Klimagerechtigkeit für behinderte Menschen in Deutschland  (K)eine Debatte

Hochwasser in der italienischen Region Emilia-Romagna, hier in der Kleinstadt Conselice, im Mai 2023
Hochwasser in der italienischen Region Emilia-Romagna, hier in der Kleinstadt Conselice, im Mai 2023 Foto: Cesare Barillà via wikimedia | CC BY-SA 4.0

Nach dem Tod von 13 behinderten Menschen bei der Flutkatastrophe im Ahrtal im Juli 2021 erhielt Klimagerechtigkeit für behinderte Menschen in Deutschland ein wenig Aufmerksamkeit – doch nicht lange. Dabei könnte gerade das Überwinden des ökologischen Ableismus wichtige Impulse zur Bewältigung der Klimakrise geben.

Wenn ich anfange von Klimagerechtigkeit für behinderte Menschen zu sprechen, komme ich schnell auf mein Auslandsleben in Italien. Es fühlt sich immer noch surreal an, wie stark sich die Naturkatastrophen in Bologna, Hauptstadt der italienischen Region Emilia-Romagna, häufen. Als ich mich auf ein Masterstudium an der Universität Bologna bewerben wollte, wäre ich während eines Sprachkurses im Juni 2019 an einem Tag mit einem neuen Hitzerekord fast kollabiert. Diagnose: möglicher Hitzschlag. Daraufhin fing ich zum ersten Mal an, nach Informationen über die Klimakrise und deren Auswirkungen auf die Lebenswelten behinderter Menschen zu suchen. Während ich auf Deutsch kaum Infos fand, stellte ich bei US-amerikanischen Behindertenaktivist*innen bereits ziemlich besorgte Debatten fest.

Einige warnten gar schon vor einem Genozid an behinderten Menschen: Ableismus wurde von Kolonialist*innen unter anderem auch zur Vernichtung der indigenen Bevölkerung eingesetzt. Bis heute sind insbesondere indigene behinderte Frauen und Kinder von den Folgen des Klimawandels weltweit am meisten bedroht. Als Folge der Kolonialisierung haben sie nach wie vor den schlechtesten Zugang zu Bildung, Gesundheitsleistungen und haben ein besonders hohes Risiko in Armut leben zu müssen. Die Ausbeutung von Menschen und Ressourcen während der Kolonialisierung sind eine historische Ursache für den Klimawandel und treffen hier auch insbesondere behinderte Menschen stark. Ihr Überleben in der Klimakrise wird offenbar als so unwichtig angesehen, dass man sie lieber einfach sterben lasse.

Seitdem treibt mich Klimagerechtigkeit für behinderte Menschen um. Nicht zuletzt, da ich damit in Italien und auch Deutschland tagtäglich konfrontiert bin. Im Mai 2023 gab es zwei sehr schwere Hochwasserkatastrophen in der Emilia-Romagna mit über 400 Erdrutschen. In den nachfolgenden 22 Monaten folgten noch drei weitere schwere Hochwasser in der gleichen Region, in der ich in Italien lebe, – das letzte erst wenige Tage, bevor ich diesen Artikel beendet habe. Der Meteorologe Pierluigi Randi, Präsident der Associazione Meteo Professionisti Italiani (AMPRO), nannte die Flutkatastrophe im Mai 2023 eine Zäsur, einen unumkehrbaren Einschnitt in die Lebenswelt der Region mit Klimakatastrophen und spricht sich daher auch für präventive Evakuierungen aus. Nichts würde jemals wieder so werden, wie es einmal war.

Zusätzlich herrscht dauerhaft eine Warnung vor sehr stark erhöhten Feinstaubwerten in Bologna. Vor einem Jahr warnten Meteorolog*innen aufgrund der Belastung für die Gesundheit ausdrücklich bei diesen Feinstaubwerten auch nur joggen zu gehen. Und nicht zu vergessen die dauerhaften Hitzewellen im Sommer, die vermehrt zu Todesfällen führen. Auch in Deutschland sieht meine Situation nicht allzu viel besser aus. Die Süddeutschlandflut Anfang Juni 2024 ereignete sich nur wenige Kilometer von meinem Elternhaus entfernt, wo ich gerade zu dieser Zeit war. All diese Ereignisse bedrohen akut meinen Alltag und regelrecht mein Überleben – besonders als behinderte Frau.

