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Urban Legends


Klicke auf die Landkarte und entdecke Urban Legends aus aller Welt

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Die Bielefeld-Verschwörung

Die Bielefeld-Verschwörung, auch „Bielefake“ genannt, wurde im Jahr 1994 vom damaligen Informatik-Studenten Achim Held in die Welt gesetzt. Die ursprünglich als Partygag erdachte Idee zu behaupten, die betuliche Stadt am Rande des Teutoburger Walds existiere überhaupt nicht, wurde schnell zum urbanen Mythos.

Rob Vegas (eigentlich Robert Michel) erzählt die Legende. Rob ist ein 1984 in Bielefeld (sagt er zumindest) geborener Showmaster und Student der Politikwissenschaften. Er betreibt im Internet die Rob-Vegas-Show, ein wöchentliches Late-Night-Format, in dem er das aktuelle politische Geschehen in satirischer Form kommentiert.
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Die Legende der Anhalterin mit den haarigen Händen

Diese Urban Legend aus Belgien warnt Frauen vor Mördern und gewalttätigen Männern im Allgemeinen. Implizit erklärt sie, dass die Dinge nicht immer so sind wie sie scheinen, und dass sich hinter einer vertrauenserweckenden Fassade ein Monster verbergen kann.

In Belgien wird die Legende mindestens seit dem Jahr 2000 erzählt. Interessant ist sie vor allem deshalb, weil ein echter Serienkiller darin vorkommt: der „Schlächter von Mons“, der zwischen 1993 und 2001 in der belgischen Stadt Mons mehrere Frauen getötet und geköpft hat. Immer wieder gibt es Meldungen vom Wiederauftauchen des Mörders, die regelmäßig dementiert werden.
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Verwunschenes Stadtzentrum

Die brasilianische Gesellschaft ist durchdrungen von Aberglauben und allerlei Einbildungen. Das Stadtzentrum von São Paulo ist einer der Schauplätze, der einen Teil dieser Gespenstergeschichten auf sich vereint. Heute gibt es sogar spezielle Stadtführungen für Touristen, bei denen nächtliche „Geisterjagden“ im größten urbanen Zentrum des Landes angeboten werden.

Unter den Namen, die den Kanon der Schauermärchen der Stadt bilden, findet sich auch der des deutschen Professors Johann Julius Gottfried Ludwig Frank, der im Innenhof der Juristischen Fakultät der Universität von São Paulo begraben ist. Rund um sein Grabmal begann sich im Laufe der Jahre in der Stadt die Legende von seiner „geschundenen Seele“ zu verbreiten, die angeblich jede Nacht in der Gegend umherirrt.
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Der Fluch des Inokashira Parks

Die urbane Legende, dass alle Pärchen sich trennen, die gemeinsam in einem Boot auf dem See im Inokashira Park fahren, ist bereits sehr alt. Sie beruht auf einem Volksglauben aus dem Mittelalter und geht zurück auf „Benten“, die Göttin der Künste, die als überaus eifersüchtig galt. Da man sie traditionell mit dem Element Wasser verbindet, befinden sich ihre Schreine meist in der Nähe von Seen, Flüssen und Teichen in ganz Japan.

So auch im Inokashira Park: In dem Park in der beliebtesten Wohngegend in ganz Tokyo vermeiden Liebespaare noch heute eine Bootsfahrt und einen gemeinsamen Besuch des Benten-Schreins. Die Furcht vor der Eifersucht der Göttin ist so lebendig wie vor Hunderten von Jahren.
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Der Schwarze Roman

Seit einigen Jahren schon streift der „Schwarze Roman“ durch die Straßen Warschaus. Er hat einen raschen Gang und ein nicht alltägliches Benehmen. Mal hat er gute Laune, macht den Vorbeikommenden Komplimente oder erteilt ihnen seinen Segen. Ein anderes Mal droht er mit der Apokalypse und gibt geheimnisvolle Prophezeiungen von sich: über das Datum unseres Todes oder über einen Unheil bringenden Mörder.

Wer ist der Schwarze Roman wirklich? Ein Relikt eines untergegangenen Systems: ein ehemals vermögender Devisenschieber, der Bankrott gemacht hat? Ein verlassener und ausgenommener Ehemann? Oder möglicherweise ein Wissenschaftler, der einen schweren Unfall erlitten hat?
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Spuk im Palacio de Linares

Diese Urban Legend aus Spanien erzählt von einem Geist, der im Palacio de Linares spukt. Dabei handelt es sich angeblich um Raimunda, die Tochter des Marquis von Linares, der den Palast 1877 erbauen ließ. Heute beherbergt das architektonische Juwel das Amerika-Haus, in dem Ausstellungen und Kinoreihen gezeigt werden.

