Kunstmarkt
„Kommerz und Kunst darf kein Tabu mehr sein“

Magnus Resch
Magnus Resch | Foto (Ausschnitt): © David Sonntag

8.000 Galerien hat der Unternehmer Magnus Resch für eine Studie weltweit befragt, über 1.000 haben reagiert. Aus der Auswertung entstand das Handbuch „Management von Kunstgalerien“. Es will Galerien Anregungen bieten, ihren kommerziellen Erfolg zu steigern. Ein Gespräch über globale Märkte, Orte und Protagonisten.

Herr Resch, sowohl für die deutsche als auch für die englische Ausgabe Ihres  Buches „Managment von Kunstgalerien“ haben ein deutscher und ein amerikanischer Galerist die Vorworte verfasst. Sie selbst sind kürzlich von Berlin nach New York gezogen. Wie wichtig sind bestimmte Orte  in einem immer globaler werdenden Kunstmarkt?

Überlebensrelevant, denn der Kunstmarkt ist klein. Der Jahresumsatz aller Akteure, das heißt aller Galerien, Auktionshäuser und Händler beträgt gerade einmal so viel, wie der Umsatz des Logistikunternehmens FedEx. Deutschland spielt dabei nur eine geringe Rolle. Die Nummer eins weltweit ist New York, gefolgt von London und schließlich Hong Kong. Die Kunden orientieren sich international und ein Galerist muss ihnen folgen. Viele Galeristen haben das erkannt. Das ist einer der Gründe für den rasanten Anstieg von Messen. Meine aktuelle Umfrage zeigt, dass fast 90 Prozent aller Galerien im Jahr 2015 auf Messen gehen wollen.

„Mittelgroß ist zu klein“, zitierte die Süddeutsche Zeitung unlängst die beiden Berliner Esther Schipper und Jörg Johnen, als deren erfolgreiche Galerien zusammengelegt wurden. Macht die Größe den Erfolg im Kunstmarkt aus?

Nein. Ein einzelner Händler kann durchaus erfolgreich sein: Wenige Werke, die jedoch hochpreisig und mit attraktiven Margen verkauft werden – der Luxusmarkt bietet dafür gute Voraussetzungen. Das persönliche Netzwerk ist entscheidend. Ein Galerist steht jedoch vor einer anderen Herausforderung. Er will Marktmacht und Signifikanz für seine Künstler aufbauen. Es geht ihm darum, eine Marke zu kreieren. Dafür nimmt er hohe Fixkosten für Miete und Mitarbeiter in Kauf. Es ist daher logisch, die Kräfte zu bündeln. Mit mehr Ressourcen kann man Künstler folglich nicht nur in Deutschland vertreten, sondern weltweit. Im Übrigen ist der Kunstmarkt ein Verdrängungsmarkt: Das Angebot ist deutlich größer als die Nachfrage. Einfacher gesagt: Es gibt schlichtweg zu viele Galerien. Der Markt schreit förmlich nach Konsolidierung.

Während bei der sogenannten Informationsgalerie ab den 1970er-Jahren eine umfassende Vermittlungsarbeit im Vordergrund stand, soll ein ausgereiftes Management heute zu einer Steigerung des Umsatzes führen. Wer oder was hat sich geändert?

Geändert hat sich gar nichts. Der Kunsthandel wird heute immer noch unprofessionell betrieben. 30 Prozent aller Galerien weltweit machen Verluste. Die Fluktuation des Marktes ist riesig, täglich sterben Galerien. Dabei sind Galerien so wichtig. Für mich sind sie der relevanteste Akteur im Kunstmarkt. Sie finden Künstler, bauen diese auf und bringen sie in die Museen. Das ist ein ungeheuerlicher Dienst für die Gesellschaft, der jedoch völlig unentgeltlich bleibt. Die Kunsthalle bekommt Steuergelder, der Galerie wird eine Mehrwertsteuererhöhung aufgebrummt.

„Weniger Kunstgeschichte, mehr Management“, lautet Ihre Prämisse. Wird von den Akteuren des Kunstmarktes nicht mehr so etwas wie Kennerschaft, das Wissen über größere inhaltliche Zusammenhänge erwartet? Wer regiert in Zukunft den Kunstmarkt?

Die Anforderungen haben sich erweitert. Der Markt ist deutlich relevanter geworden. Heute kaufen Kunden nicht nur ein schönes Kunstwerk. Sie wollen damit auch Geld verdienen. Deswegen müssen wir endlich anfangen, über Geld zu reden. Die Kölner Galeristin Anne Aebels sagte mal: „Unser Geschäft hat einen Nimbus, und den beschmutzen Sie, wenn Sie über das Geschäftliche schreiben“. Das war 1965. Bis heute hat sich daran nichts geändert. Kommerz und Kunst darf kein Tabu-Thema mehr sein.

Einige Galerien haben die richtige Balance bereits gefunden. In der größten Studie zu Galerien weltweit habe ich versucht herauszufinden, was erfolgreiche Galeristen von nicht erfolgreichen unterscheidet. Die Antwort ist eindeutig: Gute Galeristen sind sowohl erfahren in der Kunstgeschichte, als auch gute Manager. Bei ihnen gehen Kommerz und Kunst Hand in Hand. Damit ist es jedoch nicht getan. Es gibt noch eine dritte Fähigkeit, die ein Galerist heute haben muss. Ich nenne es die sozio-ethische Komponente. In einem Markt, der völlig unreguliert ist, muss der Galerist Vertrauen aufbauen, indem er Standards schafft, transparent arbeitet und fair mit seinen Partnern umgeht. Nur so kann er dauerhaft wirtschaften.

Cover_Resch © Magnus Resch Magnus Resch hat in Harvard, London und St. Gallen Wirtschaft studiert
und während seines Studiums eine Galerie gegründet.
Nach Aufenthalten in Berlin und Hong Kong lebt der gebürtige Deutsche heute in New York.
Als Unternehmer ist er unter anderem Mitbegründer von Larry’s List, einer Online-Datenbank,
die öffentlich verfügbare Informationen über Sammler bündelt und Galerien anbietet.
Als Dozent unterrichtet Resch Kulturmanagement in St. Gallen.
Deutsche Ausgabe: Magnus Resch, Management von Kunstgalerien, Vorwort Johann König, Verlag Hatje Cantz 2015
Englische Ausgabe: Management of Art Galleries, Foreword Jeffrey Deitch, Verlag Hatje Cantz 2015.