Keine Tragödie, sondern struktureller Ableismus

Während der Flutkatastrophe im Ahrtal im Juli 2021 ertranken 12 behinderte Menschen in einer Behinderteneinrichtung der Lebenshilfe in Sinzig, weil sie nicht rechtzeitig evakuiert wurden. Um Kosten einzusparen, gab es in der Flutnacht für die Evakuierung von 38 behinderten Personen nur eine Nachtwache und diese befand sich zu diesem Zeitpunkt im Nachbarhaus. Die Einrichtung lag ganz in der Nähe eines kleinen Flusses, der in dieser Nacht zu einem reißenden Strom wurde. Aktuell gibt es Pläne in der Innenstadt von Sinzig eine neue Einrichtung zu bauen. Nachbar*innen lehnen ganz offen den Bau der Einrichtung ab, weil sie eine Lärmbelästigung durch die behinderten Menschen erwarten und noch weniger Parkplätze. Oder kurz: Behinderte Menschen sollen erst gar nicht im öffentlichen Raum auftauchen. Ebenso wenig im Katastrophenschutz.

Schon als Schülerin musste ich schmerzhaft miterleben, dass ich weder im deutschen Regelschulsystem als Schülerin willkommen war noch im Brandschutz beachtet wurde. So lernte ich schon als Kind: Behinderte Menschen sind im Katastrophenfall offensichtlich nicht rettenswert genug. Bei einem echten Feueralarm musste ich mit einer Mitschülerin allein einen Treppenlift nutzen. Als ich den Aufzug nehmen wollte, bekam ich sogar noch Ärger. Aber niemand machte sich Gedanken, warum zwei Schulkinder ohne Lehrkraft sich selbst retten mussten. Ein Schuljahr später wurden meine Eltern aufgefordert, selbst eine Lösung für mich zu finden. Als mein Vater einen Rettungsstuhl vorschlug, wurde dieser aus Kostengründen doch nicht angeschafft.

Aus Gesprächen mit anderen behinderten Menschen kenne ich ähnliche Geschichten. Dies ist insbesondere problematisch, da kein struktureller Ableismus wahrgenommen wird, sondern stattdessen die behinderte Person zum Problem erklärt und Katastrophenschutz individualisiert wird. So wurde die Katastrophe in der Behinderteneinrichtung in Sinzig 2021 von vielen zunächst als nicht verhinderbare Tragödie gesehen. Es verwundert mich nicht, dass statistisch gesehen die Wahrscheinlichkeit für behinderte Menschen bei Naturkatastrophen schweren Schaden zu nehmen oder gar zu sterben bis zu vier Mal höher ist.
70 Prozent aller behinderten Menschen weltweit leben im Globalen Süden und sind am meisten von den Auswirkungen der Klimakrise bedroht. Die Perspektiven nichtbehinderter Wissenschaftler*innen aus dem Globalen Süden werden in der akademischen Welt unterdrückt und oftmals unsichtbar gemacht. Wie sieht es dann erst für behinderte Menschen im Globalen Süden aus?

Forschungslücke über Behinderung in der Klimakrise

Vor vier Jahren traf ich die Ökologin Aleksandra Kosanic, die zu den den Auswirkungen der Klimakrise auf behinderte Menschen weltweit forscht, für ein Skype-Interview. Sie sprach mit mir über ihre Arbeit und wie schwer es zu Beginn war, einen Übersichtsartikel über die Auswirkungen der Klimakrise auf behinderte Menschen in einer wissenschaftlichen Zeitschrift zu veröffentlichen. Das renommierte Wissenschaftsmagazin Nature lehnte den Artikel ab – mit der Begründung, es gäbe dafür kein Publikum. „Das ist sehr üblich und zeigt die historische Benachteiligung von Menschen mit Behinderung in der Wissenschaft“, sagte mir Aleksandra Kosanic, zugeschaltet aus Liverpool, wo die Wissenschaftlerin wohnt und an der Universität forscht. Interessiert fragte sie mich auch noch meinen Erfahrungen im deutschen Bildungssystem, da sie während ihrer Promotion in Konstanz einen Forschungsaufenthalt hatte und ihr aufgrund ihrer Behinderung abgeraten wurde, überhaupt in die Forschung zu gehen.