Das Gerücht, dass der Geist von Raimunda dort umhergeht, hält sich hartnäckig. Im Jahr 1990 wurde angeblich die Stimme des Mädchens auf Band aufgenommen und sogar im Radio gesendet. 2009 veröffentlichte die Historikerin Carmen Maceiras Rey ihr Buch El secreto de Raimunda (Das Geheimnis Raimundas), in dem sie versucht, den Beweis zu erbringen, dass der Marquis von Linares und seine Frau Halbgeschwister waren und aus diesem Grund ihre gemeinsame Tochter Raimunda verschwinden lassen wollten.
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Die Phantome der Nusle-Brücke

Die Nusle-Brücke im Zentrum Prags hatte seit ihrem Bau in den 1970er-Jahren einen zweifelhaften Ruf. Es trieb nämlich eine mysteriöse Gang ihr Unwesen, die einsame Passanten in den Abgrund stieß. Niemand verstand, warum den Mördern nicht das Handwerk gelegt wurde. Eine Erklärung war bald gefunden: Die Polizei tolerierte die Taten, weil sie auf das Konto von Söhnen prominenter Mitglieder der kommunistischen Partei gingen.

Nach dem Fall des Kommunismus stellte sich diese Geschichte als reine Legende heraus. Der wahre Hintergrund war die ungewöhnlich hohe Anzahl von Selbstmorden an der Nusle-Brücke. Um das Renommé des repräsentativen Bauwerks nicht zu beschädigen, verschwiegen die damaligen Medien die Selbstmorde von beinahe 300 verzweifelten Menschen.
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Die Legende der MAMY WATAS

Nach der Legende lebten vor langer, langer Zeiten in den Flüssen und Meeren mysteriöse Wesen von großer Schönheit und sagenhaften Kräften, die man MAMY WATAS nennt. Sie hatten mit menschlichen Familien einen Pakt geschlossen, der die Nachkommen aller Völker durch alle Zeiten vereinen und ihre Interessen sichern sollte.

Wer einmal mit einer MAMY WATAS, die nur er allein sehen kann, vereint ist, erhält unermessliche Reichtümer. Doch muss er ihr seine ganze Existenz widmen und sie allein anbeten. Sollte er, den das Schicksal zum Gefährten der MAMY WATAS bestimmt hat, es wagen, mit den alt überlieferten Vereinbarungen zu brechen, trifft ihn der Zorn der MAMY WATAS, und er erleidet Qualen, die schlimmer sind als der Tod, und ihn in ein zorniges, verbittertes, rachsüchtiges und nach Liebe hungerndes Wesen verwandeln.
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Die Schreiende

Das Jerusalem-Syndrom gehört zu den wenigen urbanen Legenden, die sowohl Erzählung wie auch unbestrittene Tatsache sind. Das Gros der am Jerusalem-Syndrom Erkrankten sind Touristen. In Jerusalem entwickeln sie in Verknüpfung mit den geistigen, religiösen oder mystischen Qualitäten der Stadt diese psychotische Störung.

Die Betroffenen glauben, göttliche Kräfte zu besitzen oder die Inkarnation einer biblischen Person zu sein. In Jerusalem äußern sich diese Wahnvorstellungen oftmals theatralisch, etwa im Versuch, das Umfeld zu missionieren. Betroffen vom Jerusalem-Syndrom sind Juden und Christen gleichermaßen, aber auch eine muslimische Minderheit leidet darunter. In den letzten Jahrzehnten wurden über 100 „schwere Fälle“ in israelische Krankenhäuser eingeliefert.
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Die Legende um das Peterdenkmal

Auf der Goldenen Insel im Zentrum der russischen Hauptstadt wurde 1997 ein fast 100 Meter hohes Denkmal errichtet. Es stammt vom Bildhauer Surab Zereteli und zeigt den Reformzar Peter I. Doch die Moskauer munkeln, dass es sich bei dem Herrn mit Schriftrolle und wehenden Mantelschößen gar nicht um Peter, sondern um Kolumbus handelt.

