiefschlaf“ genannt. Vor allem in dieser Phase werden Wachstumshormone aus der Hirnanhangsdrüse, der sogenannten Hypophyse, ausschüttet.

Schlafphasen © kocmoc Schlummern zwischen Himmel und Erde
Alle Lebewesen müssen schlafen. Allerdings ist das Schlafbedürfnis sehr unterschiedlich: Manche Tiere schlafen 20 Stunden am Tag, anderen reichen zwei Stunden. Wie aber ist das mit Vögeln, die fast ihr ganzes Leben in der Luft verbringen? Oder Zugvögeln, die Tausende von Kilometern ohne Zwischenlandung zurücklegen? Auch sie schlafen – und zwar im Flug, wie Max-Planck-Wissenschaftler*innen bei Fregattvögeln nachweisen. Dazu tragen die Vögel kleine Messgeräte, die die Hirnaktivität aufnehmen. Allerdings schlafen die Tiere in der Luft nur etwas mehr als 40 Minuten pro Tag und meist nur einige Sekunden am Stück. Normalerweise schläft dabei nur eine Gehirnhälfte, die andere ist wach. Manchmal schlafen bei den fliegenden Fregattvögeln aber auch beide Hirnhälften gleichzeitig. Die Forscher*innen messen sogar kurze REM-Phasen. REM-Schlaf gibt es nur bei Säugetieren und Vögeln. Während bei Säugetieren dabei die Muskeln komplett zur Ruhe kommen, können Vögel auch dann noch segeln. Regattavögel © Max-Planck-Institut für Verhaltensbiologie, Konstanz / Bryson Voirin
Die Uhr, die den Tag regiert
In vielen Ländern der Erde gibt es Sommer- und Winterzeit – zweimal im Jahr werden die Uhren um eine Stunde verstellt. Vielen Menschen fällt die Umstellung schwer. Das liegt an der „inneren Uhr“, die in (fast) jeder Zelle unseres Körpers aktiv ist und durch ein Netzwerk von Genen und Proteinen gesteuert wird. Sie sorgt dafür, dass wichtige physiologische Prozesse im Körper wie Schlaf und Wachsein, Blutdruck und Körpertemperatur einerseits stabil dem Tagesablauf folgen, andererseits aber auch an neue Umweltbedingungen angepasst werden. Der wichtigste Impuls ist dabei das Tageslicht. Spezielle Lichtsinneszellen im Auge senden Informationen direkt an den Hypothalamus. Aber auch die von der Hirnanhangsdrüse und den Nebennieren produzierten Hormone wie Cortisol und Adrenalin spielen eine wichtige Rolle. Die „innere Uhr“ ist ein komplexes System, in dem viele Aspekte noch erforscht werden, zum Beispiel am Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie in Göttingen. 

Lernen im Schlaf
Unser Gehirn muss viele Reize verarbeiten. Es sorgt für Ordnung, indem es neue Informationen im Langzeitgedächtnis speichert, ähnliche Erfahrungen zusammenfasst und in Form von Gruppen verallgemeinert. Dafür ist eines entscheidend: genug Schlaf. Bereits das Gehirn von sechs bis acht Monate alten Babys ordnet im Schlaf Wörtern eine Bedeutung zu. Das belegen Studien am Max-Planck-Instituts für Kognitions- und Neurowissenschaften: Forscher*innen zeigen Babys Dinge, die sie noch nicht kennen. Wenn sich diese Dinge nur leicht in Form oder Farbe unterscheiden, wie zum Beispiel eine grüne und eine rote Tasse, werden sie einer Gruppe zusammengefasst – und in diesem Fall beide „Tasse“ genannt. In der Lernphase können Babys die neuen Dinge noch nicht einer Gruppe zuordnen und mit dem richtigen Namen verbinden. Das ändert sich nach dem Schlafen. Nun kann das Gehirn die verschiedenen Tassen dem allgemeinen Namen „Tasse“ zuordnen. Die Babys haben also während des Schlafes neues Wissen verallgemeinert. Das gilt auch für Erwachsene. Für das Sichern von Sachwissen sind vor allem die Tiefschlafphasen wichtig, für die Verarbeitung von Handlungsabläufen und Emotionen die Traumschlafphasen.
  Lernen im Schlaf © polkadot / Adobe Stock

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