Weiße behinderte Frauen aus dem Globalen Norden werden im akademischen Betrieb also auch nicht ernst genommen. 70 Prozent aller behinderten Menschen weltweit leben im Globalen Süden und sind am meisten von den Auswirkungen der Klimakrise bedroht. Die Perspektiven nichtbehinderter Wissenschaftler*innen aus dem Globalen Süden werden in der akademischen Welt unterdrückt und oftmals unsichtbar gemacht. Wie sieht es dann erst für behinderte Menschen im Globalen Süden aus?

Auch in Deutschland sieht die Datenlage zur Situation behinderter Menschen in der Klimakrise sehr mäßig aus. Ein Gespräch mit Politiker*innen und mir als Expertin für Klimagerechtigkeit wurde Anfang Dezember aufgrund der Neuwahl des Bundestages vertagt. Einzig die KIM-Studie, Bestandsaufnahme zum Katastrophenmanagement und der Inklusion von Menschen mit Behinderungen, wurde 2024 veröffentlicht. Sie bemängelt besonders die wenigen Daten für den Katastrophenschutz für behinderte Menschen. Bevor ich die Studie gelesen hatte, dachte auch ich, dass außerhalb der Behinderteneinrichtung in Sinzig keine weiteren behinderten Menschen umkamen. Somit blieb die Situation eines behinderten Mannes, der in seiner Wohnung ertrunken ist, komplett für die Öffentlichkeit unsichtbar.
Es kostet mich viel Energie und emotionale Arbeit immer wieder bei Journalismusnetzwerken sowie Aktivismusgruppen Aufklärungsarbeit leisten zu müssen und auf die Gunst weitaus privilegierterer Klimajournalist*innen angewiesen zu sein, um nicht weiter unsichtbar zu bleiben.

Keine Netzwerke für Menschen mit Behinderung in der Klimaszene

Im Oktober 2024 nahm ich an einer Klimajournalismus-Konferenz in Bologna teil und war sehr ernüchtert. Ich war die einzige sichtbar behinderte Person auf der gesamten Konferenz und fiel damit zusätzlich auf. Kein Stehtisch war für mich als gehbehinderte Person, die ein Dreirad zur Fortbewegung nutzt, barrierefrei zugänglich. So blieb ich bei sehr vielen Tischgesprächen ausgeschlossen. Der Zugang zur Behindertentoilette wurde, die meiste Zeit von einer großen Plakatwand verdeckt. Bei der Begrüßungsrunde wurde ich als einzige Person in kein Gespräch einbezogen und sogar belächelt, als ich von Anfang an über inklusiven Katastrophenschutz sprach, was ganz offensichtlich aber das wichtigste Thema des Wochenendes werden sollte.

Es interessierte niemanden, dass es eine Extremwetterwarnung für den letzten Tag der Konferenz gab. Gegen Ende der Diskussionsrunden begann der Starkregen. Der Veranstaltungsort in Bologna lag direkt in der Nähe der Straßen, die besonders stark von dem Hochwasser betroffen waren. Dass ich bei dem Hochwasser nicht eines der Todesopfer geworden bin, verdanke ich nur meiner Sprach- und Ortskenntnisse, meinem eigenen Wissen über Katastrophenschutz und wie ich mich in dieser Gefahrenlage verhalten muss: Ab nach Hause in ein höheres Stockwerk und dort bleiben bis sich die Situation verbessert. Statt meinem Wunsch nach Netzwerken und Austausch, blieb ich größtenteils allein. Leider kein Einzelfall.

Anfang des Jahres wollte ich meine Recherche über Klimagerechtigkeit in der Emilia-Romagna vertiefen, indem ich zum ersten Mal ein Treffen bei einer lokalen Klimaaktivismusgruppe in Bologna besuchen wollte. Hier scheiterte ich schon an der Türschwelle. Gehbehinderte Aktivist*innen oder Interessierte sind der Gruppe offensichtlich bisher nicht bekannt. Auf meine Kritik reagierten sowohl ein Klimajournalismus-Netzwerk als auch die Aktivistengruppe. Eine Vertreterin des Klimajournalismus-Netzwerks Deutschlands kontaktierte mich und wir sprachen über meine Erfahrungen auf der Journalismuskonferenz in Bologna, sowie welche Wünsche ich an das Netzwerk als behinderte Journalistin habe. Diese Erfahrung ist ein wichtiger Schritt für mich aufeinander zuzugehen und ins Gespräch zu kommen, um der fehlenden Repräsentation behinderter Menschen entgegenzuwirken.

