Johannes Ebert am 21.11.2024
Amtsübergabe der Präsidentschaft des Goethe-Instituts

Rede von Johannes Ebert anlässlich des Wechsels im Präsidentinnenamt

„Es ist das schönste Ehrenamt der Welt!“
Wissen Sie, wer das über die Präsidentschaft des Goethe-Instituts gesagt hat? Es war Jutta Limbach - Präsidentin von 2002 bis 2008. Vor 20 Jahren war das Goethe-Institut in einer tiefen Krise. 10 Millionen Euro fehlten. Die Institute waren arm. Schließungen von Standorten wurden diskutiert. Wir standen kurz vor der Pleite. Es folgte eine tiefe und zukunftsgerichtete Reform hin zur strategischen Steuerung, zur Budgetierung und zur Regionalisierung.

Liebe Frau Keul, liebe Carola Lentz, liebe Gesche Joost, liebe Gäste,
kommt Ihnen das bekannt vor? Sehr tröstlich, dass es nach diesen Anstrengungen schnell wieder bergauf ging. Zahlreiche fette und glückliche Jahre folgten.

Liebe Frau Lentz, Ich weiß nicht, ob Sie das ebenso sehen, wie Frau Limbach. Ob Sie trotz Corona-Stress, Sanierung der Goethe-Institute in Deutschland und Transformation der Institution das Amt der Präsidentin als schönstes Ehrenamt der Welt bezeichnen würden. Ich hoffe natürlich, dass das so ist. Sie haben es auf jeden Fall fantastisch gemacht und es ist jetzt – am Ende Ihrer vierjährigen Amtszeit – der Moment, Ihnen von ganzem Herzen im Namen des Vorstandes – von Rainer Pollack und mir – und der Mitarbeiterschaft zu danken. Es gibt viele Dinge, die Ihnen das Goethe-Institut verdankt: Ein wunderbares Buch über unsere Geschichte, eine überfällige Reform unserer Satzung, wichtige Impulse, die Vergangenheit unserer Institution zu bewahren. Danke für die vielen Gespräche, Reden, Interviews, Sitzungsleitungen in der Mitgliederversammlung, im Präsidium und vieles mehr. Es ist eine lange Liste. Es gibt jedoch eines, für das ich Ihnen besonders danken möchte:

Ich möchte mich für Ihre Haltung bedanken, die Sie im Goethe-Institut vermittelt haben und für die Sie nach außen stehen: Die Grundlage der Ethnologie und die Grundlagen eines erfolgreichen Kulturaustausches á la Goethe-Institut sind identisch: Zuhören, zuhören vor Ort; zuhören, um zu verstehen. Und dabei das offene Gespräch führen, das die Basis von allem ist. Das verlangt Respekt und sogar einen Schuss Demut vor dem Gegenüber. Sie haben von Anfang an diese Parallelität erkannt und hoch geschätzt. Im nächsten Schritt ordnet die Ethnologin das Erfahrene ein und stellt es in einen wissenschaftlichen Rahmen. Der oder die Kulturarbeiter/in entwickelt auf dieser Basis gemeinsam mit Partnern vor Ort Projekte, Dialoge und Debatten. Es geht darum, eine gemeinsame Diskussion über Herausforderungen, Themen und auch Werte zu initiieren und eine gemeinsame Zukunft zu bauen. Nur wenn wir das Gegenüber in vollem Umfang akzeptieren, können wir es überhaupt erreichen mit unseren Anliegen der Offenheit und Freiheit. Belehrung ist fehl am Platze, wenn wir unsere Ziele von Verständigung, Glaubwürdigkeit, Vertrauen ernst nehmen.

Die Unabhängigkeit des Goethe-Instituts e.V.  – das ist das zweite Thema - ist Ihnen besonders wichtig. Dies wurzelt in Ihrem tiefen Verständnis von Demokratie. Denn die Eigenständigkeit von Mittler-, Kultur- und anderen gesellschaftlichen Institutionen, die Vielzahl der Stimmen, die um Lösungen ringen, sind Ausdruck der Pluralität und der demokratischen Kultur, auf welcher der Erfolg unseres Landes beruht. Und – davon sind wir beide überzeugt – auch in Zukunft beruhen wird – trotz aller Unsicherheiten von innen und von außen. Das Goethe-Institut ist Teil der deutschen Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik. Es fördert die deutsche Sprache, damit beispielsweise Fachkräfte in Deutschland Erfolg haben. Es initiiert Kunst- und Kulturprojekte, die globale Herausforderungen wie Migration oder Nachhaltigkeit thematisieren. Es erklärt Deutschland in Bibliotheken und in den digitalen Medien. Es tut viele Dinge, die man im landläufigen Sinne als „nützlich“ bezeichnet. Dabei arbeiten wir mit einem sehr sensiblen Gut: Kunst und Kultur.

