Idealismus ist auch dabei
Warum Menschen sich für eine Non-Profit-Tätigkeit entscheiden
Junge Menschen studieren einen Wirtschaftsstudiengang, ohne danach das große Geld verdienen zu wollen. Eine Betriebswirtschaftlerin gründet ein Unternehmen, das auf Profitlosigkeit setzt. Alles Gutmenschen? Eine Annäherung an das Phänomen Non-Profit.
Zu den vielen Fächern, die man an der Berliner Hochschule für Wirtschaft und Recht (HWR) studieren kann, zählt der sehr spezifische Masterstudiengang „Non-Profit-Management und Public Governance“, kurz MANGO. Was das Fach von einem traditionellen Betriebswirtschaftsstudium unterscheidet? Vor allem die Studierenden, die es wählen.
„Die Inhalte des MANGO-Studiengangs sind einem herkömmlichen BWL-Studium viel ähnlicher als es oft erwartet wird. Die Motivation der Studierenden scheint mir hingegen oft eine andere zu sein. Die meisten bringen viel Erfahrung im Non-Profit-Bereich oder Ehrenamt mit und studieren durchaus mit dem Ziel, etwas ‚Gutes‘ zu tun. Idealismus ist da auf jeden Fall dabei“, sagt der Wirtschaftsprofessor Robert Knappe.
Auch im Non-Profit-Sektor verdient man gutes Geld
Die HWR, die den Studiengang zusammen mit der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) anbietet, ist nicht der einzige Standort in Deutschland, an dem man Non-Profit-Management studieren kann. Trotzdem gibt es jedes Jahr viel mehr Bewerber als Studienplätze. Allein am idealistischen Antrieb junger Menschen liegt das natürlich nicht. „In den letzten Jahren hat eine massive Professionalisierung dieses Bereichs stattgefunden“, erklärt Knappe. Auch die Einführung des MANGO-Studiengangs im Jahr 2009 sei dafür ein Beleg. „Und man darf eines nicht vergessen: Im Bereich der öffentlichen Verwaltung, die wir ebenfalls im Non-Profit-Sektor verorten, gibt es auch sehr lukrative Leitungspositionen.“
Es sei allerdings lediglich eine Minderheit, die nach dem Studium in der öffentlichen Verwaltung unterkommen wolle, sagt Carsten Wulff, der in seinem Jahrgang studentischer Sprecher des MANGO-Studiengangs ist. „Die meisten von uns haben sehr konkrete Zukunftsvorstellungen, was auch daran liegt, dass viele genau da arbeiten wollen, wo sie sich schon seit langem engagieren, sei es bei Organisationen wie Ärzte ohne Grenzen oder im kulturellen Sektor.“
Was in Deutschland nach einem Modewort klingt, bildet in anderen Ländern schon lange einen eigenen Markt, vor allem im angelsächsischen Raum. Als Claudia Bick im Jahr 1992 ihr BWL-Studium mit einer Diplomarbeit über Non-Profit abschloss, galt sie als Exotin. Trotzdem ging sie zunächst den klassischen Weg einer Betriebswirtschaftlerin, arbeitete in den USA und Großbritannien. Dort begegneten ihr just jene Konzepte in der Praxis, mit denen sie sich in ihrer Diplomarbeit auseinandergesetzt hatte. „Mich hat das Prinzip Non-Profit schon immer begeistert“, sagt Bick.
Nebenjob Non-Profit
Im November 2013 erfüllte sie sich einen Traum. Mit der Unterstützung von zwei Kolleginnen gründete sie den non-profit-basierten Laden berlin for berlin in Berlin-Mitte, dessen Konzept so einfach wie außergewöhnlich ist: Die Ladeninhaberin kauft– hauptsächlich regionale – Produkte, die sie etwas günstiger vom Hersteller erhält, aber zum handelsüblichen Preis verkauft. Die Differenz zwischen dem vergünstigten Einkaufspreis und dem Verkaufspreis geht als Spende an eine von drei Berliner Initiativen, die mit dem Laden kooperieren. Welche Initiative sie unterstützen möchten, entscheiden die Kunden selbst. Die Spendenkassen können sie einsehen, nähere Informationen über die drei Initiativen erleichtern die Entscheidung, wer der Nutznießer sein soll. „Wir kooperieren nur mit Organisationen, deren Arbeit wir sehr gut kennen und für deren Seriosität wir garantieren können“, betont Claudia Bick.
Sie und ihre Kolleginnen betreiben das Geschäft ehrenamtlich, neben den Jobs, mit denen sie sich den Lebensunterhalt finanzieren. „Um ein Business dieser Art in Deutschland auf die Beine zu stellen, muss man sich den Freiraum dafür erst schaffen“, sagt Bick. Die Motivation dafür erhalte sie aber ständig von Kunden und Kooperationspartnern. „Wir bekommen unglaublich viel von dem, was wir an Zeit investieren, zurück, weil die Leute unser Konzept toll finden.“ So etwa von der Goldschmiedin, die für berlin for berlin eine limitierte Kettenkollektion kreiert hat oder der Künstlerin, die Produkte eigens für den Laden gestaltet. Bick glaubt, dass das Engagement eine Reaktion auf das non-profit-basierte Prinzip des Ladens ist. „Dass die Leute von sich aus auf uns zu kommen, hat auch damit zu tun, dass sie wissen, dass wir damit kein Geld verdienen wollen.“