Gesunde Ernährung  Warum täglicher Fleischkonsum keine gute Idee ist

Warum täglicher Fleischkonsum keine gute Idee ist
Warum täglicher Fleischkonsum keine gute Idee ist Foto: © Daniel Ryba

Können wir den Klimawandel bekämpfen, indem wir auf Fleisch verzichten? Fakten und Daten zeigen, dass das diese Vorstellung alles andere als eine naive Idee ist. Aber nicht nur der Planet, sondern auch unsere Gesundheit kann davon profitieren, tierische Quellen in der Ernährung durch pflanzliche zu ersetzen.

Jede Epoche hat ihre eigenen Symbole, Rituale und Richtungen, mit denen wir Menschen uns zu identifizieren versuchen. In der heutigen Zeit wird sogar unsere Ernährung zu einem bestimmten Aushängeschild, an das wir unser tägliches Leben anpassen. Nahrung ist nicht mehr nur eine Energiequelle für den menschlichen Körper, sondern wird zu einem Mittel, mit dem wir zum Beispiel unsere sportliche Leistung oder unser Aussehen verbessern können. Gleichzeitig ist der Kauf von Lebensmitteln auch eine Entscheidung darüber, welches Unternehmen oder welchen Landwirt wir (nicht) unterstützen und welche Art von CO2-Fußabdruck wir hinterlassen. Nicht zuletzt fordert die Art und Weise, wie wir uns ernähren auch ihren Tribut von der Umwelt, da derzeit rund ein Viertel der weltweiten Emissionen auf Lebensmittel und deren Produktion zurückzuführen sind.

Scheitern schon beim Einkauf

Paradoxerweise musste im Jahr 2020 fast ein Zehntel der Weltbevölkerung hungern, während jedes Jahr schätzungsweise ein Drittel der für den menschlichen Verzehr bestimmten Lebensmittel im Müll landet. Als ob es nicht schon genug Abfall auf der Welt gäbe. Daran sind nicht nur Restaurants oder große Hotels schuld. Auch zu Hause kommt es nicht selten vor, dass noch vollkommen genießbare Lebensmittel einfach weggeworfen werden. Das liegt zum einen am schlechten Einkaufsmanagement, zum anderen aber auch an der leichten Verfügbarkeit von Lebensmitteln, denn wir können alles überall und zu einem relativ günstigen Preis kaufen.

Lebensmittel und Ernährung sind für rund 26 Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich. Lebensmittel und Ernährung sind für rund 26 Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich. | Quelle: Poore, J., & Nemecek, T. (2018). Reducing food’s environmental impacts through producers and consumers. Science, 360(6392), 987-992.

Lebensmittelabfälle stehen nach den USA und China gleich an dritter Stelle als Verursacher von CO2-Emissionen. Die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) bezeichnet dies, im wahrsten Sinne des Wortes, als eine vergeudete Gelegenheit. Es ist aber auch eine Chance, den Hunger in der Welt zu verringern, und auch eine Möglichkeit, bei der Bewältigung der Klimakrise einen Schritt voranzukommen. Die Frage ist also nicht nur, was man isst, sondern auch, wie viele Lebensmittel man überhaupt einkauft, sodass man sie am Ende auch aufbrauchen kann.

Was wir essen, ist wichtig

Die Produktion jedes einzelnen Rohstoffs oder Lebensmittels belastet den Planeten mit einer bestimmten Menge an Kohlenstoffdioxid-Emissionen. Woher unsere Lebensmittel kommen, mit welchen Verkehrsmitteln sie transportiert werden und wie sie verpackt sind, hat weniger Einfluss auf diesen Kohlenstoffdioxid-Fußabdruck als die Art der Lebensmittel, die wir auswählen. Die Fülle der heute weltweit verfügbaren Daten zeigt eindeutig, dass die Produktion von pflanzlichen Lebensmitteln sehr viel weniger zum Co2-Fußabdruck beiträgt als die Produktion tierischer Nahrungsmittel. https://ourworldindata.org/food-choice-vs-eating-local Dies liegt zum Teil daran, dass die meisten Emissionen im Zusammenhang mit unserer Ernährung durch eiweißhaltige Lebensmittel entstehen, die wir vor allem als tierische Produkte kennen. Dabei handelt es sich hauptsächlich um Fleisch, Milchprodukte und Eier, die bei der großen Mehrheit der Europäer täglich auf dem Speiseplan stehen. Sehr anschaulich ist folgendes Beispiel: Um ein Kilogramm Rindfleisch zu erzeugen, braucht man bis zu 15.000 Liter Wasser und große Landflächen. Allein wenn wir Rindfleisch durch Schweine- oder Hühnerfleisch ersetzen würden, könnten wir unseren CO2-Fußabdruck erheblich verringern.
 

