Monster unter dem Bett

Foto (Ausschnitt): Sarah Laval, CC BY 2.0Foto (Ausschnitt): Sarah Laval, CC BY 2.0

Der Klassiker unter den Kindheitsängsten: Monster unter dem Bett. Foto (Ausschnitt): Sarah Laval, CC BY 2.0

Dunkelheit, Zombies im Keller, fiese Aliens oder der Klassiker, die berühmten „Monster unter dem Bett“: solche typischen Kindheitsängste legen sich meistens im Laufe der Zeit. Aber das bedeutet noch lange nicht, dass Erwachsene sich vor nichts mehr fürchten.

Sechs junge Leute holten ihre (verdrängten?) Kindheitsängste aus den Tiefen des Unterbewusstseins und verglichen sie mit dem, was ihnen heute Angst oder zumindest Sorgen bereitet. Dabei stellten sie sich auch die Frage, ob es als Kind nicht sogar mitunter einfacher war: Würde manch einer vielleicht sogar die gute alte Angst vor Monstern unter dem Bett zurück haben wollen, wenn er dadurch die Furcht vor (realistischen?) Zukunftssorgen loswerden könnte?

Dennis P., 21 Jahre, Werkstoffprüfer

Janika Rehak

Daennis P. © Janika Rehak
Als Kind hatte ich totale Panik vor Gewitter – und daran gebe ich meinen Eltern die Schuld. Ich erinnere mich noch gut daran, dass ich mal mitten in der Nacht vom Donner aufgewacht bin. Wie alt ich da war, weiß ich nicht mehr genau, auf jeden Fall aber noch ziemlich klein. Ich bin panisch durchs ganze Haus gelaufen und habe nach meinen Eltern gesucht, habe aber niemanden gefunden. Meine lieben Eltern standen nämlich auf der Terrasse und haben sich total fasziniert das Naturschauspiel angeschaut.

Heute habe ich zwar nicht mehr direkt Angst vor Gewitter, aber ich kann nach wie vor nicht schlafen, wenn es blitzt und donnert.

Davon abgesehen mache ich mir manchmal schon Gedanken um die Zukunft. Ich habe zwar einen relativ sicheren Job, aber man weiß ja nie, was da kommt. Man hört ja immer wieder, dass auch große Unternehmen Probleme haben. Das beschäftigt einen dann schon, auch wenn es einen nicht direkt betrifft. Also, wenn ich die Wahl hätte, dann hätte ich lieber Angst vor Spinnen oder so was.

Lea P., 16 Jahre, Schülerin

Früher hatte ich die ganz klassische Angst: Monster unter dem Bett. Ich glaube, davor fürchtet sich so ziemlich jedes Kind.

Heute mache ich mir eher Sorgen, dass ich mein Abitur nicht schaffe. Oder dass ich es zumindest nicht gut genug mache und dann nicht den Ausbildungsplatz bekomme, den ich gerne hätte oder nicht das Studium machen kann, das ich mir wünsche.

Eintauschen würde ich diese Ängste nicht. Die Monster unter dem Bett sind ja, mit ein bisschen Abstand betrachtet, total unrealistisch, Zukunftssorgen dagegen durchaus realistisch.

Jan M., 24 Jahre, Student

Jan M. © Janika Rehak

Jan M. © Janika Rehak
Wovor ich früher Angst hatte? Ganz klar: Dunkle Keller. Keine Ahnung, wie ich darauf gekommen bin. Witzigerweise wohnten wir, als ich noch klein war, in einer Mietwohnung im zweiten Stock und hatten demzufolge gar keinen Keller. Na gut, das Haus hatte schon einen, aber erstens war der nicht dunkel und zweitens schickt man einen Fünfjährigen ja auch nicht nach unten, um mal eben Bier zu holen.

Und heute? Angst vor Krankheiten. Die Vorstellung, dass ich mir irgendwann mal etwas richtig Fieses einfange ist der absolute Horror für mich. Ich bin aber auch ein furchtbarer Hypochonder: Ich muss nur irgendwas über eine Krankheit lesen, dann horche ich die ganze Zeit in mich hinein und bilde mir alle möglichen Symptome ein.

Ich würde das sofort gegen meine alte Kindheitsangst eintauschen. Wenn ich dafür die Garantie kriege, dass ich niemals schwer krank werde, dann würde ich mit Vergnügen wieder Angst vor dunklen Kellern haben. Da muss ich ja nicht reingehen, wenn ich nicht will.

Jesper L., 23 Jahre, Student

Jasper L. © privat

Jasper L. © privat
Ich glaube, ich war ein sehr ungewöhnliches Kind, ich hatte nämlich sehr lange vor gar nichts Angst. Das kann erst, als ich etwa neun oder zehn Jahre alt wurde: Da mochte ich plötzlich keine engen Räume mehr. Ob es dafür eine Ursache gibt, weiß ich nicht, zumindest kann ich mich an kein Schlüsselerlebnis erinnern. Ja, also eindeutig enge Räume. Das ist heute auch noch so.

