Das Visumrecht unterscheidet zwischen kurzfristigen Aufenthalten von weniger als 90 Tagen und langfristigen Aufenthalten von mehr als 90 Tagen oder Aufenthalten, die mit einer Beschäftigung verbunden sind. Kurzfristige Aufenthalte sind durch EU-Recht geregelt, d.h. das Visum bzw. im Falle von Hongkonger*innen die Visafreiheit gilt für alle EU-Länder. Langfristige Aufenthalte (über 90 Tage) und Aufenthalte, die mit einer Beschäftigung verbunden sind, werden jedoch durch nationales Recht geregelt.
Das bedeutet: Wenn Sie sich länger als 90 Tage in einem Mitgliedsstaat aufhalten wollen, müssen Sie ein Langzeitvisum für diesen Mitgliedsstaat beantragen. Dieses können Sie bei den zuständigen Konsulaten und Botschaften in Deutschland beantragen. Wenn Sie einen Aufenthalt von weniger als 90 Tagen in einem anderen EU-Mitgliedsstaat planen, können Sie dies jedoch mit Ihrem nationalen Visum eines anderen Mitgliedsstaates tun. Für kurzfristige Aufenthalte brauchen Sie kein Visum zu beantragen. Ausnahmen können in Fällen gelten, in denen eine Beschäftigung vorliegt.
Beispiele:
A hat sein Bachelorstudium in Leipzig beendet und möchte sein Masterstudium in Prag fortsetzen. Bleibt A länger als 90 Tage, muss er ein nationales Visum bei der tschechischen Botschaft/Konsulat beantragen.
B studiert in München. Sie möchte ein Austauschsemester in Barcelona machen und danach nach München zurückkehren. Bleibt B länger als 90 Tage, muss sie ein nationales Visum bei der spanischen Botschaft/dem spanischen Konsulat beantragen. Außerdem sollte sie sich mit der zuständigen Ausländerbehörde in München in Verbindung setzen, um zu klären, ob ihre Aufenthaltserlaubnis trotz Ausreise für ein Semester gültig bleiben kann.
C studiert in Hamburg und möchte eine 8-wöchige Summer School in Paris besuchen.
C bleibt weniger als 90 Tage, also kann er mit seinem deutschen Nationalvisum nach Paris reisen.
D studiert in Stuttgart und hat ein bezahltes 6-wöchiges Praktikum in Mailand während der Semesterferien erhalten. D bleibt weniger als 90 Tage, plant aber die Aufnahme einer bezahlten Arbeit. Die nationalen Gesetze darüber, ob ein nationales Visum benötigt wird, um während eines kurzfristigen Aufenthalts zu arbeiten, sind in den einzelnen EU-Ländern unterschiedlich. Sie sollten sich daher an das italienische Konsulat/die italienische Botschaft wenden.