Rindfleisch ist eindeutig der Spitzenreiter bei der Erzeugung von Treibhausgasen, gefolgt jedoch von Käse und Milchprodukten. Deshalb versuchen immer mehr Menschen, Fleisch ganz aus ihrer Ernährung zu streichen oder es auf ein akzeptables Maß zu reduzieren. Bei der vegetarischen oder veganen Ernährungsweise ist weitgehend streng definiert, welche Lebensmittel erlaubt und welche verbotenen sind. Vegetarier*innen oder Veganer*innen verzichten also freiwillig auf die meisten tierischen Produkte in ihrer Ernährung, sei es aus ökologischen oder ethischen Gründen. Helfen sie dem Planeten auf diese Weise?

Offensichtlich ja. Wenn man eine Ernährung mit einem möglichst geringen CO2-Fußabdruck anstrebt, ist es immer besser, weniger Fleisch zu essen als Fleisch aus einer möglichst nachhaltigen Quelle. Den Daten zufolge hat selbst die Herstellung der „schlechtesten“ pflanzlichen Lebensmittel, wie Erbsen oder Tofu, letztlich einen geringeren Fußabdruck als die besten tierischen Quellen.

Man sollte aber die Augen auch nicht vor Zahlen verschließen, die Fakten zur Produktion von nicht-tierischen Rohstoffen wie Kaffee und Kakao aufzeigen. Obwohl es sich nicht um tierische Produkte handelt, ist ihre Herstellung ebenfalls ressourcenaufwändig und verursacht hohe Emissionen. So kommt es oft vor, dass selbst die gewissenhaftesten Veganer*innen in seiner Bilanz die durch Fleisch eingesparten Emissionen dann durch andere Luxusgüter doch noch ausstoßen – es sei denn, sie kennen die Zahlen dahinter und ziehen die entsprechenden Konsequenzen.

Welche Richtung einschlagen?

Die Weltbevölkerung wird in den kommenden Jahren wahrscheinlich weiter wachsen und jeder Mensch muss essen. Es ist also unumgänglich, dass wir unsere Ernährungsgewohnheiten ändern. Es muss gar nicht unbedingt das Ziel sein, unseren Planeten der Allesfresser in eine vermeintlich perfekte vegane Welt zu verwandeln. Ein realistischeres Szenario für die Gegenwart könnte ein Weg in der Mitte sein, der dann auch nachhaltiger ist. Während es für die einen besser ist, die Menge, Häufigkeit und bestimmte Fleischarten zu reduzieren, könnten andere ihre Lebensmittelabfälle minimieren. Auch das Konzept des Flexitarismus ist insgesamt viel nachhaltiger. Bei dieser Ernährungsweise liegt der Schwerpunkt auf der Reduzierung tierischer Quellen, während ein hoher Anteil an pflanzlichen Lebensmitteln verwendet wird. Man verzichtet also nicht völlig auf Fleisch, sondern isst es nur gelegentlich und achtet darauf, dass es von hoher Qualität ist.

Qualität vor Quantität

Unabhängig davon, für welche Ernährungsweise man sich entscheidet, sollte jede*r lernen, seine Ernährung abwechslungsreicher zu gestalten, findet der Gastroenterologe Ladislav Kužela. Er weist darauf hin, dass „es eine unbestreitbare Tatsache ist, dass der Verzehr einer möglichst großen Vielfalt an Obst, Gemüse, Samen, Vollkornprodukten, Nüssen und Hülsenfrüchten, das heißt der Verzehr möglichst vieler verschiedener Arten von pflanzlichen Lebensmitteln, nicht nur zum gesündesten Darmmikrobiom führt, sondern auch zu den positivsten gesundheitlichen Veränderungen".

