„Sozialer Brennpunkt“, „Ghetto“, „No-Go-Area“ – bestimmte Stadtteile gelten als „Problemviertel“. Aber wie kommt es überhaupt dazu und wie gehen die Bürgerinnen und Bürger damit um?
Am Beispiel ausgewählter Stadtviertel in Belgien, Deutschland, Frankreich und Italien zeigen wir Ursachen und Prozesse der Stigmatisierung von urbanen Räumen sowie Initiativen für ein besseres Zusammenleben.
Wieso NO-GO?
Wie kommt es dazu, dass bestimmte Stadtviertel den Ruf einer „No-Go-Area“ erhalten? Spielen neben sozialen, wirtschaftlichen und strukturellen Ursachen auch die Medien eine Rolle?
Zahlen und Statistiken können das Leben in seiner Vielfalt niemals abbilden. Dennoch bieten sie einen Anhaltspunkt dazu, die Realität besser einschätzen zu können. Von diesem Gedanken ausgehend haben wir uns entschieden, die Stadtviertel des No-Go-Dossiers – in ihrer ganzen Unterschiedlichkeit – anhand ein paar ausgewählten Eckdaten vorzustellen.
Wo liegt das Viertel, wie viele Menschen leben dort, woher kommen sie, wie jung sind sie? Die Zahlen fallen oft anders aus, als erwartet. Noch mehr aber überraschen ein paar Fakten ganz anderer Art – testen Sie Ihr Wissen!
Wie sehen die Bewohner selbst ihr Stadtviertel? Welchen Einfluss hat das negative Image des Stadtteils auf ihr Leben?
Hochzeitsmeile: Tüll Und Träume
Wie Weseler Straße in Duisburg-Marxloh ist bekannt als Hochzeitsmeile: Nirgendwo sonst in Deutschland gibt es so viele Brautmodengeschäfte auf engstem Raum, so viele Schaufenster voller Kleider, Smokings, Ringe und Hochzeitstorten. Dazwischen: Supermärkte, Grillrestaurants, Baklava-Bäckereien. Hier ist immer Leben. Die Weseler Straße ist auch die Hauptstraße von Marxloh, das mit dem Stigma „Problemviertel“ kämpft. Wer hier einkauft, wohnt und arbeitet, wird meist nur nach den Problemen gefragt. Und viel zu selten nach dem Leben.
Ein Problemviertel erfindet sich neu
Ein Porträt über Bewohner, die mit Klischees brechen wollen und lieber von Solidarität und gegenseitiger Unterstützung sprechen, als von Gewalt. Eine Begegnung im Stadtviertel Les Courtillières zwischen Bürgerhaus und Moschee.
Das in den fünfziger Jahren entstandene Viertel Les Courtillières in Pantin (Departement 93) ist exemplarisch für die aktuelle Modernisierung der großen Wohnkomplexe in den Pariser Vororten. Wie 500 weitere Viertel in Frankreich, die als soziale Brennpunkte gelten, hat dieses von den verschiedenen städtischen Sanierungsprogrammen, die seit den 2000er Jahren durchgeführt wurden, profitiert. Die berühmte, aus Sozialwohnungsbauten bestehende „Schlange“ wurde renoviert und mit Mosaiksteinen verschönert. Einigen Bewohnern wurden neue Wohnungen zugewiesen, um Neuankömmlingen Platz zu machen. Die Siedlung bekommt somit nach und nach ein neues Gesicht. Ruhiger, aber auch weniger lebendig, würden manche sagen.
Im Juli 2015 hat das Viertel Aufsehen erregt: Zwei Frauen sind von ihrem Nachbarn mit einer Stichwaffe getötet worden. „Das ist ehrlich gesagt zwar sehr bedauerlich, aber ich denke nicht, dass das auf die Arbeit der Stadtverwaltung, die das Leben im Viertel verbessern will, ein schlechtes Licht wirft, es bedeutet nicht einmal einen Anstieg der örtlichen Gewalt“, sagte eine Bewohner nach diesem Vorfall.