Ein Institut für den Humor

Foto: © Eva Ullmann | Deutsches Institut für Humor (DIH)®Foto: © Eva Ullmann | Deutsches Institut für Humor (DIH)®
Die Gründerin des Deutschen Instituts für Humor Eva Ullmann, Foto: © Eva Ullmann | Deutsches Institut für Humor (DIH)®

Das Deutsche Institut für Humor ist nicht etwa eine wissenschaftliche Einrichtung, sondern ein Unternehmen, das Humor-Coachings anbietet. Wir haben die Gründerin Eva Ullmann gefragt, wofür man so etwas braucht.

Liebe Frau Ullmann, was verstehen Sie unter Humor?

Humor ist für mich eine humorvoll-gelassene Grundhaltung gegenüber den Menschen, die auch dann weiterhilft, wenn ich mit Widrigkeiten oder Widerständen zu tun habe. Für unsere Seminare interessieren sich zum Beispiel Verkäuferteams, die Humor in ihre Arbeit bringen wollen. Aber auch für Lehrer oder Ärzte ist Humor interessant, weil er Leichtigkeit in Probleme bringt.

Sie beschäftigen sich vor allem mit Humor am Arbeitsplatz. Warum eigentlich?

Ich komme aus der Sozialpädagogik und habe mich in meiner Diplomarbeit mit dem Humor von Therapeuten beschäftigt. Daher weiß ich, dass verschiedene Therapeuten schon in den 1980er Jahren eine unheimliche Dynamik bewirkt haben, indem sie Humor zuließen und über ihre eigenen Probleme lachten. Humor bringt Distanz und treibt die Dinge damit voran. Gleichzeitig war es damals sehr verpönt, sich Humor als professionelle Haltung anzusehen. Die Leute sind in der Freizeit unheimlich offen und lassen Humor zu. Im Arbeitsleben gilt aber nach wie vor häufig: Die Besprechung muss seriös sein und Humor hat in Patientengesprächen nichts zu suchen. Die Menschen verbiegen sich oft, obwohl es nicht nötig ist.

Können Sie daran etwas ändern? Oder wofür braucht man sonst ein Humorinstitut?

Man braucht uns nicht, die Deutschen könnten sicherlich auch ohne ein Institut für Humor leben. Anders als eine Schule oder ein Krankenhaus sind wir eigentlich verzichtbar. Wir beschäftigen uns einfach gerne damit, wie Leute mehr Gelassenheit in den Beruf kriegen.

Kann man Humor überhaupt institutionalisieren?

Nein, das ist eigentlich nicht möglich. Insofern ist schon der Name unseres Unternehmens eine Art des Humors: Die Leute stolpern über diese Inkongruenz, sind irritiert und schmunzeln. Das funktioniert seit zehn Jahren richtig gut.

Ein Imagevideo des Deutschen Instituts für Humor, © Deutsches Institut für Humor (DIH)®

Sie bieten Humorseminare an. Glauben Sie wirklich, dass man so etwas Natürliches wie Humor erlernen kann?

Natürlich erlernen wir Humor. Jedes Kind ist mit einer Portion Humor ausgestattet, manche Menschen haben eine besondere Veranlagung für Witz und Esprit. Aber jedes Kind wird auch sozialisiert und erlebt, wie Erwachsene Witze erzählen und lachen. Wir müssen Niemandem den Humor neu beibringen, aber wir können ihn für den Unterschied zwischen sozialem und aggressivem Humor sensibilisieren. Und wir können den Leuten auch Humortechniken mitgeben. Wenn ein Lehrer vor der Klasse steht und etwas mehr Humor in seinen Unterricht bringt, sind die Schüler froh darüber. Er muss dafür kein Kabarettist sein.

Humortechniken zu erlernen klingt so unauthentisch. Ist erlernter Humor nicht einfach nur peinlich?

Natürlich sind Sie spontan humorvoll. Doch zusätzlich können Sie bestimmte Techniken gezielt ausprobieren. Das ist genauso, wie wenn Sie Fahrradfahren oder Klavierspielen lernen. Es gibt Phasen, in denen es holprig ist. Und wenn Sie die ersten Tonleitern und kleinen Lieder spielen, geht auch mal etwas schief. Deshalb ist es aber nicht unauthentisch. Vielleicht neigen Sie zur Ironie oder zu dramatischen Übertreibungen. Unser Ziel ist es, Ihnen das dann bewusst zu machen.

Woran erkennt man den Unterschied zwischen sozialem und aggressivem Humor?

Sie können sich über Andere lustig machen und sie mit Ihrem Humor verletzen. Aber Sie können Humor auch nutzen, um eine angespannte Situation zu entspannen. Die Leute springen dabei über ihren Schatten und das macht Spaß. Neulich hatte ich zum Beispiel eine Anfrage von einer jungen, energetischen Frau, die sehr ironisch ist, ohne ihr Gesicht dabei zu bewegen. Sie arbeitet mit Jugendlichen, die ihren Humor oft nicht verstehen. Das kann gefährlich sein, weil die jungen Leute ihr Selbstwertgefühl noch entwickeln und sich verschließen, wenn sie sich beschämt fühlen. Da braucht man einen liebevollen Humor. Die Frau muss also lernen, ihre Mimik besser einzusetzen. Und wenn Sie wegen einer Krankheit in der Klinik sind und kurz vor einer Behandlung stehen, muss sich der Arzt bewusst darüber sein, welche Wirkung er mit seinem Humor in einer so schwierigen Situation hat.

Sie sensibilisieren also dafür, dass Humor in bestimmten Situationen unangemessen ist?

Es geht nicht darum, dass man Humor in bestimmten Situationen weglassen soll. Aber gerade in solchen schwierigen Situationen kommt es darauf an, dass der Humor wohlwollend ist und keinem wehtut. Eine zynische Bemerkung würde die Anspannung noch vergrößern.

Wie schaffe ich es, lustig und gleichzeitig wohlwollend zu sein?

Wenn Sie morgens aufstehen und in den Spiegel sehen, können Sie sagen: „Ich kenn dich nicht, aber ich wasch dich trotzdem“, das wäre ein Beispiel für aggressiven Humor. Stattdessen können Sie positiver sagen: „Du bist noch ganz schön zerknittert und hast im Laufe des Tages noch viele Entfaltungsmöglichkeiten“. Oder „Guten Morgen, Superfrau. Deine Kräfte entwickeln sich in der nächsten halben Stunde“. Wenn Missgeschicke oder unangenehme Dinge passieren, wenn Widerstände oder Aggressionen auftauchen, kann ich gezielt sozialen Humor anwenden. Als mich eine Teilnehmerin nach einer Frage böse ansah, bin ich zum Beispiel mit übertrieben aufgerissenen Augen zurückgeschreckt und habe gesagt: „Vielleicht sollte ich Sie heute besser nicht mehr ansprechen“. Da musste sie kichern und ich wusste, dass sie sich von dieser Art des Humors nicht angegriffen fühlte. Mit Freunden in der Kneipe ist es nicht nötig, so vorsichtig zu sein, weil die Beziehungen gut sind. Aber im Job hat man immer mal wieder mit Leuten zu tun, die man unsympathisch findet. Da kommt es darauf an, einen Humor zu finden, der nicht auf Kosten der Anderen geht.

Das Interview führte Janna Degener.

Copyright: jádu / Goethe-Institut Prag
Oktober 2015

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