28. August 2025
Osman Kavala, Li Yuan und David Van Reybrouck mit Goethe-Medaille geehrt
In Weimar wurde heute die wichtigste Auszeichnung der auswärtigen Kulturpolitik der Bundesrepublik Deutschland verliehen. Die Goethe-Medaille 2025 ging an den türkischen Kulturförderer Osman Kavala, die Sprachwissenschaftlerin Li Yuan aus China und den Autor David Van Reybrouck aus Belgien. Alle drei stehen für eine Haltung, die Kultur und Sprache als Mittel der Verständigung und des gesellschaftlichen Dialogs begreift – in einer Welt, die von Umbrüchen und Spannungen geprägt ist.
Die Präsidentin des Goethe Instituts Gesche Joost erläuterte anlässlich des Festakts in Weimar: „Mit der Goethe-Medaille zeichnen wir in diesem Jahr drei Persönlichkeiten aus, deren Wirken eine besondere gesellschaftliche Verantwortung deutlich macht. Sie zeigen Haltung – was besonders angesichts der geopolitischen Herausforderungen und gesellschaftlichen Umbrüche immer wichtiger wird. Sie sind damit Partner und Freunde Deutschlands, vernetzen Kulturszenen und bauen Brücken zwischen Ländern und ihren Gesellschaften. Der Schriftsteller David Van Reybrouck setzt sich in seinem Werk mit der kolonialen Vergangenheit auseinander und wirbt für eine Erneuerung der Demokratie. Der Kulturförderer Osman Kavala engagiert sich unermüdlich für eine Öffnung der türkischen Kulturszene auch mit Blick auf Minderheiten – und bezahlt dafür mit seiner Inhaftierung einen hohen Preis. Li Yuan baut durch die deutsche Sprache Brücken zwischen Deutschland und China und wirbt damit für Verständigung zwischen den verschiedenen Kulturen. Das Wirken aller drei Ausgezeichneten hat damit eine politische Dimension – nicht im Sinne des bloßen Instruments, sondern als Ausdruck einer Haltung gegenüber einer Welt im Umbruch.“
Christina Beinhoff, Leiterin der Abteilung für Kultur und Gesellschaft im Auswärtigen Amt, sagte aus diesem Anlass: „Wir sind froh, in unserer Auswärtigen Kultur- und Gesellschaftspolitik auf unsere Netzwerke und die Partnerschaft mit herausragenden Persönlichkeiten in aller Welt zählen zu können. Zu diesen Persönlichkeiten gehören Li Yuan, David van Reybrouck und Osman Kavala ganz besonders. Dafür möchte ich Ihnen ganz herzlich danken!“
Die Laudationes auf die Preisträger*innen hielten – in der Reihenfolge ihres Auftritts – die Theaterintendantin Annemie Vanackere, der Regionalleiter der Goethe-Institute für Ost- und Zentralasien Clemens Treter und die Theaterintendantin Shermin Langhoff.
Annemie Vanackere lobte David Van Reybrouck als „Mann des Wortes, Goethe-ähnlich ‚holistisch‘, der die Welten der Vergangenheit, der Gegenwart und der Zukunft mit der Sorgfalt eines Archäologen untersucht, mit der Verführungskraft des großen Erzählers und Dichters lebendig werden lässt und mit dem Verantwortungsbewusstsein eines citoyen betrachtet.“ Als ein verliebter Erdbewohner appelliere er an die sogenannten „world leaders“, den Planeten Erde dringend in den Blick zu nehmen.
David Van Reybrouck widmete in seiner Dankesrede die Goethe-Medaille „all jenen, die sich für eine lebendigere Demokratie einsetzen, eine Demokratie, die verbindet und erkundet, eine Demokratie, die zuhört und den Mut hat, sich zu erneuern – gerade jetzt, gerade heute. Denn sie ist mehr denn je bedroht. Noch nie seit 1945 stand sie so unter Druck.“
Clemens Treter würdigte Li Yuan als eine zentrale Stimme für Verständigung und Bildung im deutsch-chinesischen Kontext. In seiner Laudatio sagte er: „Unermüdlich knüpft Li Yuan Verbindungen zwischen China und dem deutschsprachigen Raum, fördert junge Talente und bewahrt den Dialog über kulturelle, politische und systemische Grenzen hinweg. Ihre Arbeit ist ein Bekenntnis zu gegenseitigem Verstehen – mit wissenschaftlicher Tiefe, politischer Sensibilität und persönlicher Integrität.“
Li Yuan hob in ihrer Dankesrede hervor, sie verstehe sich als „Brückenbauerin – nicht, um das Fremde dem Eigenen anzugleichen, sondern um die Schönheit des Anderen sichtbar und fruchtbar zu machen.“
Shermin Langhoff beschrieb Osman Kavala in ihrer Laudatio als einen klugen und mitfühlenden Beobachter. „Aber seine große Begabung ist die Fähigkeit, das für notwendig Erachtete auch zu tun.“ Trotz seiner Inhaftierung sei er weiterhin „einer der wichtigsten Unterstützer kultureller, zivilgesellschaftlicher und bürgerrechtlicher Initiativen in der Türkei. Er tritt ein für den Austausch und Dialog mit Europa. Er ist für jeden, der sich – wo auch immer auf der Welt – für Austausch, Bildung, Erbe der Kulturen, für Vielfalt, Versöhnung und Völkerverständigung einsetzt, ein Vorbild.“
Osman Kavala betonte in seinen Dankesworten die Bedeutung von Kunst und Literatur für kulturelle Verständigung und den Einsatz für Menschenwürde. Angesichts aktueller globaler Herausforderungen rief er dazu auf, für einen „wirklich allgemeinen Humanismus“ einzustehen und zu arbeiten. „Für mich ist und bleibt die Goethe-Medaille ein Sinnbild und eine Bekräftigung all dessen, was Menschenwürde meint.“ Die Dankesrede wurde von seiner Ehefrau, der renommierten Sozialwissenschaftlerin Ayşe Buğra, verlesen.
