Scheinbar bestens in Deutschland integriert, bekommt Xhafer, ein aus dem Kosovo stammender erfolgreicher Ingenieur mit Reihenhaus, Frau und Kindern, zunehmend das Gefühl, bewusst schikaniert und ausgegrenzt zu werden. Er wirkt immer angespannter, als könne er jeden Moment explodieren.
Aber wird Xhafer tatsächlich bewusst gemobbt oder ist er nur hypersensibel? Verhalten sich seine Kollegen abweisend, weil er ein „Ausländer“ ist, oder finden sie ihn nur als Mensch unsympathisch, wie seine Frau ihm einmal entgegenschleudert; denn auch diese Beziehung funktioniert alles andere als reibungslos.
Im oft unpersönlich und beinahe trostlos wirkenden Setting einer mittelständisch erfolgreichen deutschen Existenz erzählt Regisseur Visar Morina ein spannendes Psychodrama um Fragen wie Integration, Zugehörigkeit und Entfremdung, aber auch wie ein Identitätskonstrukt in Paranoia umkippen kann.
preise
- 2018 Deutscher Drehbuchpreis: Goldene Lola
- 2020 Günter Rohrbach Filmpreis: Darsteller*innen Preis und Günter Rohrbach Filmpreis
kritiken und Empfehlungen
„Neben der Frage, ob sich hier ein Mann nur als Opfer fühlt oder ob er es wirklich ist, geht es vor allem auch um Kommunikation. Kommunikation nämlich findet überhaupt nicht statt – hier ist niemand wirklich in Kontakt. Das ist bitter zu sehen, weil es viel mit unserer gesellschaftlichen Situation in Deutschland zu tun hat. Geschrieben hat Visar das Drehbuch 2016, nach der ersten Flüchtlingswelle. Es spiegeln sich Beobachtungen und natürlich auch eigene autobiografische Erfahrungen. Auch macht er keinen Hehl aus seiner sehr kritischen Haltung gegenüber dem deutschen Selbstverständnis.“ (Christine Deggau, rbb Kultur, 18.8.2020)Paul Katzenberger im Gespräch mit Visar Morina, Süddeutsche Zeitung, 22.8.2020
- SZ: Xhafer geht fest davon aus, dass sein Problem in rassistischen Anfeindungen besteht, doch Ihr Film lässt genauso die Interpretation zu, dass er ein Mobbing-Opfer ist, wie es jeder andere auch sein könnte, oder dass er tatsächlich Gespenster sieht. Geht es in Ihrem Film gar nicht um Fremdenfeindlichkeit?
- Morina: Natürlich geht es darum. Aber das ist ja das Perfide an verstecktem Rassismus, der selten eindeutig ist. Vor Gericht hätte man keine Chance. Die Möglichkeit der Überinterpretation kann auch als Waffe gegen den Betroffenen eingesetzt werden.
- SZ: Ist das aus Ihrer Sicht ein deutsches Problem?
- Morina: Es ist ein westliches Problem. Aber während der Arbeit denke ich nicht an so große Kategorien. Es lähmt sonst. Ich ging vom Einzelnen innerhalb einer Gruppe aus. Eine Gruppe, die von sich behauptet auf dem richtigen Weg zu sein und eine Infragestellung als nichtzulässig betrachtet. Und jeder der da dazu kommt, soll sich anpassen und den Weg übernehmen. Das ist aus meiner Sicht eine Denkweise, die generell in den Wohlstandsgesellschaften des Westens vorherrscht. (Frederik Lang, 13.04.2021)
