In Europa fällt das Gedenken an das Ende des Zweiten Weltkriegs in vielen Ländern auf den Maianfang. Die Niederlande erinnern am 5., Frankreich und Deutschland am 8. und Russland am 9. Mai an den Tag der Befreiung und des Sieges über das Nazi-Regime. Auch den nordamerikanischen Nationen ist es bis heute ein Anliegen, den Gefallenen des Zweiten Weltkriegs zu gedenken – nur nicht mit einem offiziellen Feiertag am 8. Mai. Ein transatlantischer Blick zum 80. Jahrestag des Waffenstillstands auf dem europäischen Kontinent.
Umkämpftes Erinnern
Die bedingungslose Kapitulation bedeutete für Deutschland nicht von Anfang an „Befreiung“. Zwar endeten die Kampfhandlungen, doch begann für die deutsche Bevölkerung ein anderes Leid in Form von Heimatverlust, Hunger und einem Leben in Trümmern. Die Aufteilung in Besatzungszonen führte zu der Entstehung zweier Staaten und über die Jahrzehnte dazu, dass der 8. Mai in Ost und West einen unterschiedlichen Stellenwert bekam. In der DDR feierte man unter dem Einfluss der Sowjetunion daher schon früh einen „Tag der Befreiung des deutschen Volkes vom Hitlerfaschismus“.
U.S. Präsident Reagan und Bundespräsident Richard von Weizsäcker bei einem Staatsbesuch in der BRD im Jahr 1985 | Bundesarchiv, B 145 Bild-F070059-0005 © CC-BY-SA 3.0
Ganz anders in Westdeutschland: Versuchte man hier mit der Verabschiedung des Grundgesetzes 1949 eine positive Bedeutung des Tages zu schaffen, dominierten dennoch lange die Erfahrungen einer schmerzhaften Niederlage des Zweiten Weltkriegs. Der Historiker Martin Sabrow spricht sogar von einem „staatlichen Schweigekonsens“ der BRD, der eine Auseinandersetzung mit der Geschichte des Nationalsozialismus verhinderte. Es kam daher einem Erdbeben gleich, als Bundespräsident Richard von Weizsäcker 1985 im Bonner Parlament verlas:
Der 8. Mai war ein Tag der Befreiung. Er hat uns alle befreit von dem menschenverachtenden System der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft.
Sieg – in Europa
Für die ehemaligen Alliierten in den USA und Kanada ist der 8. Mai zwar ein Tag von historischer Bedeutung, aber kein nationaler Feiertag. Die heutige, eher untergeordnete Rolle des Datums zeichnete sich bereits 1945 ab. Euphorisch jubelnde Menschenmassen in New York City und Toronto bezeugten die Freude über den Victory in Europe Day (VE-Day). Zum ersten Mal seit dem verheerenden Angriff auf Pearl Harbor entschied man daher, Wahrzeichen wie die Freiheitsstatue in New York, das Washington Monument und das Kapitol der Hauptstadt wieder nachts im Flutlicht erstrahlen zu lassen.
Truman bei der Proklamation des Siegs in Europa am 8. Mai 1945 | © Truman Library Institute
Präsident Harry S. Truman hatte sogar doppelten Grund zum Feiern: Einen Sieg und seinen Geburtstag. Dennoch betonte der US-Präsident in seiner Proklamation am Morgen des 8. Mai 1945, dass noch viel zu tun wäre, der im Westen errungene Sieg nun auch im Osten gewonnen werden müsste. Diese Auffassung teilte auch eine Mutter, die von der Washington Post befragt wurde:
Ich kann mich nur halb freuen. Die Sorgen um meinen Jungen in Europa sind vorüber, aber ich habe noch einen weiteren Sohn im Pazifik.
Veranstaltungen zum 8. Mai sind in diesem Jahr in beiden Ländern geplant, doch offizielle Feiertage zum Gedenken an Kriegsgefallene begehen die USA bisher gesammelt am Memorial Day Ende Mai und Kanada am Remembrance Day im November. Beide Traditionen reichen weiter zurück als der Zweite Weltkrieg. Was für Deutschland und viele weitere europäische Länder eine Zäsur bedeutete, ist für die nordamerikanischen Nationen heute von geringerer Bedeutung.
Die übersehenen Alliierten
Mexikos Rolle im Zweiten Weltkrieg wird vor allem aus europäischer Perspektive häufig übergangen. Das Land erklärte erst im Sommer 1942 den Krieg gegen die Achsenmächte, nachdem deutsche U-Boote im Golf von Mexiko zwei Öltanker versenkt hatten. Einzelne Mexikaner kämpften in Europa, wie der Pilot Luis Pérez Gómez für die kanadische Air Force in der Normandie und José M. López in den Ardennen für die amerikanischen Streitkräfte, der mit der Medal of Honor ausgezeichnet wurde. Bekannter ist der Einsatz mexikanischer Soldaten gemeinsam mit US-amerikanischen Luftstreitkräften im Pazifik bis zum Kriegsende im September 1945.
Der mexikanische Pilot Radames Gaxiola Andrade und sein Team im Pazifik vor einem amerikanischen Kampfflugzeug | USAAF
In der Nähe von Stockton, Kalifornien: Mexikanische Landarbeiter ernten Zuckerrüben, Mai 1943 | Marjory Collins / Library of Congress, Prints & Photographs Division, Farm Security Administration/Office of War Information Black-and-White Negatives