Menschen mit Migrationshintergrund

In Deutschland leben rund 16 Millionen Ausländer und Menschen mit ausländischen Wurzeln, einige schon in der zweiten oder dritten Generation. Um eine gute Arbeitsstelle zu finden, sind für sie gute Deutschkenntnisse wichtig.

15,9 Millionen Einwohner Deutschlands hatten nach Angaben des Statistischen Bundesamtes im Jahr 2013 einen Migrationshintergrund, das entspricht 19,7 Prozent der Bevölkerung. Unter „Menschen mit Migrationshintergrund“ versteht das Statistische Bundesamt Personen, die nach 1949 aus einem anderen Land nach Deutschland eingewandert sind, sowie deren Nachkommen. Manche sind mittlerweile deutsche Staatsbürger. Die wichtigsten Herkunftsländer sind die Türkei, Polen, Russland und Italien.

Der indische Ingenieur

Von den rund 42 Millionen Personen am deutschen Arbeitsmarkt haben etwa acht Millionen einen Migrationshintergrund. Einer von ihnen ist der Inder Krishna Canchi. Er arbeitet als Qualitätsingenieur bei Bosch im schwäbischen Reutlingen, wo die Firma Sensoren für Smartphones herstellt. Canchi ist 2003 zum Studium nach Deutschland gekommen und nach seinem Master-Abschluss geblieben. Eine Stelle habe er sofort gefunden, erzählt er. Der 34jährige hat sein komplettes Arbeitsleben in Deutschland verbracht. „Wie es in Indien ist, bekomme ich nur über Verwandte und Freunde mit“, sagt er. Die Arbeitskultur in Deutschland gefalle ihm. „Unter gleichrangigen Kollegen ist man direkt und spricht Probleme offen an.“ Canchi schätzt den „sozialen Aspekt“, also dass neben der Arbeit auch Zeit für die Familie bleibt und er zum Beispiel im letzten Jahr Elternzeit nehmen konnte. Zwei Monate hatte er dadurch frei, als er Vater wurde. „Außerdem gibt es in Deutschland so viel technisches Know-How“, sagt er. „Es ist toll, als Ingenieur hier zu sein.“ Nach Indien zurückkehren wird er höchstwahrscheinlich nicht. Mittlerweile hat er die lebenslange Niederlassungserlaubnis, das bedeutet, dass er unbefristet in Deutschland leben und arbeiten kann.

Vor allem Arbeiter und Arbeiterinnen

Dass Erwerbstätige mit Migrationshintergrund einen guten Job wie Krishna Canchi haben, ist allerdings nicht die Regel. Die meisten sind als Arbeiterinnen oder Arbeiter beschäftigt – fast doppelt so häufig wie Erwerbstätige ohne Migrationshintergrund (32,7% gegenüber 18,0%). Das stellte der Integrationsreport „Migranten am Arbeitsmarkt in Deutschland“ des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge 2011 fest. Migranten arbeiten seltener in einem festen Angestelltenverhältnis und fast gar nicht als Beamte. Außerdem sind sie häufiger als Menschen ohne Migrationshintergrund in Mini-Jobs oder als Leiharbeiter beschäftigt.

Unterschiede nach Herkunftsland

Einwanderer arbeiten vor allem im produzierenden Gewerbe, im Handel und Gastgewerbe und verdienen nur rund 70 Prozent des Durchschnittslohns der deutschen Arbeitnehmer. Löhne und Branchen unterscheiden sich allerdings je nach Herkunftsland: Einwanderer aus Industriestaaten wie Großbritannien, Frankreich oder den USA verdienen oft mehr als den deutschen Durchschnittslohn, da sie als Hochqualifizierte in Deutschland arbeiten.

Gute Deutschkenntnisse helfen

Benjamin Elsner vom Forschungsinstitut zur Zukunft der Arbeit (IZA) in Bonn sieht in schlechten oder fehlenden Sprachkenntnissen einen anderen möglichen Grund für die hohe Arbeitslosigkeit unter Migranten: „Arbeitgeber neigen tendenziell dazu, eher Deutsche einzustellen“, sagt er. „Vor allem in Branchen, wo es viel Kontakt zu Kunden gibt.“ Elsner beschäftigt sich mit Zuwanderern, die in den letzten Jahren überwiegend aus Bulgarien und Rumänien nach Deutschland kamen. „Von ihnen haben viele einen Hochschulabschluss“, sagt er. „Sie arbeiten aber einige Stufen unter ihrer Qualifikation, da sie nicht gut Deutsch sprechen oder ihre Abschlüsse nicht anerkannt sind.“ Auch die neuen Zuwanderer seien vorwiegend im „produzierenden Gewerbe“ beschäftigt, so Elsner, im Dienstleistungssektor dagegen weniger.
Dass gute Deutschkenntnisse besonders wichtig sind, um eine gute Arbeitsstelle zu finden und gut zu verdienen, hat eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung Berlin (DIW) 2014 herausgefunden. Basierend auf der Befragung von 5000 Migranten, stellten die Wissenschaftler fest, dass der monatliche Nettolohn von Personen, die sehr gut Deutsch sprechen, fast 22 Prozent über dem Lohn von Personen liegt, die nur schlecht oder gar nicht Deutsch sprechen. Denn: Wer besser Deutsch spricht, hat größere Chancen, entsprechend der beruflichen Qualifikation beschäftigt zu werden.

Beratungsangebote für Fachkräfte

Die Beratungsstellen des Netzwerkes „Integration durch Qualifizierung“, die es in jedem Bundesland gibt, helfen ausländischen Fachkräften, ihre Abschlüsse anerkennen zu lassen und Zusatzqualifikationen zu erwerben. Besser ist es allerdings, sich schon im Heimatland zu informieren, in welchen Branchen überhaupt Fachkräfte gesucht werden. Grob gesagt, sind das vor allem technische Ingenieursrichtungen, Medizin, Altenpflege sowie das Hotelgewerbe. Einen Überblick von gefragten Berufen und aktuellen Stellenangeboten bietet das Informationsportal „Make it in Germany“ des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie. Das Portal bietet auch Bewerbungstipps und Kontaktdaten zu Ansprechpartnern im Heimatland. Wer aus der Ferne keine Stelle findet und es selbst vor Ort probieren möchte, kann ein Sechs-Monats-Visum für die Arbeitsplatzsuche in Deutschland beantragen.

Hochqualifizierte, bitte!

Mit der „Blauen Karte“ wirbt die EU in Staaten außerhalb Europas seit 2012 um hochqualifizierte Arbeitskräfte. Die Karte wird an Personen vergeben, die ein abgeschlossenes Hochschulstudium haben und einen Arbeitsvertrag oder ein verbindliches Angebot vorweisen können. Im Migrationsbericht des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom Januar 2015 ist zu lesen, dass Ende September 2014 rund 19.000 Ausländer mit einer „Blauen Karte“ in Deutschland arbeiteten, fast die Hälfte als Ärzte oder Ingenieure. Im Jahr 2013 gingen die meisten „Blauen Karten“ an Staatsangehörige aus Indien (21,9 Prozent), an Personen aus Russland (9,6 Prozent) und den USA (6,8 Prozent).