Leben

Hahaha...

Foto: Lisle Boomer, CC BY-ND 2.0

Lachen ohne Grund

Foto: Lisle Boomer, CC BY-ND 2.0
Lachyoga in Bangalore, Indien, Foto: Lisle Boomer, CC BY-ND 2.0

Menschen, die in einem Kreis über- oder nebeneinander liegen, einen Elefantenrüssel machen, klatschen, lachen und damit nicht mehr aufhören können – Lachyoga wirkt für Außenstehende etwas sonderbar. Aber wenn man mitmacht, kommt man langsam aber sicher hinter Sinn und Zweck der Übungen. Ein Lachyoga-Selbstversuch.

Trotz aller Recherche im Internet, habe ich keine Ahnung, was mich wirklich erwartet, als ich mit rutschfesten Socken im Gepäck in einen großen, leeren Raum gehe. Ich bin ein Lachyoga-Neuling und habe im Gegensatz zu den anderen Teilnehmern noch nie unter Anleitung gelacht. Ich weiß nur, dass irgendwann alle herum hüpfen und lachen. Das habe ich auf Youtube gesehen.

Meine erste Lachyogastunde beginnt jedoch zuerst mit einem sogenannten Lacher ohne Grund und einem Lachwalzer. Schon lachen wir – ganz natürlich. Es ist ja auch ein komisches Bild, wenn ein Haufen Erwachsener in Jogginghose, Schlabber-T-Shirt und mit rutschfesten Socken durch den Raum tanzt. Doch das Lachen über etwas oder jemanden ist nicht der Sinn der Sache, hat Lachtrainerin Ellen Müller zuvor erklärt. „Wir lachen über uns und miteinander, bedingungslos und ohne Grund.“

Lachyoga kommt aus Indien und ist eine Form des Yoga, bei der das bedingungslose Lachen im Vordergrund steht. Die Übungen sind eine Mischung aus Klatsch-, Dehn- und Atemübungen sowie schauspielerischen Elementen, die zum Lachen anregen sollen. Aus einem anfangs willentlichen Lachen soll ein spontanes Lachen werden. „Fake it until you make it“ ist das Motto, um eine positivere Grundstimmung im Leben zu erlangen, um noch besser mit den Herausforderungen des Alltags umgehen zu können.

Männer sind eher kopfgesteuert

Nach einer kurzen Verschnaufpause geht es weiter. Dem Nikolauslachen folgt das Löwenlachen und auch der Affe kommt an die Reihe. Zwischendurch lockern wir uns mit Klatschen und „Ho Ho Ha Ha Ha“-Rufen auf. „In der Gruppe lacht es sich leichter“, ist Ellen Müller überzeugt. Und es stimmt: Spätestens nachdem mein Gegenüber einen Lachanfall bekommen hat, konnte auch ich damit nicht mehr aufhören. Trotzdem war mir manchmal nicht nach Lachen zumute, alles schien mir zu aufgesetzt, vieles zu absurd. Ich konnte nicht frei lachen, ich musste so tun als ob.

Dr. Kataria, der Erfinder desLachyoga, beim Lachclub in Mumbai

„Lachyoga ist eine mentale Auszeit. Weg vom Kopf in den Bauch, ist das Ziel“ erklärt Müller, die ihre Ausbildung bei Dr. Kataria, dem Gründer der Lachyogabewegung, absolviert hat. „Man kann nicht gleichzeitig lachen und denken. Daher ist Lachen die schönste Form der Meditation, denn beim Lachen ist man sofort im Nichtverstand“, sagt Müller weiter. Die Selbstheilungskräfte des Körpers und die Selbstorganisationskräfte des Geistes würden unmittelbar aktiviert werden.

Die Menschen generell, aber vor allem Männer seien eher kopfgesteuert und ließen sich mehr von ihrem Intellekt leiten. Deshalb sind überwiegend Frauen in ihren Lachclubs, vermutet Müller. „Das ist bei allen persönlichkeitsbildenden Seminaren so“, sagt sie und lacht laut auf.

Müller hat Lachyoga entdeckt, als sie auf der Suche nach Alternativen war, um mit chronischen Schmerzen umzugehen. Beim Lachen würden schmerzstillende und entzündungshemmende Substanzen aktiviert und die Muskulatur gelockert. „Außerdem verändert man seine Sichtweise – nämlich weg vom Schmerz, hin zur Freude“, ist sich Müller sicher. 2005 hat sie die Vienna Academy of Laughter gegründet.

Lachen, tanzen, singen – das lässt Endorphine springen

Katharina lacht seit mehr als zwei Jahren regelmäßig bei verschiedenen Lachclubs. „Mir ist es schlecht gegangen, ich hatte nicht viel zu lachen. Eine Therapeutin hat mir dann Lachyoga empfohlen. Heute bin ich süchtig danach und mir geht es wieder gut“, sagt die Gärtnerin, die für dieses Lachtreffen extra ihre Weihnachtsfeier verkürzt hat.

In der Gruppe mit 15 Personen, alle geschätzt älter als 35 Jahre, sind auch drei Männer. Thierrys Lachen ist für mich am ansteckendsten. Warum er Lachyoga macht, weiß er nicht genau. „Ich habe immer gerne und laut gelacht. Meine Familie hat mich oft gerügt, auch in der Schule habe ich zu viel gelacht. Hier darf und muss man lachen, wie und solange man will“, sagt er. Manches davon nimmt er auch für seinen Alltag als Kommunikationstrainer mit.

Nach verschiedenen weiteren Lachübungen tanzen wir wieder durch den Raum und singen gemeinsam, denn „lachen, tanzen, singen – das alles lässt Endorphine springen und Endorphine sind Glücksbotenstoffe, die für unser Wohlbefinden und Entspannung sorgen“ motiviert uns unsere Lachtrainerin. Zum Abschluss liegen wir auf dem Boden. Begleitet von Musik lachen wir – einfach so, Schulter an Schulter. Manche summen oder singen zu Elvis-Songs mit, andere strecken die Füße in die Luft und haben vor lauter Lachen schon einen roten Kopf. Ich liege etwas hilflos dazwischen, ich schaffe es in dieser Situation nicht, „einfach so“ zu lachen. Damit endet eineinhalb Stunden und ein verschwitztes T-Shirt später meine erste Lachyoga-Stunde.

Es ist mir nicht gelungen, mich auf alles einzulassen. Mein Kopf hat vermutlich zu viel mitgeredet. Da Lachyoga nicht selbsterklärend ist, empfiehlt Ellen Müller zuvor einen Lachyoga-Workshop zu absolvieren, indem die Theorie dahinter kommuniziert wird, bevor man an verschiedenen Lachclubs teilnehmen kann. Dann sollte auch das Loslassen des Intellekts und das „Lachen ohne Grund“ kein Problem mehr sein.


Copyright: Goethe-Institut Prag
Mai 2013

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