Rainer Pollack am 15. März 2018
Grußwort von Rainer Pollack anlässlich der Jubiläumsfeier des Goethe-Instituts Seoul, Korea

Das Goethe-Institut Seoul ist nicht 50 Jahre alt, sondern 50 Jahre jung, mit einer aufregenden Dynamik in den vergangenen 5 Jahrzehnten, wichtigen Möglichkeiten und wegweisenden Aufgaben für die Zukunft.

Es gilt das gesprochene Wort.

Sehr geehrte Exzellenzen, sehr geehrter Herr Botschafter Auer,
sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
liebe Frau Stukenberg,
sehr geehrte Gäste und Freunde des Goethe-Instituts,
siebe Kolleginnen und Kollegen,

Ich möchte Sie herzlich begrüßen zu unserem festlichen Beisammensein. Ich freue mich sehr, heute Abend hier sein zu können, um den Auftakt für ein besonderes, ein rundes Jubiläum zu geben: 50 Jahre Goethe-Institut in der koreanischen Metropole und Hauptstadt Seoul.

Im vergangenen Jahr durften wir bereits einige Jubiläen feiern. So führte mich meine erste Dienstreise nach meinem Amtsantritt am 1. September letzten Jahres schon gleich nach Frankreich, genauer gesagt nach Lille. Auch die Goethe-Institute Bogotá, Ankara sowie Mailand feierten kürzlich ihren 60-jährigen Geburtstag.

Wie Sie sehen, kann das Goethe-Institut auf zahlreiche Jubiläen blicken. Das zeigt, wie erfolgreich die Arbeit in den letzten Jahrzehnten war und hoffentlich auch in den nächsten Jahrzehnten sein wird. Mit 159 Instituten in 98 Ländern ist das Goethe-Institut seit 1951 die größte Mittlerorganisation der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik Deutschlands.
 
Südkorea war die letzten Wochen in der Weltöffentlichkeit vor allem durch die wunderbaren Olympischen Winterspiele in Pyeongchang präsent. Wir haben auch vor den Fernsehern mit den Athleten mitgefiebert. So schön eine solche Veranstaltung ist und so viel Engagement, aber auch finanzielles Engagement darin steckt, so stellt sich doch die Frage was die nächsten Jahre – außer der Erinnerung – bleibt. Werden die Sportstätten für Großveranstaltungen weiter genutzt, nimmt der Wintersport auch in Südkorea weiter Fahrt auf? Worauf ich hinaus möchte, ist das Thema Nachhaltigkeit.

50 Jahre Goethe-Institut Korea hier in Seoul ist etwas Besonderes. Nachhaltig. Botschafter Deutschlands in der Ausländischen Kultur- und Bildungspolitik, aber auch bei der Vermittlung eines Deutschlandbildes.  

Besonders, weil die deutsch-koreanischen Beziehungen besonders sind.
Besonders, weil Deutschland und Korea gemeinsame Werte teilen.

Doch erlauben Sie mir zunächst einen Rückblick auf die Anfänge des Goethe-Instituts hier vor Ort.

Am 1. Januar 1968 wurde das Goethe-Institut Seoul offiziell unter Federführung des damaligen Leiters Hans Sallmann gegründet. Nachdem wir zunächst ohne eigenen Standort hier vor Ort tätig waren, wurde 1971 das Institut nach Ankauf des heutigen Geländes eröffnet. Bereits nach kurzer Zeit erfreuten sich das Goethe-Institut und seine Sprachkurse großer Beliebtheit.

In den Folgejahren war ein großer Aufbruch zu spüren: gesellschaftliche Themen rückten in den Mittelpunkt, literarische Werke waren frei zugänglich. Das Goethe-Institut wandelte sich von einem Schutzraum in die Rolle des Vermittlers und Unterstützers.

Und heute?
2010 wurde das hiesige Institut Regionalinstitut der Region Ostasien. Damit erhielt es eine tragende Rolle bei der Neuaufstellung des Goethe-Instituts e.V. weltweit. Nämlich durch die Abkehr von einem zentralen zu einem regionalisierten Aufbau mit entsprechender Verantwortung in den 13 Regionen.

