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Wenn Tier, dann hier!

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Ein Programmierer und ein Tierfachmann machen sich selbstständig

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Aus Freunden werden Kollegen: Holger Kiewel und Kai Meisel, beide 30 Jahre alt und von Beruf eigentlich Webdesigner und Special Fahrzeugbauer, haben den Schritt in die Selbstständigkeit gewagt. Ihre Idee: Die Internet-Community „www.meinTierplanet.de – Wenn Tier, dann hier!“, eine Art Facebook für Tierfreunde. Die Anmeldung ist kostenlos. Dann kann der Nutzer ein Profil erstellen und sich mit Freunden vernetzen. Die Seite bietet Ratgebertexte, ein Forum und einen Chatroom, demnächst ist auch ein Kleinanzeigenmarkt geplant. Außerdem können Tierheime unterstützt werden. jádu hat mit Holger und Kai und über ihr Projekt und die Vor- und Nachteile als selbstständige Unternehmer gesprochen.

Wie ist die Idee zu dem Projekt entstanden?

Kai: Weil es so etwas bislang noch nicht gab. Ich selbst hatte schon immer Tiere: Hunde, Katzen, Pferde und Fische, und ich betreibe Wildzucht. Da tun sich oft Fragen auf. Meistens findet man aber nur spezielle Foren, die sich ausschließlich mit Hunden und Katzen oder eben nur mit Pferden oder Fischen beschäftigen. Zum Thema Wild gibt es dagegen fast nichts. Auch exotische Großtiere kommen zu kurz. Dabei gibt es immer mehr Züchter, die sich zum Beispiel Strauße halten, entweder zur Fleischgewinnung oder zum Vergnügen. Hier im Nachbarort gibt es sogar eine Familie, die besitzt Kamele. Natürlich nicht, um sie zu essen, sondern weil sie Spaß daran haben. Fakt ist außerdem, dass in der Tierhaltung viele Fehler gemacht werden. Nicht in böser Absicht oder weil die Leute versteckte Tierquäler sind, sondern weil sie nicht richtig informiert sind. Dem wollten wir abhelfen, mit einer Ratgeberseite, die alles bedient, was Tierfreunde interessiert. Ich bringe dafür das fachliche Wissen mit, Holger die Programmierkenntnisse. Das ergänzt sich gut. Wir haben auch schon eine Menge voneinander gelernt. Ich besitze jetzt zum Beispiel ein eigenes Notebook und habe sogar schon den Einschaltknopf gefunden! (lacht)

Holger: Und ich weiß jetzt, was ein Axolotl ist.

Ein was...?

Holger: Axolotl. Eine Lurchart aus Mexiko, der sein komplettes Leben als Dauerlarve verbringt, also nie richtig erwachsen wird. Sozusagen ein ewiger Teenager. Kann man alles auf www.meinTierplanet.de nachlesen!

A propos erwachsen werden: Wie ging es nach dem ersten Ideenaustausch weiter?

Holger: Wir haben ein Konzept erstellt: Inhalt der Seite, Zielgruppe, Finanzierungsplan. Außerdem haben wir ein Existenzgründerseminar besucht. Danach hieß es: An die Arbeit! Vom ersten Gedankenblitz bis zum ersten Nutzer dauerte es mehr als zwei Jahre.

Wie läuft so ein Seminar für Existenzgründer ab?

Holger: Es findet als kompakte Blockveranstaltung über 13 Wochen in Vollzeit statt. Das richtet sich an Arbeitssuchende, die mit einer Existenzgründung aus der Arbeitslosigkeit heraus wollen. Für Angestellte gibt es berufsbegleitende Abendkurse, das dauert natürlich entsprechend länger. Die Kosten belaufen sich auf etwa 1500 Euro. Wer Arbeitslosengeld empfängt, für den wird dieser Betrag vom Europäischen Sozialfond übernommen. Arbeitnehmer müssen die Kosten selbst tragen.

