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Interview
Özge Tahiroglu

Eine Frau in einer schwarzen Bluse steht lächelnd vor einer mit Bougainvillea bewachsenen Mauer. Sie neigt den Kopf leicht nach links und ihr langes schwarzes Haar fällt ihr über die linke Schulter.
Foto: Özge Tahiroglu

Özge, du unterrichtest seit fünf Jahren Deutsch im Goethe-Institut Zypern und bist Lehrerin für Deutsch an der Türk Maarif Koleji Schule im nördlichen Teil von Nikosia. Du hast Politikwissenschaften und Deutsch als Fremdsprachenphilologie  in Leipzig und in Heidelberg studiert und schon sehr früh in deinem Leben Kontakt zu Deutschland gehabt. Was sind deine ersten Erfahrungen mit der deutschen Sprache gewesen? Was gefällt dir an der deutschen Sprache?

Unsere Nachbarn sind Deutsche aus Neumarkt in der Oberpfalz. Seit meiner frühsten Kindheit gefällt mir die Melodie der deutschen Sprache, sodass ich schon während meiner Schulzeit ein großes Interesse daran hatte, die Sprache zu lernen und auch Deutschland kennen zu lernen.  Als ich dreizehn Jahre alt war,  haben mich unsere Nachbarn Renate und Manfred nach Deutschland eingeladen und mir ermöglicht, als Gastschülerin am Unterricht in einem Gymnasium in Neumarkt teilzunehmen. Nach dieser Erfahrung war mir klar, dass ich später in Deutschland studieren würde.

Heute als Deutschlehrerin empfinde ich die deutsche Sprache als unermesslichen Schatz an Vielfalt und Begrifflichkeiten. Sie verbindet mich immer wieder erneut mit Deutschland.

Noch bevor die Checkpoints geöffnet wurden, hast du im Goethe-Institut eine Deutschprüfung abgelegt. Man kann sich wahrscheinlich nicht mehr vorstellen, wie das damals abgelaufen ist.

Zunächst war es damals, im Jahr 1994, eine große Schwierigkeit den Kontakt zum Goethe-Institut zu bekommen, da es zwischen dem Norden und dem Süden keine Telefonverbindung gab. Ich erinnere mich noch daran, dass es ausschließlich über die UN möglich war, zu telefonieren.  Außerdem gab es einen Kontakt zu dem deutschen Konsul, der in bestimmten Abständen im Norden Sprechstunden abgehalten hatte. Dank dieser Verbindung war es mir möglich, mich für eine Deutschprüfung im Goethe-Institut anzumelden.  Es war schwierig die behördliche Erlaubnis für den Übergang der Grünen Linie zu erhalten.

Ich weiß noch genau, wie aufregend und angsteinflößend der Weg zum Goethe-Institut durch das Niemandsland war. Die Wände der Häuser waren mit Einschusslöchern übersät. Der Weg, den ich ganz allein gehen musste, war mir sehr unheimlich. Dagegen war der herzliche Empfang der Lehrerinnen des Goethe-Instituts für mich unvergesslich.  Meine ersten Begegnungen mit griechischsprachigen Zyprioten fanden im Garten des Instituts statt, während wir alle aufgeregt auf die mündlichen Prüfungen gewartet haben.  Aus diesen Begegnungen haben sich Freundschaften entwickelt, die bis heute noch bestehen.

Aktuell bist du auch die einzige Zypriotin unter den Lehrer:innen. Wie fühlt man sich als türkischsprachige Zypriotin am Goethe-Institut, wie ist die Atmosphäre im Lehrerkollegium und in den Klassen?

Auf diese Frage kann ich nur sagen, dass ich mich wie zu Hause fühle. Für mich persönlich ist dieser Ort ein Stück Deutschland. Die Atmosphäre empfinde ich als wohltuend, zumal die Liebe zur deutschen Sprache und Kultur uns alle verbindet.  Es ist eine große Freude zu erleben,  wie türksich - und griechischsprachige Zyprioten zusammen Deutsch lernen. In meiner Kindheit konnte ich nur davon träumen. Und es ist schön zu sehen, dass die Kinder und Jugendlichen von beiden Seiten die Gelegenheit haben, sich kennen zu lernen und sich austauschen zu können.

In der Pandemie wurden nicht nur die Checkpoints geschlossen, die Deutschkurse mussten auch von Präsenzunterricht auf Onlineunterricht umgestellt werden. Du gehörst zu den Lehrer:innen, die sehr früh Onlinekurse übernommen haben. Welche Chancen bieten Onlinekurse deiner Meinung nach?

Durch die Umstellung auf Onlineunterricht während der Pandemie hat das Goethe-Institut die Kontinuität des Lernens aufrecht erhalten. Dadurch hat sich gezeigt, dass das Goethe-Institut auch weiterhin für die ganze Insel erreichbar war und ist. Zuzüglich habe ich die Erfahrung gemacht, dass Menschen, die sonst keine Möglichkeiten hatten, zum Institut zu kommen oder auch im Ausland leben, jetzt die Chance ergriffen haben, Deutsch zu lernen.

Das Goethe-Institut liegt in der Greenline und hat einen wunderschönen Garten. Warum sollte man deiner Meinung nach bei uns einen Präsenzkurs belegen?

Durch die Teilnahme am Präsenzunterricht ergeben sich vielfältige Möglichkeiten, vor allem, dass die Lernenden einander begegnen, sich kennenlernen und sich gegenseitig austauschen. Der Aufenthalt im Garten ist ein schöner Ausgleich zu dem Deutschunterricht in den „vier Wänden“.  Das Goethe-Institut mit seinem einladenden Garten ist ein Ort der Begegnung und auch ein Anziehungspunkt für die Menschen, die die Pufferzone passieren.

60 Jahre ist das Goethe-Institut in Zypern. Was wünschst du uns für die Zukunft?

Für die Zukunft wünsche ich dem Goethe-Institut Nikosia, dass es weiterhin eine Brücke zwischen Zypern und Deutschland spannt, über die immer mehr Menschen der gesamten Insel gemeinsam gehen.

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