Künstler*innen in Quarantäne  Bildender Künstler Erik Šille

Künstler Erik Šille Foto: © Peter Frollo

„Ich wünsche mir weniger Egoismus, mehr Verantwortung und Demut“

Künstler Erik Šille Foto: © Peter Frollo Die Kunst, die wir jetzt im Internet finden, wirkt eher wie ein Trostpflaster. Denn tatsächlich kann nichts ein richtiges Theaterstück, ein echtes Konzert oder eine Ausstellung in einer Galerie ersetzen. Dieses Gefühl, wenn man vor einem Bild steht, kann Instagram nicht ersetzen. Genau wie Netflix auch unsere Leidenschaft nicht befriedigt, die wir im Theater erleben.

Das Tragen der Gesichtsmasken haben wir mit der Familie schon ein paar Wochen vorher erlebt, bevor die Maßnahmen in der Slowakei eingeführt wurden. Wir sind vor kurzem von meinem Arbeitsaufenthalt in Japan zurückgekehrt, wo wir einen Monat waren. Die Masken haben wir als unausweichlichen Fakt hingenommen. Es hat uns zwar einiges an „Bestechung“ in Form von Spielzeugautos und –eisenbahnen oder Eis für unseren Sohn gekostet, damit er die Maske aufbehielt, aber wir haben es geschafft. Im Vergleich zu Europa gab es in Japan überall Desinfektionsmittel und ich habe mich dort um einiges sicherer gefühlt. Was ich an den Japanern bewundere, ist genau ihre Prinzipienfestigkeit.

Nach der Rückkehr in die Slowakei und in den ersten Tagen der Ausgangsbeschränkungen habe ich zu Hause an kleineren Formaten gearbeitet. Ich habe Entwürfe auf Papier angefertigt. Nach einer Woche habe ich es aber nicht mehr ausgehalten und vorsichtig angefangen, wieder ins Atelier zu gehen. Ich gehe jeden Tag hin, um malen zu können. Auf einmal habe ich mehr Zeit, da an der Schule, an der ich unterrichte das Semester beendet wurde. Jetzt ist es ganz ruhig überall.
 
  • Erik Šille - Galerie 1 © Erik Šille
  • Erik Šille - Galerie 2 © Erik Šille
  • Erik Šille - Galerie 3 © Erik Šille
  • Erik Šille - Galerie 4 © Erik Šille
  • Erik Šille - Galerie 5 © Erik Šille


Da ich in meinen Arbeiten immer die Zeit reflektiere, in der wir leben, ist das natürlich auch jetzt der Fall. Die Situation mit der Coronakrise empfinde ich als ziemlich beunruhigend, aber ohne Panik. Ich warte ab, was kommt. Mein Leben wurde durch all das erheblich beeinflusst. Im Frühjahr sollte ich für einen zweimonatigen Aufenthalt nach Frankreich reisen, aber in dieser Situation muss man sich wirklich verantwortungsvoll verhalten, sich zusammenreißen und insbesondere den Allerschwächsten helfen.

Die Welt der Kunst ist fragil. Zeitgenössische Kunst hatte es auch vorher überhaupt nicht leicht. Ich denke, dass jede Institution oder Galerie diesen Ausfall sogar existenziell spüren wird. Ich weiß nicht, wie die Kunst weiter existieren sollte, aber ich persönlich erlebe große Unterstützung durch das Umfeld. Bekannte von mir, die Musiker sind, haben jedoch erhebliche finanzielle Einbrüche. Das tut mir besonders für diejenigen leid, die schon bisher geradeso das Mindeste zum Leben hatten. Ob wir gute Kunst brauchen, ist eine Frage von Qualität und Anspruch. Manchen reicht eine Serie und für manche ist es wichtig, komplexere Antworten auf Fragen und die Welt um uns herum zu suchen. Ich weiß nicht, wie das Ganze ausgehen wird, aber trotzdem glaube ich, dass wir es schaffen werden.

Wenn wir aus dieser Situation irgendeine Lehre ziehen sollten, was ich stark bezweifle, so könnte uns dieser Lockdown weniger Egoismus, mehr Verantwortung und Demut beibringen. Ob das gelingt, das sehen wir erst, wenn es vorbei ist.

Slowakische Künstler*innen über ihre Quarantäne