Kai: Man sitzt dann in Kursen mit jeweils 20 bis 30 Teilnehmern und lernt erst mal viel Grundsätzliches über die Selbstständigkeit. Die haben Experten für Recht, Steuern und Marketing und helfen einem bei speziellen Fragen. Außerdem wird sich mit den Ideen der Teilnehmer auseinander gesetzt. Man bekommt da noch viele Anregungen. Aber wenn ein Konzept schlecht ist oder jemand von der Persönlichkeit her als Unternehmer ungeeignet scheint, dann sagen die einem das auch. Die sind da ziemlich direkt.

Demnach wurde euer Konzept für gut befunden?

Holger: Wir wollen ja nicht angeben (lacht), aber uns wurde mehrfach gesagt, es sei eine der besten Ideen im Kurs.

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Was sind aus eurer Sicht Vorteile der Selbstständigkeit?

Holger: Man ist sein eigener Herr. So kann man die Dinge selbst gestalten und muss es nicht so machen, wie es einem der Chef vorschreibt. Außerdem ist man viel flexibler in seiner Zeiteinteilung.

Kai: Aber das ist auch ein Nachteil: Als Angestellter macht man seinen Job, geht nach acht Stunden nach Hause und das Gehalt fließt zuverlässig auf das Konto. Als Selbstständiger hat man keine festen Arbeitszeiten, aber dafür manchmal auch gar keinen richtigen Feierabend. In unserer Website stecken allein 15.000 Programmierstunden. Wenn man das in Stundenlöhnen aufrechnen würde, käme da eine hübsche Summe zusammen. Aber weil das alles bloß Vorbereitung war, haben wir dafür keinen Cent gesehen.

Holger: Viele denken, Selbstständige haben viel Geld und viel Freizeit. Das ist das typische Klischee. Im Wahrheit ist oft das Gegenteil der Fall. Man trägt alle Kosten und das ganze Risiko selbst und am Anfang investiert man oft mehr Geld als man verdient. Krank werden kann man sich auch kaum leisten: Wer nicht arbeiten kann, der verdient logischerweise auch nichts!

Womit genau verdient ihr denn euer Geld? Die Nutzung der Seite kostet ja nichts.

Holger: Durch Werbeflächen auf der Seite. Die verkaufen wir an ein Unternehmen, das diese an andere Unternehmen weitervermittelt. Und die schalten dann dort ihre Werbung. Wir verdienen an jedem Nutzer, der unsere Seite besucht, und noch mehr, wenn jemand die Werbung direkt anklickt.

Kai: Aber wir achten darauf, wer bei uns wirbt und womit. Wir sind eine seriöse Seite und wollen das auch in Zukunft bleiben.

Könnt ihr von den Einnahmen leben?

Holger: Leider noch nicht. Aber wir arbeiten daran.

Ist das ein Rückschlag?

Kai: Nein. Wir sind jetzt ein Jahr online und es entwickelt sich eigentlich alles wie geplant. Wir sind immer noch der Meinung, das Meiste richtig gemacht zu haben, auch wenn wir rückblickend einige Details anders angehen würden. Zum Beispiel haben wir mehr Wert auf den Community-Bereich gelegt als auf den Kleinanzeigenmarkt. Letzterer kann leider erst ab Ende dieses Jahres genutzt werden. Dadurch ist die Seite für viele Anbieter noch uninteressant und sie registrieren sich auch nicht als Nutzer. Und von diesen Nutzern lebt ja ein Forum. Es wäre besser gewesen, von Anfang an mehr Arbeit in den Kleinanzeigenbereich zu stecken und diesen gleichzeitig mit dem Community-Teil online zu stellen.

Holger: Aber aus Fehlern lernt man und wir sind an unseren eher gewachsen. Die Community wächst trotzdem stetig und es macht Spaß dabei zuzusehen.

Was ist euer Ziel für die Zukunft?

Kai: Wir wollen irgendwann die Ratgeberseite für Tierfragen schlechthin sein, im deutschsprachigen Raum und auch international.

Holger: Wie der Name schon sagt: Wenn Tier, dann hier!

Das Interview führte Janika Rehak

Copyright: Goethe-Institut Prag
Dezember 2011
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