Und außerdem hatte ich als Kind Angst vor Flammen, die unerwartet irgendwo herkommen. Klingt eigenartig, ich weiß, aber dazu gibt es eine Geschichte: Ich bin nämlich als Kind mal auf die glorreiche Idee gekommen, ein kaputtes Feuerzeug in den Mülleimer zu schmeißen, und ein brennendes Streichholz hinterherzuwerfen. Ich wollte einfach mal sehen, was dann passiert. Komischerweise ist aber erst mal gar nichts passiert. Also hab ich mich an den Eimer herangepirscht und dann reingeguckt. Und gerade, als ich den Kopf wieder weggezogen habe, kam mir plötzlich eine riesige Stichflamme entgehen. Da hab ich ein Riesenglück gehabt: Eine Sekunde später und man würde das meinem Gesicht wohl heute noch ansehen.

Diese Ängste gegen irgendwas einzutauschen macht eigentlich keinen Sinn: Das Unwohlsein bei engen Räumen habe ich im Griff. Ich mag Fahrstühle zwar nicht besonders, kriege aber keine Panikattacken, wenn ich sie benutzen muss. Bevor ich zu Fuß in den zwanzigsten Stock laufen muss, reiße ich mich eben zusammen.

Und die Sache mit den Streichhölzern war mir eine Lehre fürs Leben: So bescheuerte Aktionen habe ich seitdem nie wieder gebracht.

Jannis R., 16 Jahre, Schüler

Also, ich habe Angst vor Sachen, die es eigentlich nicht gibt, dies es aber theoretisch geben könnte: Aliens zum Beispiel. Oder Zombies. Obwohl die Sache mit den Zombies eher ein Produkt meiner zu regen Fantasie ist. Ich glaube nicht, dass es die gibt. Aber bei Aliens ist das was anderes: Da gibt es ja keine Garantie, dass uns nicht irgendwann mal jemand aus einer fremden Galaxis besuchen kommt und dann keine guten Absichten hat. Ich fürchte, ich schaue einfach zu viele Horrorfilme. (lacht). Wenn man dann abends im Dunkeln noch mal mit dem Hund raus muss, dann wird einem schon manchmal ein bisschen mulmig.

Als Kind hatte ich das aber nicht. Da hab ich ja logischerweise auch noch keine Horrorfilme geschaut. Vor Monstern unter dem Bett habe ich mich aber nie gefürchtet. Mein Bettkasten ging nämlich bis zum Boden. Da wusste ich ziemlich genau: Selbst wenn da unten Monster wären, dann kämen sie nicht raus.

Foto (Ausschnitt): Transformer18, CC BY 2.0

Auch „beliebt“: Die Angst vor der Dunkelheit. Foto (Ausschnitt): Transformer18, CC BY 2.0

Finn B., 16 Jahre, Schüler

Kindheitsängste? Dunkelheit, Monster unter dem Bett, der Standardkram halt. Ängste jetzt: Ich habe ziemliche Angst vor dem offenen Meer. Sobald ich das Ufer oder den Grund nicht mehr sehen kann, wird es unangenehm. Ich weiß nicht genau, woran das liegt. Ich glaube, ich habe mal einen Film gesehen, der mit dem Thema zu tun hatte. Und da dachte ich mir: Mit diesen Leuten da möchte ich gerade auf keinen Fall tauschen.

Ansonsten vielleicht noch Spinnen. Mehr würde mir so auf Anhieb nicht einfallen.

Ob ich meine Kindheitsängste gegen meine jetzigen eintauschen wollen würde? Ein ganz klares „Nein!“. Die Ängste die ich jetzt habe, kann ich einfach umgehen. Habe ich Angst vor dem offenen Meer, dann schwimme ich da eben nicht hin. Spinnen kann man genauso meiden. Mit den Kindheitsängsten ist das etwas anderes, da diese viel mehr eine Sache der Vorstellung sind als die Angst vor etwas Realem. Man kann nicht einfach sagen: Denk nicht an die Monster unter deinem Bett. Dann denkt man ja erst recht dran.

Natalia H., 19 Jahre, Auszubildende

© privat

Natalia H. © privat
Als Kind hatte ich ziemliche Angst davor, dass unser Haus abbrennt. Wir hatten eine Wendeltreppe aus Holz und meine Zimmertür lag dieser am nächsten. Ich habe mich immer davor gefürchtet, dass es anfängt zu brennen, und ich am Ende vielleicht nicht mehr rauskomme.

Außerdem hatte ich Angst davor, dass meine Eltern plötzlich verschwinden. Es gibt es so ein Buch, das heißt Level 4 – Stadt der Kinder. Da sind plötzlich alle Erwachsenen weg und die Kinder sind auf sich allein gestellt.

Heute habe ich eher Angst vor der Zukunft. Mit meiner Ausbildung bin ich nicht so glücklich und meine schulischen Leistungen sind auch nicht gut. Am liebsten würde ich die Ausbildung ganz abbrechen und etwas völlig anderes machen, aber mir fehlt eine Alternative. Deswegen fühle ich mich momentan ein wenig verloren.

Trotzdem möchte ich das nicht gegen meine Kindheitsängste eintauschen. Als Kind ist man den Problemen hilflos ausgesetzt, als Erwachsener kann man aktiv etwas dagegen tun. Auch wenn ich in meinem Fall gerade noch nicht weiß, wie es mit meinem Leben weiter geht, weiß ich doch aus Erfahrung: Es geht auf jeden Fall weiter. Irgendwie.

Aufgezeichnet von Janika Rehak

Copyright: Goethe-Institut Prag
Mai 2013

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