Surab Zereteli, der Gründer des ersten Museums für zeitgenössische Kunst in Russland wollte den Amerikanern zum 500. Jahrestag der Entdeckung Amerikas eine Kolumbus-Statue schenken. Diese wollte man aber, so sagt man, weder in den USA noch in Spanien noch in einem lateinamerikanischen Land aufstellen. Daraufhin, so die Legende, bekam die Statue auf geheimnisvolle Weise einen neuen Kopf, den des ersten russischen Kaisers nämlich, und steht in Moskau.
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Die Legende über Eisstollen und Sorbet in Paris

Die Metro-Station „Glacière“ erinnert an die Legende der alten Eisstollen unter der Stadt. Catherine de Medici soll 1533 die Mode in Frankreich eingeführt haben, im Sommer Eis und Sorbet zu essen. Dafür wurde während der kalten Jahreszeit natürliches Eis aus Flüssen und Seen gesammelt und in hermetisch verschlossenen unterirdischen Räumen eingeschlossen. Ein kurzer Tunnel ermöglichte den Zugang zum Eisstollen, den man fortan auch als Kühlschrank benutzte. Am Ende des 17. Jahrhunderts trat das Sorbet schließlich seinen Triumphzug an: Das Café Procope, eins der berühmtesten und ältesten Cafés von Paris, öffnete 1686 seine Türen auf dem Platz vor der Comédie Française und bot stolze 24 Sorten Sorbet an. Angeblich existieren die Eisreservoire immer noch.
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Das Vulkan-Kind

Die Legende vom Vulkan-Kind beruht auf dem Glauben an die Existenz eines unterirdischen Vulkans unter dem Berg Mont-Royal. Sie entführt uns in eine Fantasie-Welt, in der historische und mythologische Persönlichkeiten, Fakten und berühmte Orte ineinandergreifen und kollidieren: Während der Errichtung des Gipfelkreuzes zur Gründung von Montréal (historischer Fakt, lokalisiert und datiert) erwecken die Protagonisten Jeanne Mance und Le Sieur de Maisonneuve (Existenz historisch belegt) den Vulkan zum Leben. Als riesiges Kind, im Inneren des Berges begraben, sehen die Indianer seit Tausenden von Jahren in dem Vulkan-Kind einen zornigen Geist, der gefüttert werden muss, um besänftigt zu werden.
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Das böse Auge

Symptome wie Übelkeit, Schwindel oder Schweißausbrüche zeugen davon, dass das „böse Auge“ von einer Person Besitz ergriffen hat. Die Befreiung vom „bösen Auge“ nennt man „xematiasma“ und erfolgt zum Beispiel in einer Beschwörungszeremonie unter Zuhilfenahme von Öl. Wer xematiasma durchführt, spürt hinterher starke Kopfschmerzen oder gähnt, ein Zeichen dafür, dass die Zeremonie erfolgreich war.
Zur Vorbeugung sei zum „blauen Auge“ geraten, einem speziellen blauen Amulett in Form eines Auges. Es erinnert an den unheilvollen Blick von blauäugigen Menschen. Weil eine zerstörerische Kraft nie gegen sich selbst tätig wird, kann das „blaue Auge“ als Gegenzauber den „bösen Blick“ bannen und abwenden. Auch das Aufhängen von Knoblauchzehen am Hauseingang schützt vor dem „bösen Blick“ – dies wird schon seit der Antike überliefert.
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Die Legende vom schwarzen Panther

Schwarze Panther werden seit Jahren immer wieder in der einen oder anderen italienischen Stadt gesichtet. Auffällig ist, dass der Pantheralarm meistens in den Sommer- oder Winterferien auftritt, wenn viele Zeitungen keine weiteren Meldungen haben … Aber sei’s drum: in Pino Torinese wurde die Legende des schwarzen Panthers sogar zu einem Theaterstück verarbeitet, und in Rom benannte sich eine Studentenbewegung nach dem gefährlichen Tier.

Der Umstand, dass immer nur schwarze Panther gesichtet werden, und keine anderen Tiere, ist auf ein literarisches Werk, nämlich den bekannten Roman von Cornell Woolrich „Schwarzes Alibi“ zurückzuführen, auf dessen Vorlage der Film „The Leopard Man“ von Jacques Tourner basiert.
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MP3-Kidnapping

