Im Interview erzählen die Podcast-Hosts Ludwig und Maria-Christina, wie aus einer Spätschicht in der Buchhandlung ihr Podcast entstanden ist und was sie an der Literatur abseits des Mainstreams fasziniert.
Feministische Bücher, unabhängige Verlage und neue literarische Stimmen: In ihrem Podcast „blauschwarzberlin“ sprechen Ludwig Lohmann und Maria-Christina Piwowarski über ihre letzten Lektüren – leidenschaftlich, engagiert und (fast) immer mit einem guten Wein. Ihre Begeisterung für Literatur kann man nicht nur hören, sondern auch sehen: als Insta-Live, bei dem sich immer wieder ein prominenter Buchpreisträger dazuschaltet.Seit 2019 bereichert „blauschwarzberlin“ die weite Welt der Literaturpodcasts. Wie ist die Idee dazu entstanden?
Ludwig: Maria und ich haben einige Zeit in der Berliner Buchhandlung Ocelot gearbeitet. Unsere Kund*innen haben immer wieder gesagt, dass sie uns so gerne zuhören, wenn wir über Bücher reden. Also haben wir irgendwann begonnen, abends nach der Spätschicht eine Flasche Wein aufzumachen, Instagram Live anzuschalten und über unsere letzten Lektüren zu sprechen. Mit der Zeit haben wir uns professionalisiert, die Tonspur aufgenommen – und so ist nach und nach der Podcast entstanden.
Die Insta-Lives sind bis heute geblieben.
Maria-Christina: Dort haben wir eine treue Fangemeinde, über die wir uns sehr freuen. Die wissen immer alles, was wir nicht wissen und kommentieren das auch direkt.
Ludwig: Schön ist auch, dass Saša Stanišić fast jedes Mal vorbeikommt und kurz in den Kommentaren fragt: „Was ist denn hier wieder los?“
Wie seid ihr auf euren Podcast-Namen gekommen?
Ludwig: Wir haben an Tinte gedacht: Gedruckte Tinte ist meist schwarz, die Geschriebene blau. Das ist die poetische Antwort.
Und die profane?
Ludwig: (lacht) Ich trag gerne schwarz und Maria trägt gerne blau.
Maria-Christina: Wir bleiben auch dabei, denn wir wollen dem politischen Blau-Schwarzen etwas entgegensetzen.
Stellen die Literatur in den Mittelpunkt: Maria-Christina Piwowarski und Ludwig Lohmann von „blauschwarzberlin“ | © Luisa Voita
Ludwig: Das ist eine Entscheidung zwischen uns beiden. Wir reden fast ausschließlich über Neuerscheinungen und aktuelle Literatur. Dafür sind wir mittlerweile bekannt. Außerdem ist es uns sehr wichtig, die Arbeit unabhängiger Verlage einzubeziehen. Wir schauen uns gerne Bücher an, die aus kleineren Sprachen übersetzt wurden, aus dem Norwegischen, Georgischen zum Beispiel oder Sprachen, die es nicht so leicht haben auf dem deutschen Buchmarkt. Wichtig sind uns auch feministische Werte und Literaturen, die sich für eine diverse und inklusive Gesellschaft einsetzen.
Ihr beide seid eng mit der unabhängigen Literaturszene verbunden: Was fasziniert euch an dieser, und was unterscheidet sie von dem Angebot der großen Konzernverlage?
Maria-Christina: Ein großer Unterschied ist der Umfang des Programms und das Marketingbudget. Es ist bewundernswert, mit welchem Mut und Einsatz sich unabhängige Verlage mit wichtigen Themen beschäftigen und damit auch eine politische Breite abbilden.
Ludwig: Zugleich sind unabhängige Verlage auch Entdecker neuer Stimmen. Mareike Fallwickl oder Tonio Schachinger sind zunächst in kleinen Verlagen erschienen. Und unser Plädoyer für Vielfalt in der Literatur liegt darin, diese neuen Stimmen zu zeigen. Wir wollen das Exzentrische und das Wagnis beleuchten, was in den unabhängigen Häusern veröffentlicht wird.
Wenn wir irgendwann mal ein Grüntee-Podcast sind, ist das auch ok.
Euren Podcast nehmt ihr seit einiger Zeit in der Staatsbibliothek zu Berlin auf, der Stabi. Was macht diesen Ort besonders?
Maria-Christina: Es ist schön, an einem Ort zu sein, der ein übergeordnetes Literaturverständnis hat. Es gibt nichts Tolleres als eine Bibliothek, wo man Bücher nicht kaufen muss, sondern sie ausleihen kann. Ein inklusiver Ort, der Menschen, die prekärer leben, einen Zugang zur großen Literaturwelt ermöglicht.
Ihr seid nicht nur der Stabi verbunden, sondern dem Grauburgunder. Zu jeder Folge öffnet ihr in der Regel eine Flasche Wein.
Maria-Christina: Wir haben letztens Cola getrunken. Das wurde in den Kommentaren allerdings kritisch kommentiert (lacht). Wir machen das einfach gerne: miteinander Wein trinken und über Literatur reden. Aber es muss auch nicht immer diese Kombination sein. Wenn wir irgendwann mal ein Grüntee-Podcast sind, ist das auch ok. Oder anders gesagt: Der Grauburgunder ist nicht so fest wie die Literatur.
Bei welchem Buch wart ihr mal völlig unterschiedlicher Meinung?
Maria-Christina: Wir sind regelmäßig unterschiedlicher Meinungen. Das finden unsere Zuhörer*innen auch ganz toll. Das Paradebeispiel ist „Ein wenig Leben“ von Hanya Yanagihara. Ich finde das Buch wahnsinnig großartig, Ludwig findet es schrecklich kitschig.
Diese Lager nehme ich auch in meinem Umfeld wahr.
Maria-Christina: Auf welcher Seite stehst dann du, Benedikt?
Ich war vom Buch begeistert!
Maria-Christina: Ich liebe es, dass Literatur polarisieren kann. Ich glaube, wenn wir richtig viel Zeit hätten, dann würden wir uns den Spaß machen und uns zu jeder Folge ein Buch aussuchen, bei dem wir wirklich unterschiedliche Positionen vertreten. Ich finde Streiten ganz toll, wenn man es auf eine respektvolle Weise macht.
Gibt es ein Projekt, das ihr mit eurem Podcast unbedingt umsetzen möchtet?
Ludwig: Ich träume seit langem davon, dass Maria und ich Gastgeber*innen einer Art literarischen Quartetts sind. Solche Formate verschwinden immer mehr. Und ich finde, so etwas macht einfach wahnsinnig Spaß. Mit klugen Köpfen live über Literatur zu reden – das ist etwas, was ich immer wieder mir gern vorstelle.
Wenn Literaturpodcasts die Bücher einer Bibliothek wären, welches Buch wäre dann „blauschwarzberlin”?
Maria-Christina: Vielleicht ein Langgedicht oder einfach ein spannender Roman.
Ludwig: Vielleicht auch eine Mischung aus Hanya Yanagihara und Paula Fürstenberg. Also etwas, was über die Literatur eine Freundschaft erzeugt.
Der Podcast im Kurzporträt
Podcastname: blauschwarzberlin - Der Literaturpodcast
Thema: Literatur
Hosts: Maria-Christina Piwowarski und Ludwig Lohmann
Folgenlänge: 1 Stunde
Erscheint: einmal im Monat
Thema: Literatur
Hosts: Maria-Christina Piwowarski und Ludwig Lohmann
Folgenlänge: 1 Stunde
Erscheint: einmal im Monat
Juni 2025