Der Fußballklub Schachtar Donezk  Kickende Nomaden

Der Fußballklub Schachtar Donezk. Kickende Nomaden Illustration: © Tetiana Kostyk

Am 24. Februar 2022 begann mit der Invasion russischer Truppen der Angriffskrieg auf die Ukraine. Doch ganz im Osten, im Donezbecken, belastet der bewaffnete Konflikt zwischen Ukrainer*innen und pro-russischen Kräften bereits seit 2014 das Leben der Menschen. Tausende flohen, andere wurden verschleppt, kehrten nie mehr zurück. Und im Schatten davon wurde aus dem stolzen Fußballverein Schachtar Donezk ein heimatloser Klub.

Diese Geschichte über die Ukraine, den Krieg und den Fußball beginnt mit einem Kommentar auf Instagram und der schwermütigen Sehnsucht eines Fans: „Mein großer Traum ist, dass ich eines Tages noch mal eine Partie der ‚Bergarbeiter‘ in der Donbass Arena sehen werde.“

Der Anhänger heißt Vlad Hryhoriev, ein 26-Jähriger musik- und sportbegeisterter Ukrainer. Sein Team: Die „Bergarbeiter“ von Schachtar Donezk, aus dem Steinkohle-Gebiet beidseits der ostukrainisch-russischen Grenze. Donbass Arena, so wurde das einstige Wohnzimmer von Schachtar getauft – ein schmucker Bau aus Glas, Stahl und Beton, in dem während der Europameisterschaft 2012 der Ball rollte und, in besseren Zeiten, Beyoncé auf einer imposanten Bühne performte. Kurzum: „Ein Juwel für die Stadt und die Region“, wie es der englisch-ukrainische Sportjournalist Andrew Todos ausdrückt. Ähnliches gilt für den Klub. Schachtar ist nicht irgendein regionaler Fußballverein, Schachtar ist der erfolgreichste ukrainische Klub dieses Jahrtausends: 13 Meisterschaften, 11 Pokalsiege, dazu der Triumph im UEFA-Pokal im Jahr 2009. All diese Titel haben den Verein im Inland noch beliebter und im europäischen Ausland bekannter gemacht.

Irgendwie mochte ich es, dass der Verein immer mit Würde und Stolz auftrat, selbst in schwierigen Situationen oder Momenten der Niederlage.“

Seit 2014 ist das selbstbewusste Schachtar aber auch: ein Fußballverein ohne Heimat, ohne Heimspielstätte, ohne Anlaufstelle für seine treuen Fans. „Der ukrainische Spitzen-Fußballklub Schachtar Donezk hat am Samstag die ersten Schäden infolge der seit Monaten andauernden Gefechte im Osten der Ukraine an seinem Stadion hinnehmen müssen. Am frühen Morgen habe es zwei heftige Explosionen in der Nähe des Donbass-Stadions gegeben, teilte der Verein auf seiner Homepage mit.“ So ging die Meldung am 23. August 2014 über den Ticker der Nachrichtenagentur AFP. Von diesem Zeitpunkt an, waren Sport und Politik, ja Sport und Krieg, nicht mehr zu trennen.

„Als ich sechs oder sieben Jahre alt war, gingen mein Vater und ich erstmals ins Stadion [damals spielte der Klub noch im Zentralstadion Schachtar, Anm. d. Red.]“, erzählt Vlad über seinen persönlichen Erweckungsmoment. „Ich erinnere mich auch noch gut daran, dass ich ein Schulheft mit dem Mannschaftsfoto des Vereins hatte. Ich wurde bereits nach den ersten Spielen, die ich sah, Fan des Klubs. Irgendwie mochte ich es, dass der Verein immer mit Würde und Stolz auftrat, selbst in schwierigen Situationen oder Momenten der Niederlage.“

Als Russland 2014 die Krim annektierte und im Osten der Ukraine einen Krieg entfachte, war Vlad, zu seinem großen Glück, bereits weg. Nach seinem Schulabschluss zog es ihn in die Hauptstadt Kyjiw, um an der Nationalen Technischen Universität Ingenieurswissenschaft zu studieren. Dass in der Folgezeit in seiner Heimat separatistische, sogenannte Volksrepubliken entstanden, die fast vollständig von Russland abhängig waren und sind, bekam er somit lediglich aus sicherer Distanz mit. Doch die Dimensionen dieses Krieges haben sich zwischenzeitlich bekanntlich geändert.