Ein musikalischer Höhepunkt des Festakts war das Stück „Floating Water Revisited“ für Guqin und Mandoline. Die Neukomposition ist in Zusammenarbeit mit dem UNESCO-Lehrstuhl Transcultural Music Studies der Hochschule für Musik Franz Liszt Weimar unter der Leitung von Tiago de Oliveira Pinto entstanden und wurde eigens für die Preisträger*innen geschaffen.
Pressefotos von den Preisträger*innen und von der Verleihung finden Sie ab 17.30 Uhr unter: www.goethe.de/bilderservice
Die Pressemappe steht unter folgendem Link zum Download zur Verfügung: www.goethe.de/pressemappen
Filmporträts der Preisträger*innen, die von der Deutschen Welle in Kooperation mit dem Goethe-Institut produziert wurden, sind ab sofort hier zu sehen:
www.youtube.com/goethe-institut
Die Goethe-Medaille
Seit 1955 verleiht das Goethe-Institut einmal im Jahr die Goethe-Medaille als offizielles Ehrenzeichen der Bundesrepublik Deutschland. Sie ist der wichtigste Preis der auswärtigen Kulturpolitik. Die Kandidat*innen werden von den Goethe-Instituten in aller Welt in Abstimmung mit den deutschen Auslandsvertretungen nominiert. Aus diesen Vorschlägen entwickelt die Kommission zur Verleihung der Goethe-Medaille, die sich aus Persönlichkeiten aus Wissenschaft, Kunst und Kultur zusammensetzt, eine Auswahl, die das Präsidium des Goethe-Instituts bestätigt. Die Verleihung der Goethe-Medaille macht dem Publikum in Deutschland weltweit relevante kulturelle Themen und Akteur*innen bekannt und unterstützt die Internationalisierung der deutschen Kulturlandschaft.
Die Verleihung findet traditionell am 28. August, dem Geburtstag Johann Wolfgang von Goethes, statt. Seit der ersten Verleihung 1955 wurden insgesamt 383 Persönlichkeiten aus 70 Ländern geehrt, darunter Dogan Akhanlı, Juri Andruchowytsch, Daniel Barenboim, David Cornwell alias John le Carré, Princess Marilyn Douala Manga Bell, Sofia Gubaidulina, Ágnes Heller, Wen Hui, Neil MacGregor, Petros Markaris, Ariane Mnouchkine, Tali Nates, Shirin Neshat, Sandbox Collective (Nimi Ravindran und Shiva Pathak), Irina Scherbakowa, Jorge Semprún, Yoko Tawada, Robert Wilson und Helen Wolff.
Die Kommission zur Verleihung der Goethe-Medaille 2025 bestand aus René Aguigah (Moderator und Ressortleiter „Literatur, Philosophie, Religion“ Deutschlandfunk Kultur, Berlin), Julia Grosse (Künstlerische Leiterin Contemporary And, Berlin), Anna Henckel-Donnersmarck (Kuratorin und Leiterin der Berlinale Shorts, Berlin), Matthias Lilienthal (Dramaturg und Intendant, Berlin), Thomas Oberender (Autor und Kurator, Berlin), Antje Rávik Strubel (Autorin, Potsdam), Andrea Zschunke (Leiterin Musik WDR3, Köln); in Vertretung des Auswärtigen Amtes: Anna Bartels (Beauftragte für Auswärtige Kulturpolitik); in Vertretung des Goethe-Instituts: Carola Lentz (Präsidentin des Goethe-Instituts a. D.), Gesche Joost (Präsidentin des Goethe-Instituts, als Gast) und Johannes Ebert (Generalsekretär des Goethe-Instituts).
Weitere Informationen: www.goethe.de/goethe-medaille
Das künstlerische und diskursive Rahmenprogramm zur Goethe-Medaille in Weimar entstand in Zusammenarbeit mit dem Kunstfest Weimar. Die Holtzbrinck Publishing Group unterstützt das Kulturprogramm der Goethe-Medaille 2025.
Das Goethe-Institut ist das weltweit tätige Kulturinstitut der Bundesrepublik Deutschland. Mit derzeit 150 Instituten in 99 Ländern fördert es die Kenntnis der deutschen Sprache, pflegt die internationale kulturelle Zusammenarbeit und vermittelt ein aktuelles Deutschlandbild. Durch Kooperationen mit Partnereinrichtungen an zahlreichen weiteren Orten verfügt das Goethe-Institut insgesamt über rund 1.000 Anlaufstellen weltweit. www.goethe.de
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