Die Klimaaktivismusgruppe aus Bologna antwortete mir etwas unbeholfen auf meinen Kommentar, indem ich kritisierte, nicht einmal das Gebäude der Veranstaltung betreten zu können. Ich befürchte, dass die Umweltaktivist*innen bisher noch gar nicht auf die Idee gekommen sind, dass behinderte Menschen sich an ihrer Arbeit beteiligen oder dafür interessieren könnten. Besonders tragisch ist daran, dass sich die Gruppe selbst Bologna For Climate Justice nennt, aber gerade die Menschen ausschließt, die besonders von den Folgen der Klimakrise betroffen sind. Ohne die Präsenz behinderter Menschen werden sie vermutlich aber auch keine Kenntnisse dieser Lebensrealität dazugewinnen. Es kostet mich viel Energie und emotionale Arbeit immer wieder bei Journalismusnetzwerken sowie Aktivismusgruppen Aufklärungsarbeit leisten zu müssen und auf die Gunst weitaus privilegierterer Klimajournalist*innen angewiesen zu sein, um nicht weiter unsichtbar zu bleiben.
Selbstkritisch musste ich erkennen, dass auch ich als behinderte Frau im Globalen Norden wirtschaftlich von behinderten Menschen im Globalen Süden profitiere. Umso beschämender ist für mich der Gedanke, dass gerade dort behinderte Menschen auch für meine Rechte rund um Klimagerechtigkeit schon eingetreten sind, bevor ich die Krise selbst erkannte.

(Nicht) ohne uns

Leider beobachte ich insbesondere in Deutschland, dass trotz einer vermehrten Häufung von schweren Hochwassern und Hitzewellen bei Behindertenaktivist*innen selbst eher ein geringes Interesse besteht, sich mit der eigenen Bedrohung durch den Klimawandel auseinanderzusetzen und aktiv für Klimagerechtigkeit und besseren Katastrophenschutz einzutreten. Mehrfach erklären mir andere behinderte Menschen, dass sie nur mich über Katastrophenschutz reden hören, setzen sich selbst aber nicht intensiver damit auseinander. Seit vier Jahren spreche ich auf Konferenzen und an Universitäten über Klimagerechtigkeit für behinderte Menschen – ohne große Außenwirkung.

Leider nutzen behinderte Influencer*innen wie Matilda auf der nationalen Klimademo am 14. Februar 2025 ihre Reichweite nur, um einmal auf einer Demonstration über Ökoableismus zu sprechen, äußern sich aber sonst nicht weiter zu diesen Themen vor ihrem Publikum. Ebenso verweisen sie nicht auf behinderte Umweltaktivist*innen wie Cecile Lecomte, die sich gar schon seit Jahrzehnten energisch für den Umweltschutz und Klimagerechtigkeit für behinderte Menschen engagiert. Natürlich können auch Influencer*innen nicht über alle Themen gleich informiert sein, dennoch tragen sie aufgrund ihrer Reichweite politische und gesellschaftliche Verantwortung auf kompetente Personen oder Organisationen zu verweisen, die sich aktiv für politische Veränderungen wie beispielsweise einen inklusiven Katastrophenschutz einsetzen oder diese selbst als Redner*innen auf Demonstrationen vorzuschlagen. Somit besteht zusätzlich die Gefahr, dass die Arbeit von engagierten Kräften der Behindertenbewegung wie Maria-Victoria Trümper von der ISL noch weniger beachtet werden. Ich selbst fühle mich oft unfreiwillig und unterschwellig zur „Greta Thunberg für Klimagerechtigkeit für behinderte Menschen“ erklärt, obwohl es nicht die Aufgabe Einzelner wie mir sein kann, Aufmerksamkeit und Wissen über die derzeit größte weltweite Katastrophenlage der Menschheit zu schaffen. Ebenso können einzelne Personen nicht alle Lebenswelten behinderter Menschen kennen und somit werden wichtige Aspekte in Debatten rund um Klimagerechtigkeit unsichtbar bleiben.

