Bildung ist Sache des Staats, so ist es zumindest hier in Deutschland. Schaut man auf das Bildungssystem in Iran, so liegt dies ebenfalls weitgehend in Staatshand. Aber wie geht eine Gesellschaft, die immer schon Wege gefunden hat, widerständiges Denken gegen alle Repressionen am Leben zu erhalten, mit einem Bildungssystem um, das als Instrument zur Vermittlung der islamistischen Staatsideologie genutzt wird? Die Wege sind vielfältig, zumindest in der Kunstlehre: es wird um hochwertige Curricula an den Universitäten gekämpft, seit Jahrzehnten hat sich informeller Wissenstransfer und Wissensproduktion an privaten Bildungsinstituten etabliert, aber auch durch Angebote kleiner non-profit-Initiativen und semi-offizieller Veranstaltungsreihen, vor Ort und online.
Im Rahmen der Archiv-Ausstellung "Transforming Movement(s) in Uncertain Times" wirft die Diskussionsrunde Informal Modes of Education: Artistic Knowledge Production and Transfer in Iran mit Kuratorin und Vermittlerin
Fereshte Moosavi (London), Philosophin und Übersetzerin
Golnar Narimani (Wien/Grenoble), sowie weiteren Gäst*innen, moderiert von Kunsthistorikerin und Autorin
Hannah Jacobi (mohit.art, Berlin) erstens einen Blick auf die aktuelle Situation in Iran, wo Universitäts-Fakultäten bestreikt und private sowie online-Lehrangebote weitegehend einstellt wurden. Zweitens wird auf die Entwicklung informeller Bildung in Iran zurückgeblickt und diskutiert, was das für Lehrende und Studierende in Iran konkret bedeutet, welche Wege außerhalb, aber auch innerhalb der Institutionen gefunden wurden und werden, um ideologische Kanons zu umgehen und aufzubrechen. Wo finden informelle und widerständige Bildungsinitiativen ihren Platz und wie können sie überleben? Welche Rolle spielt der transkulturelle Bildungstransfer im Bereich der informellen Bildung in Iran?
Organisiert von mohit.art.
Die Veranstaltung findet auf Englisch statt. Die Teilnehmer*innen sind zum Teil zugeschaltet.
Fereshte Moosavi ist Kuratorin und Vermittlerin. Sie hat Ihren Doktor an der Goldsmiths University of London im Bereich Curatorial/Knowledge absolviert und war künstlerische Leiterin und Kuratorin der MOP Foundation in London, die iranische Künstler*innen unterstützt. Moosavi gründete 2015 Curatorial in Other Words, ein pädagogisches Projekt in Zusammenarbeit mit dem privaten Lehrinstitut Charsoo Culture, Art and Publication Center in Teheran.
Golnar Narimani ist Philosophin und Übersetzerin. Sie ist zurzeit Doktorandin für ihren zweiten Doktortitel an der Université Grenoble-Alpes und der Université de Fribourg. Sie ist zudem als Übersetzerin ins Farsi aus dem Französischen, Deutschen und Englischen tätig. 2020 hat sie die private Online-Plattform Pelican School mitbegründet und ist weiterhin an online-Lesegruppen und Übersetzungen in Iran beteiligt.
Hannah Jacobi hat Kunstgeschichte mit einem Fokus auf globaler Kunst studiert und publiziert regelmäßig Texte vor allem zur zeitgenössischen Kunst in Iran. Zusammen mit Bernd Fechner initiierte und gründete sie 2021 das transkulturelle Netzwerk der Kooperation und die Webplattform mohit.art.
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