„Il Sud è Niente“: Wer sagt, dass Italien ein Land für die Alten ist?

© B24/MadakaiMiriam Karlkvist in „Il Sud è Niente“ | © B24/Madakai
Miriam Karlkvist in „Il Sud è Niente“ | © B24/Madakai

Der italienische Regisseur Fabio Mollo erzählt in seinem Debütfilm „Il Sud è Niente“ vom Süden – ehrlich und mit großer emotionaler Verve.

Pietro, der Bruder der 18-jährigen Grazia (Miriam Karlkvist) ist verschwunden. Und mit dem Verlust von Pietro hat Grazia zugleich auch ihre Weiblichkeit verloren. Ihr Körper und ihr Gesicht haben plötzlich androgyne Züge angenommen, als wollten sie dadurch die Lücke füllen, die der ihre Entwicklung so wichtige Bruder hinterlassen hat. Grazia lebt in einem apathischen und mafiösen Süden, in dem Verbrechen beharrlich verschwiegen werden.

„Dein Bruder ist nach Deutschland ausgewandert“, versichern ihr der Vater und die Großmutter. Die junge Frau spürt jedoch, dass die Wahrheit anders aussieht, und macht sich auf die Suche nach Pietro – eine körperliche und geistige Suche zugleich, die sie in ihrem Entwicklungsprozess begleitet und ihre Weiblichkeit neu entdecken lässt.

Das ist der Ausgangspunkt von Il Sud è niente (South is nothing), dem Erstlingsfilm des italienischen Regisseurs Fabio Mollo (33). Ein intensiver und mitreißender Film, der bei der Berlinale 2014 sein europäisches Debüt feiert, nachdem er in Italien von der Kritik hochgelobt wurde.



Die Hauptdarstellerin Miriam Karlkvist (21), eine schwedisch-stämmige, italienische Schauspielerin, wurde von der Jury als einer der Shooting-Stars 2014 und damit als eines der zehn vielversprechendsten jungen Gesichter des internationalen Kinos gewürdigt. Eine große Anerkennung für eine junge Frau, die noch vor zwei Jahren nie daran gedacht hätte, Schauspielerin zu werden.

„Wir haben Grazia in ganz Italien gesucht“, erzählt Regisseur Fabio Mollo. „Wir wollten eine junge Frau mit maskulinen Zügen, die aber zugleich die komplexe dramaturgische Entwicklung der Figur ausdrücken kann."

„Am Ende sind wir bei einem street casting in Gebbione, in dem Viertel von Reggio Calabria, in dem ich geboren und aufgewachsen bin, auf sie gestoßen. Sie kam zufällig mit ein paar Freunden vorbei und hat eigentlich nur zum Spaß eine Probeaufnahme gemacht. Dabei haben wir ihr großes Potenzial entdeckt, das wir auf keinen Fall ungenutzt lassen wollten.“

Hinter der Entstehung von Il Sud è Niente steht die Berlinale selbst, die 2008 Mollos Kurzfilm Giganti zeigte, sozusagen eine embryonale Fassung des heutigen Films. Das Projekt für den Kinofilm wurde 2011 beim Talent Project Market vorgestellt und daraufhin vom kalabresischen Regisseur in Zusammenarbeit mit zwei französischen Produzenten realisiert.

„Die Berlinale ist das Festival, das am meisten zu meiner beruflichen Entwicklung beigetragen und am meisten an mich geglaubt hat“, erzählt Fabio. „Hierfür ausgewählt zu werden ist für mich mehr als ein Wunder. Als ich davon erfahren habe, bin ich in Tränen ausgebrochen.“

Valerio Bassan
bloggt für Goethe.de/Italien von der Berlinale.

Übersetzung aus dem Italienischen von Bettina Gabbe
Copyright: Goethe-Institut Italien
Februar 2014

    Valerio Bassan wurde 1986 geboren und lebt heute als Journalist in Berlin und Mailand. Er hat mit Il Mitte die erste Online-Zeitung für Italiener in Deutschland gegründet, die es als Berlin- und Frankfurt-Ausgabe gibt. Er arbeitet mit Linkiesta, Pagina 99, The European und Harper’s Bazaar zusammen. 2013 brachte er das E-Book Tutta un’altra notizia heraus, das die Zukunft des Journalismus thematisiert.