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19:00 Uhr
Syrien: Quo Vadis?
Gesprächsveranstaltung | Literarische Perspektiven auf Erinnerung, Wandel und Zukunft
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ACUD Studio, Berlin
- Sprache Englisch und Arabisch
- Preis Eintritt frei
- Teil der Reihe: Syrien: Quo Vadis?
Bereits 2016 veranstaltete das Goethe-Institut mit dem Programm „Goethe-Institut Damaskus im Exil“ ein Festival, das die Arbeit im Exil lebender syrischer Kulturtätiger in den Mittelpunkt rückte. Viele der damals geladenen Künstler*innen und Kulturtätigen haben sich inzwischen in einem neuen Leben eingerichtet. Damals frische Erinnerungen, sind heute meist verblasst. Neun Jahre später werden diese Erinnerungen von neuem aufgewühlt. Statt Hoffnungslosigkeit und Stillstand verspüren nun viele Syrer*innen Aufbruch und Euphorie, aber auch Unsicherheit darüber, ob es gelingen wird, eine stabile Zukunft aufzubauen.
Gleichzeitig schockierten die Äußerungen einzelner deutsche Politiker*innen, die auf eine sofortige Rückkehr syrischer Geflüchteter drängten. Sie zeigen einmal mehr, wie extreme Positionen zunehmend aus dem Bereich des Unsagbaren heraustreten.
Aus diesem Anlass lädt das Goethe-Institut im Exil zusammen mit alten und neuen Partner*innen der syrischen Diaspora zum Auftakt einer Reihe von Veranstaltungen mit Fokus auf Syrien. Anknüpfend an die Gespräche von 2016 und den Folgejahren werden wir beleuchten, welche Herausforderungen, Perspektiven und Zukunftsvisionen die Autor*innen in Anbetracht der aktuellen Entwicklungen beschäftigen.
19:00 – 20:15h | „Das Syrien, das ich verlor, das Syrien, das zu uns zurückkehrt“
Bericht aus Damaskus
Ahmad Katlesh im Gespräch mit Sandra Hetzl - Musik: Ali Hasan, Grußwort: Johannes Ebert
Der syrische Schriftsteller, Journalist und Podcaster Ahmad Katlesh unternahm zwischen Dezember 2024 und Januar 2025 nach zwölf Jahren als einer der ersten Intellektuellen seines Landes eine Reise zurück nach Syrien. Katlesh präsentiert einen persönlichen Bericht über diese Reise in seine Heimatstadt Damaskus, der die Stimmungen, Perspektiven und Hoffnungen eines Landes im Wandel einfängt.
20:30 – 22:00 | „Echos der Rückkehr – alte Heimat, fremdes Land“
Lesung und Gespräch
Mit Dima Wannous, Rosa Yassin Hassan, Inana Othman
Moderation: Yasmin Merei | Musikalische Begleitung: Ali Hasan
In Lesung und Gespräch beleuchten die renommierten syrischen Exil-Autorinnen Dima Wannous (*1982 in Damaskus, lebt in London), Rosa Yassin Hassan (*1974 in Damaskus, lebt in Hamburg) und Inana Othman (*1990 in Hasaka, lebt in Berlin) Themen wie Heimatverlust, Identität, tief verwurzelte Angst und neu gewonnene Hoffnung auf Freiheit. Nachdem das Leben in Syrien jahrelang angehalten wurde, überschlagen sich die Ereignisse nun. Der unerwartete Wandel in der alten Heimat hinterlässt ein gestörtes Zeitempfinden – und wirft viele Fragen auf. Welche Rolle spielen persönliche und kollektive Erinnerungen in der Diaspora? Wie prägen sie das Schreiben, und welche Zukunftsnarrative sind vorstellbar? Moderiert wird das Gespräch von der Journalistin und Literaturwissenschaftlerin Yasmin Merei.
Gäste
Ali Hasan ist ein in Berlin lebender Musiker, Perkussionist, Pädagoge und Heilkünstler mit syrischen Wurzeln. Er ist bekannt für seine dynamischen Rhythmen und tritt als Solokünstler oder mit Gruppen wie Pulsar Collective und Dabke Community Dance bei Sasha Waltz & Guests auf. Als zertifizierter Physiotherapeut der Akademie der Gesundheit Berlin/Brandenburg e. V. integriert Ali sein therapeutisches Fachwissen in seine künstlerische Arbeit.
Als Mitbegründer und Kunstkurator von BAYNATNA, der ersten arabischen Bibliothek in Berlin, fördert er arabische und internationale Kunst und erhielt Auszeichnungen wie den Kulturförderpreis „The Power of the Arts 2020“. Außerdem kuratiert er das Resident Music Collective im Humboldt Forum und tritt gemeinsam mit diesem auf.
Ali Hasan genießt in Europa und der internationalen Presse großes Ansehen und ist viel auf Tournee. Im Winter 2024/2025 ist er als Gastdozent an der Universität der Künste Berlin (UdK) tätig.
Rosa Yassin Hassan, geboren 1974 in Damaskus, ist Autorin und Frauenrechtlerin. In Syrien studierte sie zunächst Architektur. Seit 2002 hat sie sieben vielfach ausgezeichnete Bücher veröffentlicht, die in mehrere Sprachen übersetzt wurden. Auf Deutsch sind bisher von ihr die Romane „Ebenholz“ (Alawi Verlag, 2010) und „Wächter der Lüfte“ (Alawi Verlag, 2012) erschienen. Rosa Yassin Hassan hat zahlreiche Artikel zu kulturellen und politischen Themen verfasst, die in arabischen, deutschen und internationalen Zeitungen und Magazinen veröffentlicht wurden. Sie war Gründungsmitglied des Vereins „Frauen für Demokratie“ und ist seit 2015 Mitglied im Deutschen PEN-Club. Nach der syrischen Revolution ist sie Ende 2012 zusammen mit ihrem Sohn nach Deutschland gekommen.