Wir führen das Interview daher schriftlich auf Englisch via Mail und Instagram. Es geht nur spontan und häppchenweise, wann immer es Vlads aktuelle Situation in Kiew sowie der Akku-Stand und Empfang seines Smartphones zulassen. Denn Elektrizität ist derzeit ein enorm rares Gut. Just an jenem Novembertag, an dem auch westliche Medien berichten, dass Russland wieder verstärkt Truppen in die Donbas-Region verlegt, ploppt wieder mal eine Antwort von ihm auf. So traurig das ist: Für Vlad ist dieses Manöver nur noch eine schlimme Nachricht unter vielen, die ihn rund neun Monate nach dem russischen Überfall auf die Ukraine, nicht mehr sonderlich zu beunruhigen scheint: „Meine Familie lebt inzwischen ebenfalls hier in Kiew, alles ist soweit in Ordnung“, schreibt er irgendwie nüchtern und tapfer , „trotz der täglichen Raketenangriffe“.

Vorrübergehend geschlossen – seit Jahren

Wer im Internet nach weiteren Informationen zu Schachtar Donezk und zur Donbass Arena recherchiert, findet den absurd anmutenden Hinweis: „vorübergehend geschlossen“. Denn was nach einer vermeintlich kurzen Phase klingt, ist für den Klub in Zeiten des Krieges inzwischen schon sehr lange fortbestehende Realität: Seit Sommer 2014 reist das Team aufgrund der Sperrung des eigenen Stadions durch das flächenmäßig zweitgrößte Land Europas. Kickende Nomaden sozusagen, auf der Suche nach einem Spielort, an dem sie sesshaft werden können. Nicht nur zu Auswärtsspielen, sondern eben auch zu Heimpartien, die diesen Namen eigentlich nur noch auf dem Papier tragen. „Trotz der damit verbundenen Schwierigkeiten gelang es, eine starke internationale Mannschaft aufstellen, die Titel gewann und einige der besten europäischen Mannschaften in UEFA-Wettbewerben herausforderte“, analysiert Andrew Todos, der seit 2018 mit Zorya Londonsk einen Blog über ukrainischen Fußball in englischer Sprache betreibt.

Von 2014 bis 2016 bot zunächst die Arena in Lwiw in der Westukraine eine Ausweichmöglichkeit für die „Heim“-Spiele – in mehr als 1000 Kilometer Entfernung. Der Fan-Zuspruch dort war, wenig überraschend, nicht der gleiche wie Zuhause: Vielleicht in Ansätzen vergleichbar mit dem deutschen FC Schalke 04 ist Schachtar ein Verein, dessen Fanszene traditionell vom Bergbau geprägt ist. Die Vereinsfarben sind mit Schwarz und Orange ganz bewusst gewählt. Schwarz wie die Steinkohle, Orange wie das Leuchten der Grubenlampen unter Tage. Es kommt nicht von ungefähr, dass sich die Anhänger*innen selbst als „Maulwürfe“ bezeichnen. In Lwiw – einer Stadt, die historisch, ethnisch und kulturell ganz anders geprägt ist – sind solche Maulwürfe in der Minderheit, Schachtar-Fans findet man dort eher selten. Der Verein zog aus diesem Grund wieder weiter, zurück gen Osten, und versuchte sein Glück zunächst in Charkiw. Wirklich sesshaft wurde man auch dort nicht: Seit Mai 2020 ist Schachtar sogar Untermieter der Heimstätte von Dynamo Kyjiw, dem größten sportlichen Rivalen.