Die Urban Legend über die mysteriösen MP3-Kidnappings existiert seit dem Jahr 2010. Sie verbreitete sich zunächst unter Schülerinnen an Oberschulen. Vermutlich lässt sich die Entstehung dieser Großstadtlegende auf die Lebensumstände koreanischer Jugendlicher zurückführen: Die Vorbereitung auf die Aufnahmeprüfung an der Universität bestimmt vor allem am Abend das Leben. Die meisten koreanischen Schüler besuchen häufig noch bis spät in die Nacht sogenannte Hagwons, private Nachhilfeschulen. Man kann sich vorstellen, dass es vielen Mädchen unwohl ist, wenn sie spätabends alleine in der Dunkelheit nach Hause gehen. Insofern spiegeln die Legende die traurige Realität der koreanischen Mädchen wider: Sie verbringen den Großteil ihrer Zeit im Hamsterrad des südkoreanischen Schulsystemes und der privaten Bildungsindustrie.
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Die Marmorbraut

Wenn sich eine Legende über ein Jahrhundert hält, muss sie wohl zeitlose Ängste, Wunschbilder und Ideale verkörpern. So ist es auch im Falle der Marmorbraut: Die Angst vor Krieg, vor dem Verlust unserer Liebsten manifestiert sich ebenso in ihr wie die Sehnsucht nach bedingungsloser Liebe und Treue. Nicht zuletzt spricht sie von der Ausgeliefertheit des kleinen Menschen an die große Geschichte.
In Wahrheit handelt es sich bei der Marmorbraut um eine architektonische Idee aus Frankreich, die der Sohn des Architekten Lajos Ybl von seiner Studienreise für den Vater mitgebracht hat. Das Haus wurde 1912 errichtet, die Braut ist ein Werk des Bildhauers Miklós Ligeti. Die Statue ist nur eine Büste, der Balkon kein richtiger Balkon, und die Frau ist gar nicht aus Marmor. Aber die Legende will es so.
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Playlist mit 17 Urban legends (Original mit deutschen Untertiteln):



Auch in unserer scheinbar so rationalen und technisierten Welt haben Mythen und Legenden ihren Platz. Zwar glauben die meisten nicht mehr an böse Zauberer und gute Feen, dafür aber an die giftige Spinne in der Yucca-Palme oder an Parallelzivilisationen in der Kanalisation. Unsere modernen Märchen heißen Urban legends. Und ein Freund von einem Freund von einem … hat sie wirklich erlebt.

In 19 Ländern auf vier Kontinenten sind Internetredakteure des Goethe-Institutes auf den 200 Jahre alten Spuren der Brüder Grimm gewandelt. Sie haben moderne Märchen gesammelt: Urban legends. Im Jahre 1812 veröffentlichten Wilhelm und Jacob Grimm die erste Auflage ihrer „Kinder- und Hausmärchen“. Den Anspruch „rein deutsche Märchen“ zusammenzutragen, konnten sie nicht einlösen. Denn Märchen kennen keine Grenzen. Sie greifen international wiederkehrende Motive auf, ihre Protagonisten sind anonym und stereotyp, sie transportieren traditionelle Werte wie Treue, Ehrlichkeit und Fleiß und konzentrieren diese in einer Moral.

FOAF-Hoax

Das Gleiche gilt für Urban legends. Die bisher wohl am besten erforschte Legende ist „Der verschwundene Anhalter“. Weltweit gibt es sie in unzähligen Varianten: Eine ältere Dame, die angeblich ihren Bus verpasst hat, wird von einer hilfsbereiten jungen Frau mitgenommen. Diese wird jedoch misstrauisch, als sie die ungewöhnlich behaarten Arme der Anhalterin bemerkt. Als die Fahrerin am Straßenrand einen Streifenpolizisten sieht, hält sie unverzüglich an und springt aus dem Wagen. Gemeinsam mit dem Polizisten kehrt sie zum Auto zurück, doch die Fremde ist verschwunden. Unter dem Beifahrersitz hat sie in der Eile eine Plastiktüte zurückgelassen. Darin ein Beil. Die vermeintliche Anhalterin war allem Anschein nach ein gesuchter Frauenmörder, der seine Opfer mit einem Beil zerlegt.

Erzähler solcher Geschichten garantieren deren Wahrheitsgehalt meist damit, dass sie dem Freund eines Freundes passiert seien. Der Hinweis ist so etwas wie das „Es war einmal…“ der Urban legends, weshalb sie mitunter auch als FOAF-Tales (Friend of a friend’s tales) bezeichnet werden. Ihre Moral gipfelt oft in einer mehr oder weniger direkten Warnung vor Fremden (z.B. Anhaltern), Exotischem (z.B. Giftspinnen in Yucca-Palmen) oder den Schattenseiten technischer Innovationen: So wird seit einigen Jahren in Südkorea erzählt, wer seinen MP3-Player zu laut aufdreht, laufe Gefahr entführt zu werden.

