Leben im Anthropozän © Mike C. Valdivia /unsplash

Leben im Anthropozän

Der Mensch verändert seine Umwelt. Er ist heute ein bestimmender Faktor für das gesamte Erdsystem – vom Klimawandel bis zur Artenvielfalt. Aber reicht das aus, um von einem „Erdzeitalter des Menschen“, dem Anthropozän (altgriechisch ánthropos, der Mensch), zu sprechen?

„Hören Sie auf, vom Holozän zu sprechen, wir leben doch schon längst im Anthropozän.“ So unterbricht der Atmosphärenchemiker Paul Crutzen im Jahr 2000 eine Konferenz. Doch worüber regt sich der Nobelpreisträger und Entdecker des Ozonlochs eigentlich auf?

Holozän heißt die Epoche der Erdgeschichte, die vor 11.700 Jahren mit dem Ende der letzten Kaltzeit beginnt. Das Klima in dieser Zeit ist ungewöhnlich stabil. Viele Wissenschaftler*innen halten das für eine wesentliche Voraussetzung für die Entwicklung der menschlichen Hochkulturen. Doch damit scheint es vorbei zu sein: Seit Beginn der Industrialisierung steigt die globale Durchschnittstemperatur deutlich. Die meisten Wissenschaftler*innen sind überzeugt, dass die Gründe dafür im Handeln des Menschen liegen, unter anderem in der intensiven Landwirtschaft, der weltweit wachsenden Wirtschaft und dem zunehmenden Verkehr.

Die große Beschleunigung
Bereits seit Tausenden von Jahren greifen Menschen in ihre lokale Umwelt ein. Mit der industriellen Revolution um 1800 beginnt die massive Nutzung fossiler Brennstoffe. Aber erst seit den 1950er-Jahren entwickelt sich auf der ganzen Welt der Einfluss des Menschen viel schneller als jemals zuvor. Deshalb sehen viele Vertreter*innen der Anthropozänforschung den Beginn des „Menschenzeitalters“ in der Mitte des 20. Jahrhunderts: Die Weltbevölkerung wächst ebenso rasant wie die Nutzung fossiler Energie. Und damit auch die Menge des Treibhausgases Kohlenstoffdioxid (CO2) in der Atmosphäre. Diese Entwicklung wird als „Great Acceleration“, auf Deutsch „Die große Beschleunigung“, bezeichnet.

Weitere Informationen zur „Großen Beschleunigung“ bietet das interaktive Dossier „Anthropozän“ der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb).

Hättest Du's gewusst?

1 von Tausend | Bananen Banane pixabay.com
Es gibt viele verschiedene Bananenarten, aber nicht alle sind essbar. Insgesamt bringen es die Zuchtbananen auf mehr als 1000 Kreuzungen und Varianten. In Europa und den USA findet man in den Läden aber oft nur eine einzige, ganz bestimmte Sorte: "Cavendish". Diese Banane schmeckt sehr mild. Sie wird grün geerntet und ist daher gut zu transportieren – für den Handel also praktisch.

- 57 Prozent | Singvögel
 
© Max-Planck-Gesellschaft
In Deutschland und Europa gibt es immer weniger Vögel. Vogelarten, die in Agrarlandschaften leben, sind besonders in Gefahr. Die Zahl der Brutpaare in landwirtschaftlichen Gebieten ist in der Europäischen Union zwischen 1980 und 2010 um 300 Millionen zurückgegangen.

40 Millionen | Krill Krill © Helmut Corneli/ Alamy Stock Foto
Unter der Versauerung der Meere leiden vor allem Lebewesen mit einem Kalkskelett. Dann können zum Beispiel die Larven des Krills keinen Chitinpanzer mehr bilden und deshalb entwickeln sich deutlich weniger Eier zu Krebsen. Krill steht aber auf der Speisekarte sehr vieler Meeresbewohner. Ein großer Blauwal frisst am Tag bis zu 40 Millionen dieser Kleinkrebse.

4300 Fußballfelder | Landschaftszerstörung Braunkohleabbau © pixabay
Braunkohle wird im Tagebau gefördert. Die Flächen, die dabei zerstört werden, sind riesig. Der Braunkohletagebau Garzweiler in Deutschland ist fast 40 Quadratkilometer groß, das entspricht 4300 Fußballfeldern. Bis zu 40 Millionen Tonnen Kohle im Jahr werden dort gefördert. Dafür müssen allein hier bisher mehr als 7000 Menschen ihren Wohnort verlassen.

98 Prozent | Plastiknest Plastiknest © fotogaby / iStock
Vögel bauen ihre Nester aus Zweigen, Pflanzenfasern oder Algen. Immer häufiger aber auch aus Müll. Auf der Insel Helgoland enthalten 98 Prozent der Nester der Basstölpel Plastik. Das kann lebensgefährlich werden. Die Vögel können sich verfangen und verhungern dann, da sie das Plastik nicht durchbeißen können.

