16. Dezember 2017
Eröffnung Goethe-Zentrum Eriwan

Rede zur Eröffnung von Prof. Dr. h.c. Klaus-Dieter Lehmann, Präsident des Goethe-Instituts

Anrede,

es ist mir eine große Freude, heute gemeinsam mit Ihnen das Goethe-Zentrum hier in Eriwan einweihen zu dürfen. Der Deutsche Bundestag hat dafür die Mittel zur Verfügung gestellt. Im Dezember – vor fast genau einem Jahr – konnten wir unser Vorhaben öffentlich machen. 

Anfang Juni war ich hier, um die Gespräche auf höchster Ebene zu führen, zugleich war es möglich, eine geeignete Liegenschaft zu finden, mit der die künftigen Funktionen für die Spracharbeit und die Bildungs- und Kulturprogramme geleistet werden können. Dabei habe ich von den staatlichen Stellen, von der Botschaft und von Partnern eine ungemein hilfreiche Unterstützung erfahren. So konnte es gelingen, dass in Rekordzeit alle baulichen, organisatorischen und rechtlichen Bedingungen geschaffen wurden, das Goethe-Zentrum noch im Jahr 2017 zu eröffnen. Das ist ein gutes Signal für unsere künftige Zusammenarbeit und zeigt das Interesse füreinander. Es gibt ein neues attraktives Kulturzentrum in Eriwan, mit Veranstaltungs- und Ausstellungsraum, Lesesaal und Unterrichtsräumen, sowie Räumen für Experten für Unterricht entstanden. Allen sei herzlich gedankt!

Den Zugang zur deutschen Sprache fördern, Kunst- und Kulturprojekte initiieren und realisieren und internationale Akteure miteinander in Kontakt bringen, dies sind die Aufgaben des Goethe-Instituts. Mit 159 Instituten in 98 Ländern bildet das Netzwerk des Goethe-Instituts einen globalen Raum für interkulturellen Austausch. Sein Netzwerk zu pflegen und zu ergänzen, ist und bleibt eine wichtige Aufgabe des Goethe-Instituts. Es ist deshalb nur richtig und wichtig, dass wir unsere Aktivitäten hier in Armenien ausweiten.
 
Bislang war das Goethe-Institut in Armenien seit 1998 mit einem Sprachlernzentrum präsent, das mit Lesesälen und Deutschkursen Informationen zur deutschen Sprache und Kultur anbietet. Darüber hinaus existieren aktuell sechs PASCH-Schulen in Armenien, von denen zwei von Seiten des Goethe-Instituts betreut werden (die vier anderen Schulen von der ZfA): Die „AYB-Schule” in Eriwan und die „Hauptschule Nr.1” in Chambarak, einem Dorf über 2000 Meter Höhe, das direkt an der Grenze zu Aserbaidschan liegt. Unter erschwerten Bedingungen ist diese Schule mit ihren vielen höchst motivierten Deutschlernern von der 3. bis zur 9. Klasse (insgesamt ca. 320 Kinder) sehr aktiv, was vor allem dem Enthusiasmus und Einsatz der Deutschlehrerinnen und Deutschlehrer zu verdanken ist. Vertreterinnen und Vertreter der Schule sind auch heute hier anwesend – herzlich willkommen!   

Mit der heutigen Eröffnung des Goethe-Zentrums in Eriwan drückt sich nun die hohe gegenseitige Wertschätzung aus, die sich künftig in der gemeinsamen Kultur- und Bildungsarbeit zeigen wird. Wir freuen uns darauf, den lebhaften Kulturdialog zwischen Armenien und Deutschland noch weiter ausbauen zu können.

Kirchen – Klöster – Kunst – Kultur. Armenien gilt als das älteste christliche Land der Welt, in dem das Christentum seit 301 n. Chr. zur Staatsreligion erhoben wurde. Lebten Anfang des 19. Jahrhunderts in Eriwan gerade einmal 12 000 Einwohner, so zählt sie heute deutlich über eine Million Einwohner.

Armenien hat eine wechselvolle Geschichte. Von hoher Blüte und tiefen Einschnitten geprägt, war es immer an der Schnittstelle der verschiedenen politischen und kulturellen Mächte, aber immer mit einer eigenen Identität. Ich war tief beeindruckt von den reichhaltigen Sammlungen in den Museen, die in ihrer Qualität und in ihrer Vielstimmigkeit ein dichtes Bild einer Kulturnation zeichnen. Die Präsentation entspricht dem wissenschaftlichen Stand. Die traditionelle Hochkultur wird offensichtlich beachtet und intensiv staatlich gefördert.

