Lesung und Gespräch
Seit Herbst 2020 leben die beiden belarusischen Gegenwartsautor*innen
Alhierd Bacharevič und
Julia Cimafiejeva im europäischen Exil in Graz, der Schweiz und in Hamburg.
In seinem Abschiedstext
Mit der Angst um den Hals setzt sich Alhierd Bacharevič mit dem Begriff des Faschismus auseinander und seiner Deutung in der Sowjetunion, durch die Faschismus zur Realität geworden ist. Die Lyrikerin Julia Cimafiejeva schrieb 2020 ein literarisches Tagebuch über die Ereignisse nach den Präsidentschaftswahlen innerhalb des Landes. Im Jahr 2023 wurde im Gorki Theater ihr dokumentarisches Stück
Extremist*innen gelesen, das über die Situation der politischen Gefangenen in Belarus erzählt. In ihrem Fotoessay
Minsk. Die Stadt, die ich vermisse erzählt die Autorin die Geschichte von Sehnsucht, Nostalgie und Hoffnung auf ein Wiedersehen. Wird Minsk die Autor*innen wiedererkennen, wenn sie zurückkommen?
Es wird lange dauern, die Rückkehr wird schwierig sein, antwortet Alhierd Bacharevič in seinem autobiographischen Buch
Хлопчык і снег, das bereits im Exil geschrieben wurde und eine Art Flucht in die Kindheit darstellt. Im Unterschied von anderen Künstler*innen haben weder Julia Cimafiejeva noch Alhierd Bacharevič im Exil eine Schweigepause vollzogen, sondern drei weitere Bücher geschrieben, die sich jeweils auf seine Art mit staatlicher Propaganda, den Ereignissen nach 2020 und dem Leben im Exil beschäftigt.
Mit
Europas Hunde ist 2024 der wichtigste Roman von Alhierd Bacharevič auf Deutsch erschienen, der sich unter anderem mit dem Phänomen der Sprache beschäftigt und teilweise in der konstruierten Sprache Balbuta verfasst ist. Seine Bücher sind in Belarus verboten, seine Romane
Europas Hunde und
Das letzte Buch von Herrn A. wurden mittlerweile als extremistisch eingestuft.
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© Book Arsenal Kyiv
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© Book Arsenal Kyiv
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© Violetta Savchits
Gäste
© Alhierd Bacharevic
Julia Cimafiejeva (Юля Цімафеева) (geboren 1982) ist eine belarusische Schriftstellerin und Übersetzerin. Sie ist Autorin von vier Gedichtbänden in belarusischer Sprache und des Dokumentarbuchs
Minsk Diary in englischer Sprache. Ihre Werke wurden in mehrere Sprachen übersetzt und sind in verschiedenen Projekten, Anthologien und Zeitschriften erschienen. Ihre jüngsten Titel auf Deutsch sind
Der Angststein. Gedichte (edition.fotoTAPETA, 2022) und
Minsk. Die Stadt, die ich vermisse. Fotografie. Gedichte (EDITIONfrölich, 2022). Cimafiejevas erstes amerikanisches Buch
Motherfield: Poems & Belarusian Protest Diary wurde im November 2022 von Deep Vellum veröffentlicht. Gemeinsam mit ihrem Mann, dem Schriftsteller Alhierd Bacharevič, lebt sie im Exil.
© Julia Cimafiejeva
Alhierd Bacharevič (geb. 1975 in Minsk) ist ein belarusischer Schriftsteller. Er studierte belarusische Literatur und Sprachwissenschaft an der Pädagogischen Universität in Minsk. Er hat mehrere Romane und Essaysammlungen publiziert, seine Bücher sind ins Deutsche, Englische, Polnische, Französische, Russische und weitere Sprachen übersetzt. 2017 erschien sein 900-seitiges Werk
Europas Hunde. Der Roman, den Bacharevič selbst ins Russische übersetzt hat, stand auf der Shortlist des größten russischen Literaturpreises
Bolschaja Kniga. Das
Belarus Free Theater inszenierte den Roman in Minsk, London, Paris, Adelaide und Berlin (Deutsches Theater). In Belarus wurde Alhierd Bacharevič mit mehreren Literaturpreisen (»Buch des Jahres« u.a.) ausgezeichnet. 2021 wurde er mit dem deutschen Erwin-Piscator-Preis geehrt.
Moderation
Vera Dziadok ist Übersetzerin und Kulturmanagerin.
Nach dem Philologie-Studium an der Belarussischen Staatlichen Universität in Minsk hat sie als Journalistin und Dolmetscherin gearbeitet. Seit 2008 arbeitete sie als Koordinatorin der Kulturprogramme und Übersetzerin im Goethe-Institut Minsk. Nach der Einstellung der Arbeit des Goethe-Instituts in Minsk 2021 lebt sie in Vilnius als freie Kulturmanagerin und Übersetzerin. Vera Dziadok hat gemeinsam mit dem Programmteam des Goethe-Institut im Exil das Veranstaltungsprogramm des Belarus-Festivals kuratiert.
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