Geheimgänge in der Prager Metro

Foto: Wikipedia Commons Foto (Ausschnitt): empty007, CC BY-SA 2.0
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Zwischen den einzelnen Prager U-Bahnstationen gibt es geheime Tunnels, die der Regierung und den Sicherheitskräften vorbehalten sind. Es handelt sich um ein äußerst ausgeklügeltes System, das auch sehr weit voneinander entfernte Stationen miteinander verbindet – man kann also zum Beispiel in der Station Jiřího z Poděbrad (östlich des Zentrums) einen solchen Gang betreten und diesen beispielsweise in der Station Radlická (im Südwesten der Stadt) wieder verlassen. An dieses System knüpft ein weiteres Tunnel-System an, das ausschließlich der Regierung dient. Es wurde während der Zeit der kommunistischen Herrschaft errichtet und verbindet beispielsweise die Prager Burg mit der U-Bahn-Station Malostranská, die Burg mit dem Hotel Praha im Stadtteil Dejvice oder die Kramář-Villa (Residenz der Premierminister) mit der Straka-Akademie (Regierungssitz)… und natürlich ist auch der Flughafen Kbely erreichbar, wohin eine große vierspurige unterirdische Autobahn führt.

Das Phänomen der Geheimgänge ist in der verbalen Volksmythologie seit jeher beliebt – Sagen über angebliche geheime Gänge gibt es wohl zu allen Burgen, Schlössern, Kirchen und alten Häusern. Während in den alten Legenden diese Gänge meistens als Fluchtwege bei Belagerungen (die Erbauer dieser Gänge wurden deshalb gemeinhin getötet) oder als Versteck für wertvolle Schätze dienten, erfüllen sie in den modernen Urban Legends politische oder militärische Funktionen. Neben den Legenden über den Brünner, Pilsener, Prager oder Proseker Untergrund, die archaische Sagenmotive mit modernen Themen und Mysterien kombinieren, sind gerade in Tschechien phantastische Spekulationen über kilometerlange Geheimgänge, die von den Nazis oder (öfter) den Kommunisten gebaut wurden, am häufigsten vertreten. Der Glaube an fiktive geheime Tunnels unglaublicher Ausmaße, die zu unwahrscheinlichen Zwecken errichtet wurden, ist somit eine weitere folkloristische Konstante, die uns mit unseren Vorfahren verbindet.

Diese moderne Sage ist dem Buch „Černá sanitka - druhá žeň“ von Petr Janeček entnommen. (Nakladatelství PLOT, ISBN 978-80-86523-82-8). Die Veröffentlichung an dieser Stelle erfolgt mit freundlicher Genehmigung des Autors.
Petr Janeček
(* 1978) ist Leiter der ethnographischen Abteilung des Tschechischen Nationalmuseums. Er ist der Herausgeber der Bücher „Černá sanitka“ (Der schwarze Krankenwagen), die Sammlungen moderner in Tschechien kursierender Sagen sind.

Übersetzung: Ivan Dramlitsch

Copyright: Goethe-Institut Prag
Dezember 2012

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