Sie haben – und das ist das dritte Thema – immer darauf hingewiesen, dass Kunst und Kultur auch und vor allem jenseits so verstandener Nützlichkeit ihre wahre Kraft entfalten. Eine Kraft, die wir Menschen existenziell brauchen, um komplexe Herausforderungen zu verstehen und zu bewältigen. Sie haben darauf hingewiesen, dass Ästhetik, Experiment, Schönheit und Widerborstigkeit der Kunst Freiraum und Freiheit benötigen. Und auch Mut zu einem gewissen Risiko. Erst dann können sie ihre eigene Wirkung entfalten. Sie haben immer klar gemacht, dass wir beim Goethe-Institut beides haben, dass sich hier das Nützliche auf der einen und das Freie und Experimentelle auf der anderen Seite wunderbar verbinden. Danke für diese Botschaften.

Das Amt der Präsidentin des Goethe-Instituts ist anspruchsvoll. Sie ist Repräsentantin der Institution und erklärt, verdeutlicht und motiviert nach außen und nach innen. Sie leitet die Mitgliederversammlung, unser höchstes Gremium. Sie steht dem Präsidium vor, das einige Beschlüsse zu den Grundsätzen des Goethe-Instituts fasst und die Aufsicht über die Arbeit des Vorstands führt. Der Vorstand führt die Geschäfte des Vereins in strategischer, inhaltlicher und administrativer Hinsicht. Er trägt die rechtliche Verantwortung. Der Vorstand leitet die Institution Goethe-Institut mit ihren 4400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern an 151 Standorten weltweit. Wahrscheinlich die größte Kulturorganisation Deutschlands… Dass diese fein austarierte Governance funktioniert, dass die Organe des Vereins im Sinne ihrer Aufgaben konstruktiv zusammenwirken, war Ihnen, liebe Frau Lentz, ein großes Anliegen. Auch dies entspringt Ihrem demokratischen Verständnis. Und dass Sie über Jahre in afrikanischen Ländern zu Machtstrukturen geforscht haben, hat Ihre Sensibilität in diesen Fragen wohl noch erhöht. Liebe Frau Lentz, Sie haben – wenn man das altmodisch so sagen darf – das Herz auf dem rechten Fleck. Bisweilen springt es Ihnen vielleicht etwas schnell auf die Zunge. Aber auch das ist ein Ausdruck Ihrer Ehrlichkeit, Ihrer hohen Integrität und Ihres Einsatzes für die Dinge, von denen Sie überzeugt sind. Und: Wir haben auch immer ziemlich viel gelacht! Liebe Frau Lentz, ich möchte Ihnen für alles von ganzem Herzen danken, was Sie für das Goethe-Institut getan haben.

Liebe Gesche Joost, im Namen des Vorstands und aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Goethe-Instituts heiße ich Dich herzlich willkommen. Wir freuen uns sehr, dass Du die neue Präsidentin des Goethe-Instituts wirst. Dabei bist Du gar nicht so neu. Schon seit 2014 bis Du Mitglied im Verein, seit 2022 bist Du im Präsidium, seit 2023 Vizepräsidentin und heute übernimmst Du die Präsidentschaft. Was für eine Karriere!
In diesen vergangen zehn Jahren hast Du das Goethe-Institut intensiv begleitet, hast an Arbeitsgruppen der Mitgliederversammlung zur Entwicklung der Strategie des Goethe-Instituts mitgemacht, warst in Ausschüssen dabei, die den Vorstand bei der Transformation begleitet haben, und hast eine aktive Rolle im Präsidium gespielt. Du warst an Goethe-Instituten im Ausland zu Gast und konntest einen Eindruck von der vielfältigen Arbeit gewinnen. Meist mit Deinem Kernthema, das auch für das Goethe-Institut von hoher Bedeutung ist: Das ist das Thema Digitalisierung mit ihren technischen und besonders auch gesellschaftlichen Facetten und Herausforderungen. Wir freuen uns, dass wir Dich jetzt im offiziellen Amt noch intensiver dazu befragen und von Deinen Kenntnissen und Kontakten profitieren können.

Doch es ist noch viel mehr, was Du als neue Präsidentin des Goethe-Instituts mitbringst. In den vergangenen Jahren warst Du Mitglied in den Aufsichtsräten mehrerer Unternehmen. Du kennst die Themen und Fragestellungen dieser Arbeit. Auf Basis langjähriger Erfahrung kannst Du die Flughöhe einschätzen, auf der ein Aufsichtsgremium idealerweise agiert, um den Vorstand und die Arbeit der Institution gerade in Zeiten der Transformation positiv zu begleiten. Du verfügst über ein gutes Netzwerk im Hochschulwesen und vor allem auch in der Berliner Politik. Gerade darauf wird es ankommen, wenn wir gemeinsam in den nächsten Monaten bei einer neuen Bundesregierung um einen angemessenen Haushalt für das Goethe-Institut werben. Und vor allem bringst Du vieles mit, worauf wir uns freuen: Hingabe und Begeisterung für die Aufgabe und die Mission des Goethe-Instituts; Lust, unsere Institute zu besuchen auch in schwierigen Ländern; eine hohe Fähigkeit zur Kommunikation; Bereitschaft im Team mit verteilten Rollen zu spielen; Leidenschaft, Motivation, Freude und vieles mehr, was wir am Goethe-Institut in diesen Zeiten der Veränderung brauchen. Wir freuen uns auf unsere Zusammenarbeit und wünschen Dir für Deine Amtszeit viel Erfolg und eine glückliche Hand!
 

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