Schweizer Botschaft

Schweizer Botschaft

  • Baujahr: 1936–38
  • Ort: Çankaya und Kavaklıdere, Ankara
  • Architekt: Ernst A. Egli

Die Entwürfe für die irakische und die Schweizer Gesandtschaft sind fast gleichzeitig entstanden. Beide Gebäude befinden sich in Çankaya, dem vornehmen Villen- und Diplomatenviertel Ankaras südlich des Stadtzentrums, in dem sich auch die Residenzen des Staatspräsidenten und des Ministerpräsidenten sowie zahlreiche weitere Botschaften befinden.

Bei aller funktionalen und typologischen Ähnlichkeit wollte Ernst Egli im architektonischen Ausdruck der Entwürfe auf die unterschiedlichen Charaktere der repräsentierten Länder reagieren: „Bei der Schweizer Gesandtschaft liegt die Betonung auf dem Aufgeschlossenen, Einladenden und gleichzeitig Intim-Freundlichen [...]. Hier ist die Demokratie zuhause; keine feierliche Gebärde, wohl aber einen kräftigen Händedruck will die Empfangsgeste dieser Vorhalle bieten. Eine Freitreppe in Marmor führt ins Innere der Vorhalle. Links und rechts zwei Marmor-Wasserbecken und anschließend eine Treppe zu den Kanzleien bzw. gegenüber in die Wohnung des Sekretärs. Geradeaus, nur durch eine Glaswand von der Vorhalle getrennt, eine zentrale Halle mit dem dahinterliegenden Empfangssalon, an den sich links die Bibliothek und rechts der Speisesaal anschließen. Dies also ist der gesamte Aufwand des Empfangsapparates, der mit dem unbedingt Nötigen sein Auslangen findet, weil er so am besten den Charakter des Hausherrn ausdrückt: eine freundliche, bescheidene Sachlichkeit.“

Auch die voluminöse Gestaltung der Gartenseite war von funktionalen Überlegungen bestimmt: „[...] mit Absicht ist [der Terrasse] alle Monumentalität genommen. Als wäre sie ein beweglicher Vorbau, hat sie ihre Verbindung mit dem Hauptbaukörper möglichst lose gehalten.“ Die Gestaltung des Hauptbaukörpers ermöglicht es, das untenliegende Servicegeschoss ohne Störung der Gäste von außen zu betreten. Sowohl die Kolonnade als auch der Bereich unterhalb der Terrasse sollen den Bediensteten als überdachte Außenräume zur Verfügung stehen.

Bei der Botschaft für den Irak, der im Übrigen noch bis zum Ende des Ersten Weltkrieges zum Osmanischen Reich gehört hatte, wählte Egli einen monumentaleren, auch im stilistischen Detail konservativeren Ausdruck. Egli spricht von einer „orientalischen Tonfolge“, die er in diesem Entwurf angeschlagen habe, insbesondere in den ornamentalen Elementen wie zum Beispiel den dekorativen Fassadenmedaillons.

Ohne dass Egli explizit darauf hinweist, lassen sich bestimmte Prinzipien der türkischen Architektur, nämlich der kristalline Aufbau bzw. die Axialität des Layouts und der fließende Umriss, aber auch das runde Grundmuster mit der dem „sofa“ (Eingangshalle) entsprechenden zentralen Halle in beiden Grundrissen ohne weiteres wiedererkennen. Auch die Formatierung und Unterteilung der Fenster entspricht dem traditionellen Bautypus. Zusätzlich zeichnet das Schweizer Botschaftsgebäude das weit über den Baukörper hinausragende Vordach aus, auch dies ein wesentliches Gestaltungsmotiv des türkischen Hauses, das weder in der Villa Fuat Bulca noch in der irakischen Botschaft auftaucht (und das sich in letzterer auch kaum mit der alle vier Fassaden auszeichnenden Monumentalordnung vertragen hätte). Das irakische Botschaftsgebäude weist dafür im Gegensatz zur Schweizer Gesandtschaft – wohl weil es sich um die Vertretung eines islamischen Staates handelt – eine „Haremlik-Selâmlik“-Unterteilung (Männer-bzw. Frauentrakt) des Grundrisses auf.

Die von Egli in fast allen Entwürfen verwendeten hohen rechteckigen Fensterformate können hier als direkte Analogien zu den Fenstertypen der traditionellen türkischen Häuser gesehen werden. Auch die Unterteilung der Fenster in vertikale Felder entspricht gängigen Vorbildern in der einheimischen Architektur. Besonders deutlich wird die Analogie aber dort, wo in den Fassaden das Raster des einheimischen Holzskelettbaus nachgebildet ist. Dies ist vor allem bei den die Stadt überblickenden Nordfassaden der Fall.

Goethe-Institut Ankara
2010