„Dass wir da waren, war bereits revolutionär.“
Subsahara-Afrika

Ein Pilotprojekt des Goethe-Instituts Johannesburg bringt Künstler*innen mit Behinderung aus Subsahara-Afrika zur Tanzmesse nach Düsseldorf – und setzt ein starkes Zeichen für Sichtbarkeit und Teilhabe.

Im August 2024 fand erstmals eine inklusive Besucherreise zur Internationalen Tanzmesse NRW statt – initiiert vom Regionalinstitut Sub-Sahara Afrika des Goethe-Instituts in Johannesburg. Sieben Künstler*innen aus Angola, Nigeria, Tansania, Mosambik, Burkina Faso, Côte d’Ivoire und Kenia reisten auf Einladung des Goethe-Instituts nach Düsseldorf. Viele von ihnen waren zum ersten Mal in Europa. Alle eint: Sie leben mit einer Behinderung – und sie gestalten aktiv die Kulturszene ihrer Länder mit.
 
Workshop von Profi-Tänzerin Mariana Tembe aus Mosambik (vorne rechts) mit den anderen Teilnehmer*innen der Informationsreise
Workshop von Profi-Tänzerin Mariana Tembe aus Mosambik (vorne rechts) mit den anderen Teilnehmer*innen der Informationsreise | © Goethe-Institut


Die Internationale Tanzmesse NRW, die seit einigen Jahren verstärkt auf Barrierefreiheit setzt, bot den idealen Rahmen für dieses Pilotprojekt. Für die Gäste war die Teilnahme nicht nur eine persönliche Premiere, sondern auch ein politisches Statement: „Dass wir da waren, war bereits revolutionär.“

Inklusion beginnt bei der Planung

Die Reise war in vielerlei Hinsicht ein Novum – auch für das Besucherprogramm des Goethe-Instituts. In enger Abstimmung mit den Initiatorinnen Asma Diakité und Josephine Heide sowie mit Sabine Lindlar, der Access-Managerin der Tanzmesse, wurde ein detailliertes Konzept entwickelt: barrierefreie Unterkünfte, spezialisierte Transportdienste, Assistenzpersonen und Verdolmetschung in Gebärdensprachen und verschiedene Idiome.

Trotz sorgfältiger Vorbereitung stieß das Team auf Herausforderungen: Hotels, die sich als weniger barrierefrei erwiesen als angegeben, oder lange Wartezeiten beim Transfer zwischen Veranstaltungsorten. Doch mit Offenheit, Flexibilität und gegenseitigem Vertrauen konnten diese Hürden gemeinsam gemeistert werden.
 
Austausch mit den Kuratorinnen und Mitgliedern des Organisationsteams der Tanzmesse NRW
Austausch mit den Kuratorinnen und Mitgliedern des Organisationsteams der Tanzmesse NRW | © Goethe-Institut

Lernen für die Zukunft

„Diese Reise war eine wichtige Lernerfahrung – für uns als Organisation, aber auch für die Tanzmesse selbst“, resümiert Susanne Sporrer, Leiterin des Besucherprogramms. Sie betont: „Für echte Inklusion braucht es ausreichende Budgets, verlässliche Infrastruktur und spezialisierte Begleitung. Nur so können wir Teilhabe ermöglichen, die über symbolische Gesten hinausgeht.“

Ein Wermutstropfen: Das einzige Stück einer behinderten Künstlerin im offiziellen Performance-Programm musste verletzungsbedingt ausfallen. Die Gäste wünschten sich mehr explizit inklusive Programmpunkte – ein Impuls, den die Veranstalter*innen mitnehmen.
 
Tanzen gibt der gehörlosen Tänzerin Aicha Coulibaly aus Burkina Faso (Mitte) die Möglichkeit, sich auszudrücken – und zu reisen und andere Künstler*innen zu treffen
Tanzen gibt der gehörlosen Tänzerin Aicha Coulibaly aus Burkina Faso (Mitte) die Möglichkeit, sich auszudrücken – und zu reisen und andere Künstler*innen zu treffen | © Goethe-Institut

Kunst, Austausch und Empowerment

Trotz aller Herausforderungen war die Reise für die Teilnehmenden ein voller Erfolg. Sie knüpften Kontakte zur internationalen Tanzszene, tauschten sich über ihre künstlerische Praxis aus – und fanden auch untereinander neue Verbündete. Denn auf dem afrikanischen Kontinent sind inklusive Mobilitätsprogramme bislang selten.

Die Gruppe plant, in Kontakt zu bleiben – und hat bereits eine Vision: Bei der nächsten Tanzmesse möchten sie als Botschafter*innen ein gemeinsames Stück präsentieren, das ihre unterschiedlichen künstlerischen Ausdrucksformen vereint. 

Ein Anfang ist gemacht.

Diese inklusive Besucherreise war mehr als ein Pilotprojekt – sie war ein Aufbruch. Für mehr Sichtbarkeit. Für mehr Teilhabe. Und für eine Kulturarbeit, die niemanden ausschließt.

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