Was für Fußballfans in Westeuropa unvorstellbar klingt, entkräftet laut Vlad der Kriegsalltag: „Seit dem 24. Februar sind wir in der Ukraine eine Einheit geworden. Egal wo, egal wer. Es ist für uns normal, dass ein Verein im Stadion eines anderen spielen darf, falls das eigene zerstört wurde. Und genauso sind die Fangruppierungen zusammengerückt. Anhänger von Schachtar und Dynamo reichen sich die Hände.“ Andrew Todos ergänzt, dass auch die verschiedensten Ultragruppen frühzeitig Frieden untereinander geschlossen haben. „Stell dir vor, du lebst in einem großen Haus. Jeder Verein hat mit seinen Fans ein eigenes Zimmer“, so leitet Vlad einen Vergleich ein, um die gegenwärtige Situation zu veranschaulichen. „Plötzlich greift jemand dieses Haus an. Was machst du? Du hast zwei Möglichkeiten: Entweder alle halten zusammen und verteidigen das Haus – oder aber du verlierst. Wir wollen ganz sicher nicht verlieren, wir wollen unsere Freiheit!“

Schachtar-Ultras in der Donbass Arena, 2009 Schachtar-Ultras in der Donbass Arena, 2009 | Foto: Anri Mo via wikimedia | CC BY-SA 3.0 Wann Vlad und alle anderen Ukrainer*innen wieder in Frieden und Freiheit leben werden, kann aktuell noch niemand sagen. Immerhin, Fußball wird nach kurzer Pause wieder gespielt: Am 23. August 2022, also fast auf den Tag genau sechs Monate nach Kriegsbeginn, wurde erstmals wieder eine Partie in der höchsten ukrainischen Liga angepfiffen. Schachtar Donezk empfing im leeren Olympiastadion von Kyjiw das Team von Metalist Charkiw. In einem Statement zum Neustart hieß es: „Ich habe mit Präsident Selenskyj darüber gesprochen, dass es wichtig ist, die Menschen mit Fußball abzulenken“, so Andrij Pawelko, Präsident des ukrainischen Fußballverbandes UAF. Oder in den Worten von Vlad: „Viele von uns leben für den Fußball. Wir brauchen ein Ventil, müssen unsere Emotionen irgendwo entladen.“

Brot und Fußballspiele. Die Wiederaufnahme des Spielbetriebs war ein Signal nach innen und nach außen, das auch Todos als äußert wichtig erachtet: „Die Tatsache, dass der ukrainische Fußball weiterläuft, bedeutet einerseits, dass sich die Ukrainer für 90 Minuten bei einem Spiel fernab des Krieges auf andere Gedanken bringen können. Es zeigt andererseits aber auch, dass die Ukraine trotz aller Versuche Russlands, die Existenz des Landes zu vernichten, standhaft bleibt.“

Dem Verband war es wichtig, trotz des zermürbenden Krieges für den Neustart der Premjer-Liha nicht ins Ausland auszuweichen. Doch nicht alle Erstligisten sind in dieser Saison schon wieder involviert. Aufgrund massiver Zerstörung der Infrastruktur mussten Desna Tschernihiw und FK Mariupol verzichten. Bedingung war zudem ein Schutzbunker im Umkreis von maximal 500 Metern zum Stadion. „Wenn während eines Spiels ein Fliegeralarm ausgelöst wird, wird das Spiel unterbrochen und danach wieder fortgesetzt“, berichtet Vlad. Auch das gehört zur neuen ukrainischen Normalität. So geschehen etwa am 29. Oktober. Schachtar Donezk, das aufgrund der Sicherheitslage inzwischen wieder von Kyjiw nach Lwiw ausgewichen war, empfing FK Oleksandriya: In der 40. Minute kam es zu einer 100-minütigen Unterbrechung wegen eines Luftalarms. Ein Spiel dauert also nicht immer 90 Minuten, sondern mitunter auch mal viereinhalb Stunden. Und am Ende scheint es unter diesen Umständen fast egal, wer nach dem Schlusspfiff als sportlicher Sieger vom Platz geht.

Stell dir vor, du lebst in einem großen Haus. Jeder Verein hat mit seinen Fans ein eigenes Zimmer. Plötzlich greift jemand dieses Haus an. Du hast zwei Möglichkeiten: Entweder alle halten zusammen und verteidigen das Haus – oder aber du verlierst. Wir wollen ganz sicher nicht verlieren, wir wollen unsere Freiheit!“



Des Weiteren gibt es laut Andrew Todos Initiativen von Verein wie FK Krywbas Krywyj Rih, die in Luftschutzbunkern spezielle Zuschauerräume einrichten, damit die Anhänger*innen ohne die Gefahr eines Luftangriffs zusammen schauen können. Mitfiebern unter dicken Mauern. Ein Hauch von kollektiver Fankultur in der Ukraine, so lange draußen kriegsbedingt nur Geisterspiele vor passend trostloser Kulisse abgehalten werden.

