Was wäre eine Stadt ohne grünes Kleinod? Sina und Mathilde nehmen uns mit in Toulouses majestätische Gärten und in Hamburgs wilde Parks.
Hamburgs wilde Gärten
Hamburg zu entdecken, wirkte auf mich in erster Linie wie ein tiefes Atemholen, das Tanken frischer Luft. Die großen, mitten in der Stadt gelegenen Parks widersprechen dem, was ich bisher kannte. In Frankreich folgen die Parks einer strengen Linienführung, die Pflanzen sind ordentlich gestutzt und die Alleen sorgfältig gerecht. Hier drängt sich die Natur sanft der Stadt auf, und es scheint nicht so, als wolle die sie wirklich daran hindern.
Mit über 10.000 Hektar Grünfläche ist Hamburg die zweigrünste Stadt Deutschlands – der Spaziergänger hat lediglich die Qual der Wahl. Die Parks sind stets gut besucht. Im Sommer? Da ist die Zeit, um hier mit Freunden anzustoßen und zu grillen. Im Augenblick begegne ich Familien, die Kinder sammeln Kastanien und bunte Blätter. Wen ich wohl im Winter treffen werde?
Einer meiner Lieblingsplätze ist der Altonaer Balkon, ein langgezogener Park oberhalb des Hafens. Die Hamburger gehen hier seit dem 19. Jahrhundert spazieren und man versteht auch warum: Vom Weg aus sieht man zuweilen die majestätischen Kräne des Hafens, und manchmal hebt man die Augen von seinem Buch, um zu beobachten, wie ein Lastcontainer mühsam im Hafen abgeladen wird.
Aber es ist der Alsterpark, wo ich mich am meisten aufhalte. Dieser Park führt am in der Stadt gelegenen See entlang und hält für alle seine großen Wiesen bereit: Man trifft regelmäßig auf schwungvoll joggende Sportler, Gruppen von schwangeren Frauen, die im Gleichschritt marschieren, Frischverheiratete vor malerischem Hintergrund, und nicht zuletzt die – manchmal etwas zu launischen – Enten und Gänse. Ich verstehe, warum sie alle hier sind: Die Aussicht ist wunderschön.
Im Toulouser Garten der Geschichten
Die letzten schönen Tage nahen, und wo, wenn nicht hier – im Land der Gärten von Versailles – sollte ich einen Ort finden, um mich besonders französisch ins Gras zu setzen? Schon bei Voltaire heißt es doch, man solle seinen Garten bestellen, und so mache ich mich auf den Weg. Erwarten mich majestätische Ordnung und Symmetrie nach André Le Nôtre?
Im eher prosaischen Verwaltungsviertel Compans Caffarelli stoße ich auf den Japanischen Garten, ein Ort fernöstlicher Romantik mit einem Teepavillon, so ganz anders als der typisch französische Barockgarten, und auch der Museumspark in Borderouge ist international: In acht Parzellen wird gezeigt, wie man sich in den verschiedenen Regionen der Welt ernährt.
Im Süden von Toulouse treffen drei Parks aufeinander, der Jardin du Grand Rond, der Jardin des Plantes und der Jardin Royal. Ich sehe wie erwartet lange Alleen und akkurat zu Bildern gestutzte Beete in einem grünen Rund, ursprünglich für das Boulespiel gedacht. Doch es gibt auch einen Teich und sogar Tiere. Enten, Pfauen, Ponys … und ein Hahn in einem Baum. Da hat doch der Teufel seine Hände im Spiel!
Ich nehme also die kleine geschwungene Brücke über die Straße zur nächsten grünen Insel, einem Garten mit hohen Bäumen. Gelb und rot wogen sie im Wind und schütteln ihre Blätter ab.
Eingefrorene Mythen posieren im Grün: Die Statuen von Atalante und Apollo gleiten an mir vorbei, ein verliebtes Paar und der kleine Prinz auf den Händen von Antoine de Saint-Exupéry, der in Toulouse für die Luftpost tätig war.
Der Garten ist ein Ort der Kultur und der Geschichten. In Toulouse fließt er in die urbanen Lücken, breitet sich aus, wo die enge Altstadtstruktur Raum gibt.
Dort möchte ich flanieren und die Nymphen entdecken, die am Teich spielen. Doch eine Geschichte muss ich noch erzählen: die des japanischen Botschafters, der dem Bürgermeister einen Gingko geschenkt hat, nicht wissend, dass dessen Früchte bestialisch stinken – ein Baum der bis heute dafür sorgt, dass das Gras in seinem Teil des Parks besonders ungestört wächst.