„Wir Menschen haben die Wahl. Die Tiere nicht!“
Junge Tierschützer kämpfen gegen Tierhaltung in Zirkussen
„Kein Tier tritt freiwillig im Zirkus auf“, glauben Philip Kossack und Peter Jablonski von der Grünen Jugend der Stadt Rotenburg/Wümme. Gemeinsam mit ein paar Gleichgesinnten kämpfen sie gegen die nicht artgerechte Haltung von Zirkustieren.Mit einem Trommelwirbel wird er erwartet, mit donnerndem Applaus begrüßt: Der Elefant ist der heimliche Star in jeder Zirkusshow. Stampfend wälzt er sein Körpergewicht von mehreren Tonnen durch die Manege, hebt mit dem Rüssel schwere Gegenstände auf und balanciert am Ende sogar auf den Hinterbeinen. Das Orchester spielt einen Tusch und im Publikum brandet tosender Applaus auf. Alle sind gut drauf – bis auf den Elefanten. Dem macht das gelungene Kunststück nämlich überhaupt keinen Spaß. Bis hin zum gekonnten Balanceakt ist es für ihn ein langer Weg, der nicht ohne Zwang und Schmerzen abgeht. „Kein Tier tritt freiwillig im Zirkus auf“, glauben Philip Kossack und Peter Jablonski von der Grünen Jugend der Stadt Rotenburg/Wümme. Gemeinsam mit ein paar Gleichgesinnten kämpfen sie gegen die nicht artgerechte Haltung von Zirkustieren.
Exotische Großtiere sind nach wie vor ein echter Publikumsmagnet, manch ein Zirkusgast besucht die Show nur, um einen Elefanten live und in Lebensgröße zu sehen oder zuzuschauen, wie ein Löwe durch brennende Reifen springt. All das entspricht aber nicht dem natürlichen Verhalten der Tiere, wissen Philip und Peter. Dabei beziehen sie sich auf Informationen der PETA Deutschland e.V., einer Organisation, die sich dem Tierschutz verschrieben hat.
Verhaltensstörungen durch Käfighaltung
Bereits bei der Haltung beginnen die Probleme: Das deutsche Tierschutzgesetz sieht vor, dass jeder, der sich ein Tier hält, dieses seinen Bedürfnissen entsprechend unterbringen muss. Für Elefanten bedeutet das viel Auslauf und Kontakt zu anderen Elefanten. Löwenrudel in Freiheit durchstreifen Reviere von bis zu 400 Quadratkilometern. Käfighaltung, der Transport in engen LKWs und regelmäßige Auftritte vor Publikum sind dementsprechend alles andere als artgerecht, besonders bei Elefanten. Um einen Koloss von mehreren Tonnen Körpergewicht überhaupt zu etwas zu zwingen, das er eigentlich gar nicht will, kommen sogenannte Elefantenführer zum Einsatz: Hierbei handelt es sich um lange Stöcke mit einem oder zwei Dornen an der Spitze. Diese können sowohl dazu eingesetzt werden, um das Tier mit den Dornen zu stechen oder um es mit der Breitseite zu schlagen. Manchmal wird auch zum Elektroschocker gegriffen. „Irgendwann genügt dann nur noch ein Blick auf die entsprechenden Geräte, und das Tier tut brav, was man von ihm verlangt“, sagt Philip.
Durch die Käfighaltung entwickeln viele Tiere schwere Verhaltensstörungen. Raubkatzen trotten stundenlang an den Gitterstäben entlang, Elefanten schaukeln ständig auf der Stelle hin und her. Diese Auffälligkeit wird von Elefantenexperten als „weben“ bezeichnet und gilt als sicheres Zeichen dafür, dass es den Tieren nicht gut geht.
Wohin mit den Zirkustieren?
Wenn das Leid der Tiere derart offensichtlich ist, wieso wird dann nicht unverzüglich etwas unternommen? „Zunächst muss bewiesen werden, dass die Tiere misshandelt werden“, erklärt Philip, „und diese Misshandlung geschieht natürlich nicht so offensichtlich, dass sofort Anzeige erstattet werden kann.“ Weitere Probleme gibt es, weil Zirkusse oft nicht lange genug an einem Ort bleiben, um rechtliche Schritte einzuleiten. „Wenn Unzulänglichkeiten festgestellt werden, dann bricht der Zirkus buchstäblich seine Zelte ab und zieht in eine andere Gemeinde um, und schon ist wieder eine andere Behörde zuständig“, so Philip.
Weiterhin werden Großtiere vor allem deshalb oft nicht beschlagnahmt, weil man nicht weiß, wohin mit ihnen. Eine Katze kann man rasch im Tierheim „zwischenlagern“, bei Elefanten funktioniert das natürlich nicht. In der Regel werden die Tiere dann in Zoos untergebracht, doch auch die können nur eine begrenzte Menge aufnehmen. Auswildern ist unmöglich: Wenn ein Tier sein ganzes Leben in Gefangenschaft verbracht hat, ist es in der freien Wildbahn nicht mehr lebensfähig. Daher ist das Interesse der Tierschützer auch eher auf die Zukunft gerichtet: „Den Tieren, die jetzt noch in Zirkussen leben, kann man nicht mehr helfen“, bedauert Peter, „aber es soll verhindert werden, dass neue Großtiere angeschafft werden.“
Zirkus? Ja, aber ohne Großtiere!
„Wir sind nicht grundsätzlich gegen Zirkusse“, betonen Peter und Philip. „Und wir wollen auch niemandem unterstellen, dass er seine Elefanten misshandelt, weil es ihm Spaß macht. Wahrscheinlich hält jeder seine Tiere so artgerecht wie möglich. Aber das ist eben nicht genug.“
Die jungen Tierschützer in Rotenburg haben bereits eine Demo organisiert, Unterschriften gesammelt und wollen auch andere für ihr Anliegen gewinnen: „Wenn niemand mehr einen Zirkus besuchen würde, in dem Tiere zum Auftritt gezwungen zu werden“, so glauben sie, „dann gäbe es bald keine solchen Auftritte mehr. Wir Menschen haben die Wahl. Die Tiere nicht!“