Südamerikaner suchen das Weite

Fußball unter solchen Bedingungen – eine bizarre, eine angsteinflößende Vorstellung. Nicht alle Legionäre der Vereine, erst recht in den in den Reihen von Schachtar Donezk, wollten das mitmachen und ihrem Job als Fußballprofi in einer Kriegsregion weiterhin nachgehen: Im Sommer 2014 versuchten sich fünf Brasilianer und ein Argentinier nach einem Testspiel in Frankreich abzusetzen, um nicht in das Kriegsgebiet im Donbas zurückkehren zu müssen. Der Verein hatte sich in den Jahren zuvor einen Namen gemacht, galt als ideale Anlaufstelle für südamerikanische Talente bei ihrem Sprung nach Europa – verbunden mit dem Traum von großen Arenen, vom großen Fußball, vom großen Geld. 2013/2014 standen insgesamt 14 südamerikanische Akteure sowie zwei weitere ausländische Spieler im Schachtar-Kader. 2022/2023 sind nur noch drei Legionäre bereit, inmitten des Krieges gegen die Ukraine Fußball zu spielen: ein Brasilianer, ein Kroate und ein Burkinabe.

Der Weltfußballverband FIFA beschleunigte diese Entwicklung mit einer Sonderregelung: Denn kurz nach Kriegsbeginn wurde beschlossen, dass ausländische Spieler ihre Verträge bei ukrainischen Vereinen aussetzen können. Damit stand ihnen frei, „ohne irgendwelche Konsequenzen einen Vertrag mit einem anderen Verein zu unterzeichnen“, wie die FIFA Anfang März mitteilte. Schachtar Donezk will das allerdings nicht einfach so hinnehmen: Aufgrund vermeintlich entgangener Transfereinnahmen in Höhe von 50 Millionen US-Dollar verklagt der Klub die FIFA auf ebenjene Summe vor dem Internationalen Sportgerichtshof CAS. Ausgang offen.

Der Krieg hat nicht nur den Spielerkader, sondern den gesamten Verein in den vergangenen Jahren auf verschiedensten Ebenen geprägt. Wie das deutsche Nachrichtenmagazin Der Spiegel 2018 berichtete, sei schon kurz nach Beginn des bewaffneten Konflikts ein Riss durch den Verein gegangen, der sich an Personalien wie beispielsweise Dimitrij Trapesnikow zeigte. In den Nullerjahren war dieser noch Fanbeauftragter von Schachtar, 2014 schloss sich Trapesnikow dann den pro-russischen Separatisten an. Gleichzeitig hätten zahlreiche Ultras Donezk verlassen müssen, da sie sich klar für die Ukraine positionierten und einsetzten. In den schwarz-orangenen Farben vereint, war man fortan in der politischen Sache verfeindet und getrennt.

Dass sich der Verein in den vergangenen acht Jahren politisiert hat, bestätigt auch Todos: „Die Vereinsführung lebt ihre Rolle als einer der pro-ukrainischen Klubs im Land aktiv aus. Sie sind sich ihres Einflusses als Fußballverein ihrer Größe bewusst und nutzen diesen, um die Sache der Ukraine in den globalen Medien sowohl auf dem Spielfeld als auch abseits davon voranzutreiben, um Spenden zu sammeln und das Bewusstsein für den Krieg im Allgemeinen zu schärfen.“

Der Präsident polarisiert

Wenn man über Schachtar Donezk und das spezielle Schicksal des Klubs berichtet, gibt es an Rinat Achmetow kein Vorbeikommen. Achmetov ist mit einem Vermögen von geschätzt mehr als vier Milliarden US-Dollar der reichste Ukrainer, stammt gebürtig aus Donezk, sein Vater war selbst Bergarbeiter. Viele würden ihn als Oligarchen bezeichnen, er selbst sich wohl eher als erfolgreicher Unternehmer. Gegen ihn wurde mehrfach wegen Korruption ermittelt, jedes Mal aufs Neue wurden diese Ermittlung wieder eingestellt. „Wirtschaft, Wohltätigkeit und Fußball. Politik interessiert mich überhaupt nicht“, so soll es Achmetov mal in einem Radio-Interview behauptet haben. Die Aufarbeitung seiner Verflechtungen in die Politik, so etwa in ukrainische Präsidentschaftswahlkämpfe seit der Jahrtausendwende, würde an dieser Stelle zu weit führen. Sein Interesse am Fußball belegt jedenfalls seine Präsidentschaft bei Schachtar, die er bereits 1996 antrat. Anschließend führte Achmetow den Klub mit seinem Geld an die ukrainische Spitze, auf die europäische Fußball-Karte und beschenkte die Stadt mit der schicken Donbass Arena.

