Geschmäcker sind verschieden

Foto: Sheila Sund, CC BY 2.0Foto: Sheila Sund, CC BY 2.0
Pudding: Im Norden Europas mag man eher Vanille, im Süden eher Schokolade. Foto: Sheila Sund, CC BY 2.0

Wackelpudding, Waldmeister, Tvaroh und Tatranka. Jedes Land hat seine speziellen Vorlieben, wenn es ums Essen geht. Aber was macht Geschmack aus und was essen Deutsche und Tschechen am liebsten?

„Du bist, was du isst“, lautet ein deutsches Sprichwort. Essen ist Identität, über Gerichte definieren sich Kulturen. Kochen und Backen sind Traditionen, die über Generationen weitergegeben werden. Und jedes Land hat seine Spezifika. „Beim Essen und Trinken hört die Globalisierung auf“, weiß Dr. Claus Günther, Leiter der Forschungs- und Entwicklungsabteilung für Nährstoffe bei Dr. Oetker. Seit Jahren widmet er sich den Geschmäckern der Welt und entwickelt anhand von Geschmacksforschungen landesspezifische Rezepte für die Produkte der Firma. Bei Dr. Oetker wird regional, an die Geschmäcker angepasst, produziert. So schmeckt der Pudding in Tschechien schon mal anders als der in Deutschland. „Tschechen mögen aromatisiertere, im Geschmack etwas stärkere Produkte“, sagt Zdeněk Kvinta, Marketingleiter für Dr. Oetker in Tschechien und der Slowakei: „Wir stellen unsere Produkte extra für den tschechischen Markt her und auch nur das, was sich gut verkauft.“

Salami oder Schinken, Vanille oder Schokolade

„Der Geschmack der Deutschen und der Tschechen ist jetzt auch nicht so verschieden, da sie Nachbarländer sind und eine ähnliche kulinarische Geschichte haben. Der Geschmack unterscheidet sich eher zwischen Nord- und Südeuropa. Es gibt aber auch zwischen Deutschland und Tschechien einige kleine Unterschiede“, merkt Kvinta an. Waldmeister und Wackelpudding gehören zu den Produkten, die Tschechen im Regal stehen lassen, wohingegen die Deutschen oder die Polen die Götterspeise mit Waldmeistergeschmack mit Vorliebe löffeln.

Foto: © privat
Zdeněk Kvinta, Marketingleiter für Dr. Oetker in Tschechien und der Slowakei, Foto: © privat

Die Tschechen mögen dafür jede Menge Süßigkeiten mit Waffeln, die man in Deutschland kaum findet und sind weltweit die, die den meisten Kochpudding kaufen. In Deutschland isst man am liebsten Pizza Salami, in Tschechien die mit Schinken. Das erklärt sich Zdeněk Kvinta wie folgt: „Schinken hat in Tschechien eine lange Tradition, man denke an den Prager Schinken. Schinken war immer etwas Nobles und Teures. Ich denke, dass sich daher Tschechen gerne die Pizza mit Schinken gönnen. Tschechen sind was das Essen angeht immer noch recht traditionell.“

Die Geschmacksunterschiede zwischen Nord und Süd lassen sich zum Beispiel an Puddingvorlieben festmachen. Im Norden Europas mag man eher Vanille, im Süden eher Schokolade. Auch wird der Pudding je südlicher man kommt, süßer, fester und geschmacksintensiver, fand Dr. Claus Günther in seinen Studien heraus. Dies hat viele Gründe, aber vor allem den der Gewohnheit und der Tradition.

Geschmack kann sich ändern

Ein Geschmackswandel ist allerdings europaweit zu verzeichnen und so fangen auch die Tschechen langsam an, ihren Geschmack an die globale Küche anzupassen. Man isst mehr Italienisch, Vietnamesisch und neben dem Smažak (frittierter Käse) kommen auch mehr und mehr vegetarische Gerichte auf die Speisekarte. Zdeněk Kvinta bemüht abermals den Pudding-Vergleich: „Vor einigen Jahren hielten die Tschechen von Panna Cotta und Tiramisu noch überhaupt nichts, jetzt werden diese italienischen Desserts immer häufiger gekauft.“

Geschmack entwickelt sich eben meist über das, was zu Hause auf den Tisch kommt. Essen die Eltern etwas experimentierfreudiger, werden auch ihre Kinder mit einem anderen Geschmack aufwachsen als ihre Eltern vor 30 Jahren. Sind die Eltern allerdings eher konservativ, was neue Geschmäcker angeht, so wird immer noch das Sprichwort gelten: „Was der Bauer nicht kennt, das isst er nicht.“

Tatyana Synková

Copyright: jádu / Goethe-Institut Prag
Juli 2014

    Themen auf jádu

    Gemischtes Doppel | V4

    Vier Kolumnisten aus der Slowakei, Tschechien, Polen und Ungarn schreiben über die Bedeutung Europas, Rechtspopulismus, nationale Souveränität, gesellschaftlichen Wandel, die Arroganz des westlichen Blicks – und brechen damit staatliche und gedankliche Grenzen auf. Mehr...

    Heute ist Morgen
    Oder ist es umgekehrt?! Und war nicht auch gestern schon mal Morgen? In was für einer Welt wollen wir gerne leben? Und wie lange wollen wir warten, bis sie Wirklichkeit wird? Mehr...

    Im Auge des Betrachters
    … liegt die Schönheit. Da liegt aber auch die Hässlichkeit – und alles dazwischen. Als Betrachter sind wir jedoch nur selten allein. Und als Betrachtete sowieso nicht. Mehr...

    Dazugehören
    Seit gesellschaftliche Akteure jeder Couleur ihre Forderung nach Integration einem Mantra gleich herunterbeten, gerät viel zu oft in Vergessenheit, dass Integration ein individueller Prozess ist, der auch von uns selbst etwas verlangt. Mehr...

    Themenarchiv
    Ältere jádu-Schwerpunkte findest du im Themenarchiv. Mehr...