29 Grad | Korallen Korallenriff © Mina Ryad / Adobe Stock
Korallen sind einfache, vielzellige Nesseltiere. Sie leben in enger Gemeinschaft mit Einzellern, die die Korallen mit Nährstoffen versorgen. Auch für die bunten Farben der Korallen sind diese Einzeller verantwortlich. Doch wenn das Meerwasser zu warm wird, stoßen die Korallen ihre „Untermieter“ ab – und werden ganz weiß, sie „bleichen aus“. Auf Dauer können die Korallen ohne die Einzeller aber nicht überleben, sie sterben ab und übrig bleibt nur das Kalkskelett. Bei manchen Arten kommt es schon bei einer Wassertemperatur von 29 Grad Celsius zur „Bleiche“.

532 Milliarden | Eis Grönland © Jean-Christophe Andre / Pixabay
Durch die globale Erwärmung verliert Grönland im Sommer 2019 besonders viel Eis: 532 Milliarden Tonnen. Weltweit steigt dadurch der Meeresspiegel um 1,5 Millimeter. Ein Ende dieser Entwicklung ist nicht in Sicht.

80 Prozent | Handyschrott
Etwa 200 Millionen alte Mobiltelefone liegen ungenutzt in deutschen Haushalten. In jedem stecken rund 60 verschiedene Stoffe, die zum Rumliegen eigentlich zu schade sind: Kupfer, Aluminium und Gold, knappe Metalle wie Kobalt und Wolfram und etwa 17 der technisch wichtigen „Seltenen Erden“. Ungefähr 80 Prozent der Bestandteile alter Telefone könnten wiederverwendet werden.

40 Prozent | Insektenhotel Insektenhotel © pixabay
Mehr als 40 Prozent aller Insektenarten auf der Erde sind vom Aussterben bedroht. Sie verlieren ihre Lebensräume, weil immer mehr Flächen für die Landwirtschaft und auch für neue Siedlungen und Straßen genutzt werden. Die Zahl der Insekten sinkt auch in Deutschland extrem. Um etwas dagegen zu tun, stellen viele Menschen „Insektenhotels“ auf, damit Insekten ihre Eier dort ablegen können.

35 Prozent | Mikroplastik
Mikroplastik ist überall. Plastikpartikel lösen sich zum Beispiel beim Waschen von Kleidung. 35 Prozent des Mikroplastiks im Meer stammen daher. Weggeworfene Verpackungen aus Kunststoff zerfallen in immer kleinere Teile, doch erst nach Jahrhunderten verschwinden sie vollständig. Selbst in der Luft gibt es Mikroplastik: Der Wind verteilt es über die ganze Welt.
 
© Max Planck Gesellschaft
300 Jahre | Phosphatdünger
Ohne Phosphor kann nichts leben – keine Menschen, keine Tiere und keine Pflanzen. In der Landwirtschaft ist Phosphatdünger daher sehr wichtig. Die weltweiten Reserven reichen nach heutigen Schätzungen noch für mindestens 300 Jahre. Wir sollten bereits heute überlegen, wie wir mit dieser endlichen Ressource umgehen.

2007 | Tigermücke Tigermücke © gordzam / Adobe Stock
Die Asiatische Tigermücke fühlt sich in einem warmen und feuchten Klima wohl. Durch die globale Erwärmung kann sie sich in neue Lebensräume ausbreiten. In Europa findet sie zunächst in Italien ein neues Zuhause. Seit 2007 gibt es sie auch in Deutschland. Die tropische Mücke kann mehr als 20 Virusarten übertragen, darunter den Erreger des Denguefiebers.

0,04 Prozent | CO2
Kohlenstoffdioxid hat in der Luft nur einen Volumenanteil von 0,04 Prozent. Aber es hat eine besondere Eigenschaft: Es lässt die kurzwellige Strahlung der Sonne auf die Erde durch und verhindert gleichzeitig, dass die langwellige Wärmestrahlung in den Weltraum entweicht. So wird es auf der Erde immer wärmer. Man spricht deshalb von einem „Treibhausgas“. CO2 ist nicht das einzige Treibhausgas, aber ein wichtiges.
Zusammensetzung der Luft: Stickstoff rund 78 %, Sauerstoff rund 21 %, Argon 0,93 %, Kohlenstoffdioxid 0,04 %, weitere Gase in Spuren

1,5 Grad | Fleisch
Was können wir tun, um die globale Erwärmung zu bremsen? Deutlich weniger Fleisch zu essen, wäre ein Anfang. Das größte Problem für das Klima ist in diesem Zusammenhang die Rinderhaltung. Die Tiere benötigen viel Futter, das auf großen Flächen mit Dünger und Wasser angebaut werden muss. Und: Kühe rülpsen beim Wiederkäuen das Treibhausgas Methan aus.
 

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