Rinat Achmetow mit Schachtar-Spielern nach dem Gewinn des ukrainischen Fußball-Pokals im Jahr 2002 Rinat Achmetow mit Schachtar-Spielern nach dem Gewinn des ukrainischen Fußball-Pokals im Jahr 2002 | Foto: Anastasiya Fedorenko via wikimedia | CC BY-SA 3.0 Von August 2014 bis zum Verlust der Kontrolle über das Stadion im Jahr 2017 diente die Arena als Zentrum für humanitäre Hilfe in Donezk. Laut Aussagen eines Sprechers von Achmetows Stiftung wurde dieses Projekt eingestellt, nachdem prorussische Kämpfer den Zugang zu der Arena blockiert hatten. Dennoch unterstützt der Milliardär seine Landsleute weiterhin finanziell. Laut Forbes hat er allein seit Kriegsbeginn 72 Millionen Dollar gespendet, zudem 30 Millionen Dollar an Steuergeldern im Voraus gezahlt. „Wie Achmetow zu seinem Reichtum gekommen ist, kann ich nicht beurteilen, das war vor meiner Zeit. Aber dieser Mensch hat viel Mühe und Geld in die Region Donezk und unser Land investiert, in den Sport, in die Menschen. Ich denke, er verdient Respekt“, so Vlad diplomatisch. Todos ergänzt: „Er war in der Ukraine schon immer eine sehr zwiespältige Figur. Abgesehen davon ist er ein sehr ruhiger, zurückhaltender Mann, der nur selten Interviews gibt oder Kommentare abgibt.“

Schachtar Donezk hat auch seine Geschäftsstelle inzwischen längst nach Kyjiw verlegt. Die Zentrale des Klubs befindet sich im Botschaftsviertel der Hauptstadt. In einem Luxus-Hotel, das natürlich Achmetow gehört. Auch das ist eine der Absurditäten rund um diesen Verein. Im Winter des Jahres 2022 stehen die Schwarz-Orangenen sportlich noch immer besser da, als man es durch die Begleitumstände mit den vielen Reisen, ohne echte Heimspiele und den stark veränderten Kader vermuten würde. International geht es im neuen Jahr in der UEFA Europa League weiter, die Heim-Partien auf europäischer Bühne werden im polnischen Warschau ausgetragen. Die ukrainische Liga startet erst wieder Anfang März. Der größte Gegner in der Zwischenzeit für Schachtar Donezk wie für alle Ukrainer*innen: ein langer, ungewisser Winter.

„Wir saßen drei Stunden lang ohne Strom in der Umkleidekabine und dachten nicht darüber nach, wie wir die Taktik analysieren sollten, sondern nur, ob die Bombe fallen würde“, sagt der kroatische Trainer Igor Jovićević in einem Interview zum Jahresabschluss auf der Vereinshomepage. „Deshalb müssen wir, das gesamte ukrainische Volk, uns jetzt zusammenschließen. Kritisiert euch nicht gegenseitig; feuert den Trainer nicht wegen Niederlagen. Denn das ist Krieg.“

Diese kleine Episode über einen Fußballverein spiegelt nur eine von unzähligen Facetten dieses Krieges wider. Eine Facette, die – bei all den Gräueltaten und Opfern – sicher nicht überhöht werden will. Doch eine Facette, die zeigt, wie tief und wie lange dieser Krieg schon in das ukrainische Leben abseits der Front hineinwirkt. In diesem Krieg bleibt Schachtar Donezk vorerst ein Klub ohne Heimat. Und Vlad Hryhorievs großer Wunsch, mal wieder ein Fußballspiel in der Donbass Arena zu sehen, bis auf Weiteres unerfüllt.

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