Auch hier zeigten sich dramatisch weltweite Machtverhältnisse und Privilegien. Meinen größten Respekt erhält daher die Arbeit von behinderten Klimaaktivist*innen aus dem Globalen Süden, welche seit Jahren für eine offizielle Vertretung behinderter Menschen bei den jährlichen COP-Klimakonferenzen kämpfen. 70 Prozent aller behinderten Menschen leben im sogenannten Globalen Süden. Die Bezeichnung geht auf Antonio Gramsci zurück, der 1926 mit dem Begriff „Südfrage“ die Machtverhältnisse innerhalb der noch jungen Nation Italien beschrieb. Während der Norden Italiens stark industrialisiert und finanziell bessergestellt ist, lebt der Süden nach wie vor überwiegend von Landwirtschaft und inzwischen auch Tourismus. Das Ungleichgewicht der wirtschaftlichen Entwicklung zeigt sich bis heute.

Gramscis Beschreibung des historisch bedingten wirtschaftlichen Ungleichgewichts zwischen Italiens Norden und Süden wurde später verwendet, um das wirtschaftliche Ungleichgewicht und Abhängigkeiten von ehemaligen Kolonien oder indigenen Bevölkerungsgruppen, die in Ländern des Globalen Südens leben, gegenüber Ländern des Globalen Nordens zu beschreiben. Besonders beeindruckt mich hier die Arbeit der behinderten Maori-Menschenrechts- und Umweltaktivistin Kera Sherwood-OʼRegan aus Neuseeland. Selbstkritisch musste ich erkennen, dass auch ich als behinderte Frau im Globalen Norden wirtschaftlich von behinderten Menschen im Globalen Süden profitiere. Umso beschämender ist für mich der Gedanke, dass gerade dort behinderte Menschen auch für meine Rechte rund um Klimagerechtigkeit schon eingetreten sind, bevor ich die Krise selbst erkannte. Offensichtlich hat sich meine Lage innerhalb Europas durch mein Leben mit Italiens Klimakatastrophen kolossal geändert.

Die Klimakrise ist ableistisch

Ein Auslöser der Klimakrise ist der Kapitalismus und der Raub von Ressourcen dieses Planeten, welche gar nicht vorhanden sind. Dies verdeutlicht jedes Jahr aufs Neue der Earth Overshoot Day, also der Tag des Jahres, an dem die Nachfrage der Menschheit nach nachwachsenden Rohstoffen das Angebot und die Kapazität der Erde übersteigt. Dieser Erdüberlastungstag setzt seit Beginn der Messung immer früher ein, 2024 am 1.August. Betrachten wir die Erde als einen Körper, an dem wir alle mehr oder weniger Raubbau betreiben, werden wir uns immer mehr bewusst, wie ableistisch die Klimakrise eigentlich ist und gerade der Fokus auch mehr auf behinderte Menschen gelegt werden sollte. Ein Aspekt von Ableismus ist Menschen nur nach ihrer Leistungsfähigkeit zu bewerten und bestimmte Fähigkeiten wie sehen, sprechen, gehen und viele weitere als selbstverständlich zu betrachten. Beuten wir nicht jedes Jahr immer mehr und mehr Ressourcen, wie Wasser, Luft zum Atmen, unsere Böden und die Artenvielfalt auf ein so intensives Maß aus, dass die Leistungsfähigkeit des Planeten komplett kollabiert?

Aus nichtbehinderter Sicht heißt es: Die Erde hat Fieber. Wie bei einem Burnout, der auch aus überlasteter Leistungsfähigkeit eines Menschen resultiert, zerstören wir nur vielmehr die eigene Lebensgrundlage. Aus diesem Gedanken heraus, erscheint es mehr als sinnvoll gesamtgesellschaftlich viel stärker die Lebensweisen behinderter Menschen auch als Lösung für ein nachhaltigeres Leben, fernab von Hyperkapitalismus zu betrachten. Darum gilt: Beschäftigt euch mit Ökoableismus und gebt insbesondere behinderten Menschen aus dem Globalen Süden die Aufmerksamkeit für ihre Arbeit am Verhandlungstisch, die sie verdient haben.

Perspectives_Logo Die Veröffentlichung dieses Artikels ist Teil von PERSPECTIVES – dem neuen Label für unabhängigen, konstruktiven, multiperspektivischen Journalismus. JÁDU setzt dieses von der EU co-finanzierte Projekt mit sechs weiteren Redaktionen aus Mittelosteuropa unter Federführung des Goethe-Instituts um. >>> Mehr über PERSPECTIVES

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