Die Beliebtheit der Sprachkurse setzte sich fort und machte sich schnell in der Eröffnung einiger Außenstellen, wie beispielsweise der Außenstelle Daegu in Kooperation mit der Keimyung University sowie der Außenstelle Busan, die 2015 in Kooperation mit der Honorarkonsulin der Bundesrepublik Deutschland (Jung-Soon Kim) entstand, bemerkbar.

Seit 2016 sind Sie, liebe Frau Stukenberg, Regionalleiterin des Goethe-Instituts Seoul.

Ich hatte es eingangs bereits erwähnt: 50 Jahre Goethe-Institut Korea, das ist etwas Besonderes.

Doch was ist denn nun das Besondere der Arbeit hier in Korea?

Wo setzt es Akzente und inwiefern kommen die einzigartigen Beziehungen zwischen Deutschland und Korea zum Tragen?

Hier möchte ich einige Punkte hervorheben:
Es gibt wohl kaum eine Region, die so internet- und technologieaffin ist wie Ostasien – und für Korea gilt dies in verstärkter Weise.
Es zeichnet sich ab, dass in Deutschland nun auch die politischen Akzente gesetzt werden, die erforderlich sind, um den Anschluss nicht zu verlieren.

Dabei spielt nicht nur eine Rolle, dass im Bereich Smartphones und Tablets inzwischen wesentliche Trends in Korea gesetzt und entwickelt werden, sondern auch die Nutzung und Beliebtheit der Geräte in der Bevölkerung. Davon konnte ich mich bereits am Flughafen, in den Straßen, beim Blick in die zahlreichen Cafés, überzeugen.

Für das Goethe-Institut ist es entscheidend, seine Zielgruppen nicht nur über das klassische Internetangebot sowie mit einer regelmäßigen Präsenz in sozialen Medien, sondern auch durch lokal und regional angepasste Applikationen anzusprechen.
Und so ist es wenig überraschend, dass das Goethe-Institut Korea eines der ersten Goethe-Institute weltweit war, das eine eigene Applikation zum Sprachlernen entwickelte. Die Weiterentwicklung digitaler Angebote bleibt ein wichtiges strategisches Thema für das Goethe-Institut Korea, aber auch für das Goethe-Institut weltweit. Hier kann die gesamte Institution von den Erfahrungen in Ostasien profitieren.

Es ist vielfach gesagt worden und ich habe dies die wenigen Stunden, die ich hier bin, schon verspürt, dass Deutschland und Korea eine besonders tiefe und durchaus emotionale Verbindung haben. Dafür gibt es viele Gründe, die gleichermaßen in interkulturellen Begegnungen wie auch historischen Erfahrungen zu suchen sind, womöglich auch in einer Seelenverwandtschaft.

Korea und Deutschland verbindet die gemeinsame Erfahrung eines beeindruckenden wirtschaftlichen Aufstiegs nach den Erfahrungen eines Krieges, der erst einmal alle Hoffnungen auf eine friedliche und gute Zukunft zerstört hat.

Gemeinsamer Referenzpunkt ist die Erfahrung der Teilung des eigenen Landes, die wir in Deutschland glücklicherweise 1989 überwinden durften. In Korea steht eine Wiedervereinigung aus. Aber auch hier ist jeder kleine Strohhalm wichtig, wie wir während der Olympischen Spiele sehen konnten.

Der Austausch über den Umgang mit der Teilungserfahrung ist aber ein wichtiger Aspekt in vielen bilateralen Dialogen, den politischen ebenso wie den künstlerischen und kulturellen.

Nähe entsteht aus gemeinsamen Erfahrungen, Kulturaustausch wird getragen von persönlichen Begegnungen und Erlebnissen.

Leider musste die Projektarbeit mit Nordkorea (z.B. im Bereich Bestandshaltung) inzwischen aufgrund der politischen Rahmenbedingungen eingefroren werden. Das bedauern wir sehr. Aber nach jeder Eiszeit, jedem Winter, erwarten wir sehnsüchtig den Frühling und er ist noch immer gekommen.