Viele Mitteleuropäer scheinen jedoch zu glauben, eine Ernährung ausschließlich von Obst, Gemüse und Hülsenfrüchten sei nicht komplett oder nicht vollwertig. Sie glauben, dass es ohne Fleisch nicht möglich ist, alle Mikro- und Makronährstoffe aufzunehmen und den Körper mit den notwendigen Proteinen zu versorgen. Kužela zufolge aber kann auch „eine Ernährung ohne tierische Quellen alle Nährstoffe liefern. Das hat die Forschung wiederholt belegt. Ballaststoffe, welche die Grundlage einer pflanzlichen Ernährung bilden, sind komplex aufgebaute Kohlenhydrate. Nimmt man verschiedene Zuckermoleküle zusammen, erhält man Ballaststoffe, die im Gegensatz zu Zucker glücklicherweise nicht dessen Eigenschaften haben. Neben komplexen Kohlenhydraten enthalten Pflanzen auch Proteine, Fette, Vitamine und Mineralstoffe.“  Vor allem beim Eiweiß erfordert diese Ernährung also mehr Überlegung und Planung, aber der Experte sagt: „Pflanzliche Lebensmittel enthalten alle essenziellen Aminosäuren, und wenn man verschiedene pflanzliche Lebensmittel kombiniert, bekommt man sie auch in ausreichender Menge in den Körper.“
 
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Gesunder Körper, gesünderer Planet

Jede*r sollte die Kontrolle über seine Ernährung haben, unabhängig von den eigenen Zielen. „Die Qualität der Lebensmittel, die wir zu uns nehmen, ist äußerst wichtig. Deshalb sollten wir schon bei der Zusammenstellung unserer Ernährung auf die Gesamtqualität dessen achten, was wir auf unseren Teller legen. In den letzten Jahren hat die Ernährungsforschung gezeigt, dass es einen eindeutigen Zusammenhang zwischen der Qualität von Lebensmitteln und dem Risiko von Krankheiten wie Typ-2-Diabetes, Fettleibigkeit, bestimmten Krebsarten und Herz-Kreislauf-Erkrankungen gibt", erklärt Kužela und verweist dabei insbesondere auf vorgefertigte Lebensmittel. Diese sind in großen Mengen wirklich problematisch für den menschlichen Körper.

Das gilt auch für den Umweltaspekt. Schon die Fleischproduktion allein verursacht große Mengen an Emissionen. Verarbeitete Fleischprodukte belasten sowohl den Körper als auch den Planeten noch stärker. Wenn man seine Ernährung umstellt, ist das also ein Plus für die eigene Gesundheit und es hilft unserem Planeten. „Die Empfehlung ist ganz einfach: Wir sollten verarbeitete Lebensmittel durch solche ersetzen, die unser Darmmikrobiom ‚glücklich‘ und die Menschen gesünder machen. Das bedeutet, mehr Obst, Gemüse, Nüsse und Vollkornprodukte statt verarbeiteter Lebensmittel zu essen. Wenn die Menschen anfingen, dies auch nur teilweise zu beherzigen, könnten sie nicht nur eine größere Vielfalt an Lebensmitteln und Geschmäckern genießen, sondern auch die daraus resultierenden gesundheitlichen Vorteile", fügt Kužela hinzu.

Der Gastroenterologe Ladislav Kužela Der Gastroenterologe Ladislav Kužela | Foto: © privat

Ernährung ist ein Teil des Puzzles, das es zu lösen gilt

Klimaforscher und Umweltschützer sind sich einig, dass die Reduzierung der Emissionen aus der Lebensmittelproduktion eine der größten Herausforderungen der kommenden Jahre sein wird. Ladislav Kužela ist der Meinung, dass „es nicht wichtig ist, jetzt Veganer, Vegetarier oder Anhänger der ketogenen Diät zu werden. Wichtig ist, dass wir jede einzelne Mahlzeit, oder zumindest den größten Teil davon, aus Lebensmitteln zubereiten, die nachweislich gut für unsere Gesundheit sind. Nach heutigem Kenntnisstand können wir nicht sagen, ob eine Ernährung, die zu 85 Prozent aus Pflanzen besteht, besser oder schlechter für den menschlichen Organismus ist, als eine Ernährung, die zu 100 Prozent aus Pflanzen besteht. Diese relativ große Bandbreite lässt den Menschen jedoch mehr Auswahl. So kann jede*r mit einer ausreichenden Zufuhr möglichst vieler verschiedener pflanzlicher Produkte auf den eigenen Speiseplan kommen  und sich den Teller mit dem füllen, was ihm oder ihr am Herzen liegt und am Gaumen mundet." Für Menschen, die eine konventionelle Ernährung gewohnt sind, kann es dabei einfacher sein, einen flexiblen Weg einzuschlagen, als radikal auf tierische Produkte zu verzichten.

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