Zu gut, um wahr zu sein

Natürlich drehen sich nicht alle Urban legends um die Gefahr für Leib und Leben. Viele sind auch einfach nur skurril, absurd, grotesk oder witzig. Sie bedienen unser Bedürfnis nach dem Irrationalen, lassen uns schaudern, ekeln, wundern, schmunzeln…

Bielefeld existiert nicht! Eine groß angelegte Desinformationskampagne soll die Menschheit dennoch von der Existenz einer Großstadt dieses Namens in Ostwestfalen überzeugen. Die Legende von der so genannten Bielefeldverschwörung erfreut sich seit 1994 großer Beliebtheit (außer bei den Bielefeldern). Im Internet, das mit seinen sozialen Netzwerken erheblich zur Verbreitung von Urban legends beiträgt, genießt die Geschichte den Status moderner Folklore. Gags wie der über den Trucker, der sich auf den Weg nach Bielefeld macht, aber nie ankommt, sind einfach zu gut um wahr zu sein.

In unserer Schriftkultur sind Urban legends eine Bastion der Oralität. Ob wir nun daran glauben (wollen) oder nicht: wir erzählen sie gerne weiter. Nicht bei Kerzenschein in der heimischen Stube, sondern in einer schummrigen Kneipe.

Patrick Hamouz


„Urban Legends“ ist ein Gemeinschaftsprojekt der Goethe-Institute Belgien, Brasilien, Frankreich, Griechenland, Israel, Italien, Japan, Kamerun, Kanada, Korea, Polen, Russland, Senegal, Spanien, Tschechien, Ungarn und des Internet-Bereichs der Zentrale des Goethe-Instituts in München.
Deutsche und englische Sprachfassung: Taurusmedia Synchron GmbH
Regie: Nina Alpers; Sprecher: Claus-Peter Damitz, Anke Korte (de), Jean-Luc Julien, Anika Julien (en)
Grafik und Logo: Matthias Zosel
Kontakt Internet-Redaktion: Mail Symbolverena.huetter@goethe.de

    Urban legends

    Auch in unserer scheinbar so rationalen und technisierten Welt haben Mythen und Legenden ihren Platz. Zwar glauben die meisten nicht mehr an böse Zauberer und gute Feen, dafür aber an die giftige Spinne in der Yucca-Palme oder an Parallelzivilisationen in der Kanalisation. Unsere modernen Märchen heißen Urban legends. Und ein Freund von einem Freund von einem … hat sie wirklich erlebt.

    Die Legende vom Slenderman
    Begegnen kann man ihm praktisch überall, auf der Straße, beim Spaziergang und sogar vor der eigenen Haustür: dem Slenderman. Sein bevorzugtes Gebiet sind dichte, dunkle Wälder, doch er soll sich einem einsamen Passanten auf nächtlichen Straßen mitten in der Stadt gezeigt haben.

    Slenderman – Still Flut
    Ein Comic über den Slenderman von Dominique Zanas und Meryem Erkus.

    Hype um Hans
    Bis Sommer 2012 war Hans Sarpei Fußballer. Dann, nicht ganz über Nacht, wurde Sarpei eine Legende: erst Facebook-Star, dann Social-Media-Berater – und ist inzwischen bei wohl fast allen jüngeren deutschen Internetnutzern bekannt.

    Rasierklingen auf der Freibadrutsche
    Im Norden Italiens kursiert die kuriose Geschichte von einem Verrückten, der Rasierklingen auf den Rutschen von öffentlichen Freibädern anbringt.

    Mit Marihuana gefüllte Babys
    Eines der Babys aus Bronze, die den Prager Fernsehturm hinaufkrabbeln und die der tschechische Künstler David Černý angefertigt hat, ist angeblich mit Marihuana gefüllt.

    Düstere Seiten des modernen Mythos
    Mit dem Erzählforscher Rolf Wilhelm Brednich über Spinnen, Yucca-Palmen und verkappte Fremdenfeindlichkeit in modernen Sagen.

    Freien Eintritt mit Finger bezahlt
    Im Zusammenhang mit Veranstaltungen im Dortmunder Westfalenpark wird immer wieder erzählt, dass jemand sich den Eintritt sparen und über den Zaun klettern wollte, dabei allerdings hängen geblieben ist und sich einen Finger abgerissen hat. 

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