Wir bedauern dies, weil wir eine große Bedeutung im gemeinsamen Dialog sowie unserer Arbeit hier vor Ort sehen. Wir dürfen aber die Hoffnung nicht aufgeben.
In der gerade dargestellten langen Tradition des kulturellen Austausches zwischen Deutschland und Korea steht auch die Arbeit unseres Instituts. Sie ist – nicht nur in Korea – geprägt von der Überzeugung, dass der kulturelle Dialog, wenn er sich auf Augenhöhe und in gegenseitigem Respekt vollzieht, neue und weiterführende Perspektiven auf eine zunehmend komplexere Welt eröffnet.

Zu diesem Dialog möchte ich Sie ermutigen, sich auszutauschen. In unseren Räumen hier im Goethe-Institut Seoul, das mit seinen vielfältigen Kulturveranstaltungen, Sprachkursen, Lehrerfortbildungen und Informationsangeboten seit Ende der 60er Jahre Startpunkt und Austauschplattform für viele Koreanerinnen und Koreaner ist..
Dies ist nicht einfach. Es erfordert viel Fingerspitzengefühl von allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und ihren Partnern, in der gegenwärtigen Lage – im Land, in der Region und in der Welt -, angesichts von Sicherheitsrisiken, von Diskussionen um Meinungsfreiheit und Menschenrechten die richtigen Antworten und Programme zu finden und mit geschärfter Aufmerksamkeit mit passenden Angeboten auf die Situation zu reagieren.

Mir ist nicht bang, wenn wir in die Zukunft schauen. Die Aufgabe des Goethe-Instituts weltweit, aber auch aller anderer nationaler Kulturinstitute wird noch wichtiger werden.
Eine Zukunft, die durch Sie, uns alle getragen wird.

Eine Zukunft, die wir mit den zahlreichen Programmen, die wir hier vor Ort als Kulturinstitut, aber auch und ganz besonders als neutraler Ort der Begegnung, Werte und vor allem Freiräume vermitteln, gestalten können.

Unsere Arbeit zeigt, wie wichtig es ist, Freiräume zu schaffen – ob physisch als Ort der Zuflucht und des offenen Diskurses in einem restriktiven Umfeld, oder digital mit freiem Zugang zu Wissen, Bildungsangeboten und Kultur.

An vielen Orten der Welt haben wir den Eindruck, dass diese Aufgaben immer dringlicher werden.

Ich bin der vollen Überzeugung: Bildung und Kultur sind Schlüsselelemente für die Aufgaben, die vor uns liegen.

Häufig sind es Kunst und Kultur, die genau den richtigen Finger in die Wunde legen und auf gesellschaftliche Probleme aufmerksam machen sowie Wertvorstellungen hinterfragen. Sie zeigen dabei aber auch Alternativen auf und machen Verständigung möglich, selbst dort, wo die Situation „festgefahren“ wirkt.

Ich möchte noch einmal ausdrücklich zu der wundervollen und wirkungsvollen Arbeit gratulieren, die über Jahrzehnte geleistet wurde und jedem Tag mit neuem Schwung geleistet wird.

Mein Dank gilt insbesondere Ihnen, liebe Frau Stukenberg, Ihnen, liebe aktuelle wie ehemalige Kolleginnen und Kollegen, für 50 Jahre unermüdlichen Einsatz, für kreative Programme und Ideen, für die Anregungen zum deutsch-koreanischen Dialog, das Knüpfen von Netzwerken und Pflegen von Partnerschaften.

Die heute so zahlreich anwesenden Partner und Freundinnen und Freunde des Goethe-Instituts bezeugen, wie gut Sie diese Arbeit geleistet haben. Wir können gespannt sein auf die nächsten Jahrzehnte. Für die gute Zusammenarbeit mein persönlicher und auch herzlicher Dank an alle lokalen Partner.

Aber auch an unseren Zuwendungsgeber, das Auswärtige Amt der Bundesrepublik Deutschland, das uns die finanzielle Unterstützung seit Jahrzehnten gibt, um hier präsent sein und als Goethe-Institut vielfältig in Korea wirken zu können.
Ich wünsche uns allen noch einen schönen Abend mit anregenden Gesprächen und Begegnungen.

Herzlichen Dank!
 

 

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