Aber auch die zeitgenössische Kunst befindet sich in den letzten Jahren im kulturellen Aufwind. Es gibt international beachtete Film-, Jazz- und Theaterfestivals, bedeutende Museen für zeitgenössische Kunst. Kultur und Bildung spielen im öffentlichen Leben Armeniens eine wichtige Rolle, eine aktive freie Kunstszene hat sich gerade in den letzten Jahren entwickelt. Neben den staatlichen Universitäten gibt es zudem hochmoderne experimentelle Ausbildungsstätten wie das Tumo-Center, wo Kinder und Jugendliche außerschulisch alles lernen können, was mit der Erzeugung digitaler Bildwelten zu tun hat. Davon konnte ich mir im Juni bereits einen sehr guten persönlichen Eindruck machen.

Das alles zeigt: An potentiellen Partnern für die kulturelle Programmarbeit des Goethe-Instituts wird es uns nicht mangeln. Die Verbindung zur jahrtausendalten Kulturnation Armenien, zwischen Iran, Türkei und Russland gelegen, wird unsere Arbeit im aufstrebenden Kaukasus sehr beleben und der zivilgesellschaftlichen Entwicklung Auftrieb geben. Meine Gespräche mit dem Staatspräsidenten, dem Bildungs-, Kultur- und Außenminister waren von großem und gegenseitigem Interesse sowie von Neugier und Offenheit geprägt. Auch konkrete Kooperationsfelder konnten wir abstecken, darunter die  Deutschlehrerausbildung, berufliche Bildung, Theater, Film, Museen und Stadtplanung sowie die Präsentation archäologischer Stätten.

Unser Ziel ist es, durch kulturellen Austausch, gemeinsame Produktionen und Qualifizierungsprogramme für Akteure von Kultur und Bildung staatliche Einrichtungen und die freien Kulturszenen zu unterstützen und einen Raum für offene Diskussionen zu schaffen. Darüber hinaus soll der Deutsche Lesesaal zu einer Anlaufstelle für ein Kunst-und Kulturinteressiertes Publikum ausgebaut werden, indem der Bestand durch thematische Kollektionen zur Architektur, Film, der Bildenden Kunst etc. (auch englischsprachige deutsche Ausgaben und Medien) bereichert wird und Veranstaltungen zu verschiedenen Schwerpunkten angeboten werden. Ein gemeinsamer und variabel einzurichtender Veranstaltungssaal ermöglicht verschiedene Veranstaltungsformate.

Dabei können wir nicht zuletzt an bereits zahlreiche erfolgreiche Kulturprogramme anknüpfen, die in den vergangenen Jahren durchgeführt wurden. Dazu zählen zum Beispiel die langjährige Zusammenarbeit mit dem Internationalen Filmfestival „Golden Apricot” in Eriwan, das High-Theaterfestival in Eriwan oder die Zusammenarbeit mit den freischaffenden armenischen Kuratorinnen und Kuratoren.   
Mein großer Dank geht an alle, die sich für das Goethe-Zentrum Eriwan engagiert und es realisiert haben: Vielen Dank an die politischen Entscheidungsträger auf armenischer Seite, insbesondere an das Bildungs- und Kulturministerium. Wir fühlen uns hier bei Ihnen mehr als willkommen. Ein großes Dankeschön möchte ich an dieser Stelle auch an den Deutschen Bundestag richten und an Sie, Herr Botschafter Kiesler für die kooperative Zusammenarbeit. Die deutsche Botschaft hat sich in den vergangenen Jahren sehr auf dem kulturellen Gebiet engagiert. Großen Dank und meine herzlichen Glückwünsche gebühren Frau Natia Mikeladse-Bachsoliani, der Leiterin des Goethe-Zentrums Eriwan, Frau Nelly Sogomonyan (SLZ Eriwan), Herrn Bolz als Regionalleiter des Goethe-Instituts in Moskau und Herrn Wackwitz als ehemaliger Leiter und Frau von Münchhausen als jetzige Leiterin vom Goethe-Institut Tibilissi.
 
Ich freue mich auf einen regen Austausch zwischen den Kulturszenen unserer beiden Länder! Vielen Dank!

Es gilt das gesprochene Wort.
 

 
 

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