Audiowalk-Stories of Displacement

Audiowalk "I would always dream of my house – stories of displacement"
©Sonya/Shahana

Im Auftrag von HAU Hebbel am Ufer konzipiert von Sonya Schönberger und Shahana Rajani in Zusammenarbeit mit dem Goethe-Institut Pakistan.
 
Bei diesem Audiowalk wurden pakistanische und deutsche Geschichten von Flucht und Vertreibung nebeneinandergestellt und hörbar gemacht. Trotz der historischen und regionalen Unterschiede betont das Projekt “Ich würde immer von meiner Heimat träumen - Vertreibungsgeschichten” den Austausch der Erfahrungen. Der Audiowalk ist ein Versuch, über Gemeinsamkeiten, die wir in den Menschen finden, zu sprechen.
Der Audiowalk fand gleichzeitig in Berlin und Karachi statt. Wahlweise waren die Audiodateien auf Englisch, Deutsch und Urdu zu hören. Der Audiowalk in Berlin fand, ausgehend vom HAU 2, auf empfohlenen Strecken, die zum Elise-Tilse-Park führen, statt. Dort befand sich der Anhalter-Bahnhof war. Der Audiowalk in Karachi fand im Park des Mausoleums des Staatsgründers Muhammad Ali Jinnah (Quaid) statt, wo einst die größte  Siedlung der Flüchtlinge lag, die Quaidabad hieß.


Bitte stellen Sie sich vor

Sonya: Mein Name ist Sonya Schönberger. Ich bin Künstlerin und arbeite als Theatermacherin in Berlin. Ich habe Sozialanthropologie und bildende Kunst studiert. Normalerweise sind Interviews und Gespräche die Grundlage meiner Arbeit, die aus Theatervorstellungen, Hörstücken, Installationen oder Fotografien bestehen können. (www.sonyaschoenberger.de)

Shahana: Ich bin Künstlerin und Kuratorin, arbeite und lebe in Karachi. Meine Praxis basiert auf Forschung und Experimentieren mit neuen Formen der Kunst und Erkenntnisproduktion in öffentlichen Räumen. Ich bin auch an der Karachi Art Anti-University beteiligt, die ich letztes Jahr mitbegründet habe, als Versuch den Kunstunterricht zu politisieren und gemeinsam neue radikale Pädagogik zu erkunden.

Bitte erzählen Sie uns von Ihrem Projekt

Shahana and Sonya: “Ich würde immer von meiner Heimat träumen - Vertreibungsgeschichten” ist ein gemeinsames Projekt, an dem Sonya und ich gearbeitet haben. Es ist ein einstündiger Audio-Spaziergang, der Vertreibungsgeschichten vom zweiten Weltkrieg und von der Teilung Indiens erzählt und miteinander verbindet. Der Audiowalk fand vom 13. Mai bis 15. Mai 2016 gleichzeitig in Karachi und in Berlin statt.

Wie sind Sie auf die Idee gekommen, gemeinsam dieses Projekt in Karachi und Berlin zu machen?

Sonya: Letztes Jahr wurde ich zu einer Ausstellung in der IVS Galerie nach Karachi eingeladen. Während meines Aufenthalts hat man mir Shahana vorgestellt. Lange vor unserem Treffen fokussierten wir uns in unserer künstlerischen Arbeit auf historische Ereignisse. Wir beide waren an Vertreibungsgeschichten der Generation unserer Großeltern interessiert und wollten es sichtbar darstellen, wie die Kriegserfahrungen einen Schatten auf ihr gegenwärtiges Leben werfen. Während wir über unsere Interessen und unsere Arbeit sprachen, stellten wir fest, wie viel wir gemeinsam haben und dass wir zusammenarbeiten sollten.
Shahana: Während Sonya die Leute in Deutschland und in den USA, die den zweiten Weltkrieg, den Holocaust und deren Nachwirkungen erlebt hatten, danach befragte, sammelte ich die Geschichten von den Leuten, die während der Teilung Indiens ihre Heimat verließen. Während wir bereits die gesprochenen Erzählungen von Vertreibungen und Zwangsenteignung sammelten, führte uns unser gemeinsames Interesse zusammen, um nicht nur die historische Dimension des Krieges und der Vertreibung hervorzuheben sondern auch deren zeitgenössische Resonanz und Dringlichkeit.

Was war das Hauptziel des Projekts, das Schlüsselwort?

Shahana: Mit “Ich würde immer von meiner Heimat träumen - Vertreibungsgeschichten” haben wir gehofft, die Vergangenheit mit den gegenwärtigen Situationen zu verbinden und die Art und Weise der Zwangsenteignung als wesentlicher Teil unserer Existenz zu begreifen. Die Flüchtlingskrise wird im Allgemeinen als vorübergehend verstanden. Z.B. wird die Teilung Indiens oft als vorübergehende Unterbrechung betrachtet und wir nehmen an, dass wir den damals 20 Millionen Flüchtlingen wieder eine sichere Existenz bereitgestellt haben. Aber unsere gesammelten Geschichten widerlegen diese Vermutung. Unser Projekt zeigt, dass Zwangsenteignung ein dauerhafter Vorgang ist. Die Heftigkeit der Vertreibung geht weiter auch nach 70 Jahren.   

Sonya: Wir wollen diese Geschichten aus der Sicht unserer eigenen Generation betrachten. Was haben sie mit unserem Leben zu tun? Wen sehen wir? Und warum sind wir so wie wir sind?

Bitte sagen Sie uns, in wie fern Sie das Goethe-Institut unterstützt hat und wie Sie davon profitiert haben?

Durch die großzügige Unterstützung vom Goethe-Institut Pakistan hatten wir die Gelegenheit, unser Projekt zu entwickeln und verwirklichen. Dies ermöglichte den Austausch der Erfahrungen und Geschichten in Pakistan und Deutschland. Das Projekt in Berlin wurde von HAU Hebbel am Ufer gefördert.

Haben Sie sich während der Recherche für dieses Projekt vor Herausforderungen gestellt gesehen?
Sonya: In Wirklichkeit ist dieses reibungslos verlaufen. Trotz der großen Entfernung haben wir alles gut überstanden. Wir konnten gut miteinander kommunizieren. Durch permanente Gespräche, Diskussionen und Austausch konnten wir den jeweils anderen Kontext besser verstehen lernen. Indem wir die Grenzen/Kontrollen in den Kontinenten, in denen wir leben, umgehen, können wir uns vorstellen, auf diese Weise weiter zu arbeiten.   

Was ist die Folge dieses Projekts?

Shahana: Wir haben Audiowalk als counter-geography (Gegen-Geografie) erstellt, um Vertreibungsgeschichten aus verschiedenen Regionen und Kontexten zusammenzubringen. Es war ein Experiment, die Geschichten auszutauschen und sie so darzustellen, dass sie hörbar wurden. Wir wollten nicht, dass die Geschichten in einem neutralen Raum gehört werden, sondern beim Spaziergang an den ausgewählten Stellen von Karachi und Berlin, wo die Vertriebenen lebten und so wollten wir den Hörern die politische Situation der Orte bewusst machen.