Sandra Hetzl (*1980 in München) schreibt und übersetzt arabische Gegenwartsliteratur, beispielsweise Werke von Haytham El Wardany, Rasha Abbas, Kadhem Khanjar, Aboud Saeed, Bushra al-Maqtari, Aref Hamza und Assaf Alassaf. Neben Lyrik und Prosa hat sie über zwei Dutzend Theaterstücke ins Deutsche übertragen, unter anderem von Mohammad Al Attar, Mudar Alhaggi, Wael Kaddour und Rabie Mroué. Sie ist die Gründerin von teneleven.org, einem Agenturkollektiv für zeitgenössische arabische Literatur.
Ahmad Katlesh ist Schriftsteller. Er wurde 1988 in Damaskus geboren und studierte dort Mathematik. Nach der syrischen Revolution floh er 2013 nach Jordanien und arbeitete dort als Journalist. 2016 kam er mit einem Stipendium des Heinrich-Böll-Hauses nach Deutschland. Er veröffentlichte drei Bücher mit Kurzgeschichten und Gedichten auf Arabisch, 2020 erschien sein erstes deutschsprachiges Buch, der Lyrikband „Das Gedächtnis der Finger“. Dafür verlieh die Bayerische Akademie der Schönen Künste ihm das Chamisso-Publikationsstipendium. Daneben liest er auf Tiklam literarische Texte für Millionen arabischsprachiger Hörer*innen.
Yasmin Merei, geboren 1984 in Homs, Syrien, ist eine Journalistin, Frauenrechtlerin und Expertin für Kommunikation, politische Bildung und Führungstraining. Sie setzt sich leidenschaftlich für soziale Gleichberechtigung und die Stärkung marginalisierter Gruppen ein. Von 2013 bis 2016 war sie Chefredakteurin des Frauenmagazins Saiedet Souria und mitbegründete das Forum für Wissen und Meinungsfreiheit in der Türkei, eine bedeutende syrische Dialoginitiative im Exil.
Im Jahr 2015 erhielt sie das Feuchtwanger-Stipendium der Villa Aurora in Los Angeles und arbeitete bis 2018 mit Sasha Waltz & Guests in Zusammenarbeit mit der Allianz Foundation.
Seit 2020 widmet sich Yasmin Merei dem Projekt Women for Common Spaces, das sie in Berlin gegründet hat, um das Gedächtnis von Frauen im Exil zu bewahren und junge geflüchtete Frauen in Führungskompetenzen zu schulen. Zudem arbeitet sie als Medien- und Advocacy-Beraterin, hat Abschlüsse in Arabischer Literatur und Linguistik und absolviert derzeit einen Masterstudiengang in Internationalen Beziehungen an der École supérieure de journalisme de Paris.
Inana Othman wurde 1990 in Hasaka geboren und lebt in Berlin. Sie übersetzt und schreibt Lyrik und dokumentarische Essays. Ihre Arbeiten wurden in verschiedenen Literaturfestivals, im Pavillon Hannover, im HKW Berlin und am Hessischen Landestheater Marburg gezeigt und in Literaturzeitschriften wie u.a. Untoldmag, Edit und inamo mehrsprachig veröffentlicht. Letzte Publikationen: „Das Vermisste ist dessen Markierung“, in: die horen. Bd. 293, 69. Jahrgang, Wallstein Verlag, März 2024, „Kan yama kan“ in: „Stoff aus Luft“: BELLA triste Nr. 66., Herbst 2023. und „vorwärts Erinnern“ in: „Vergangenheit vorhersagen“: Schauspiel Düsseldorf, Sommer 2022. 2023 erhielt Inana das SchreibZeit-Stipendium der Stiftung Niedersachsen.
Dima Wannous, 1982 in Damaskus geboren, ist eine renommierte Autorin und Journalistin. Nach dem Ausbruch der syrischen Revolution erhielt Dima Wannous Todesdrohungen und floh nach Beirut, um der Gefahr einer Festnahme zu entgehen. Dort lebte sie sechs Jahre lang und etablierte sich als prominente Journalistin und TV-Moderatorin. Sie arbeitete für die angesehene Zeitung Al-Safir und moderierte eine wöchentliche Fernsehsendung des syrischen Oppositionssenders Orient. In ihrer Sendung führte sie Interviews mit wichtigen arabischen und internationalen Persönlichkeiten aus dem Politik- und Kulturbetrieb.
Während ihrer Zeit in Beirut schrieb Dima ihren von der Kritik hochgelobten zweiten Roman „The Frightened Ones”, der in die engere Wahl für den Internationalen Preis für arabische Belletristik kam, der gemeinhin als Arabischer Booker-Preis bezeichnet wird. Der Roman wurde in mehrere Sprachen übersetzt, darunter Englisch, Französisch, Deutsch, Italienisch und Niederländisch. Auf Deutsch erschien er unter dem Titel „Die Verängstigten“ (2018, übersetzt von Larissa Bender, Karl Blessing Verlag). Zuvor war bereits ihr Roman „Dunkle Wolken über Damaskus“ (2014, übersetzt von Larissa Bender, Edition Nautilus) auf Deutsch erschienen.
Seit 2017 lebt Wannous in London, wo sie ihre Arbeit im Journalismus und Fernsehen fortsetzt. Zuletzt veröffentlichte sie ihren dritten Roman „And the Family Devoured Its Men”, der ins Portugiesische übersetzt wurde.
Dima Wannous zählt zu den profiliertesten und einflussreichsten Stimmen in der zeitgenössischen arabischen Medien- und Literaturwelt.