Die Zeit rennt!

Woche 8 in der Schule (02.–08.12.2024)

Ich habe ziemlich viele Blogs mit den Worten begonnen: „Wow, schon Woche so und so“. Allmählich halte ich es auch für mehr als berechtigt. Es ist bereits meine achte Woche. Während ich zu Beginn meines Praktikums noch zählen konnte wie viele Tage ich erst in Island bin, kann ich jetzt nur noch die Tage zählen, die mir noch bleiben. Ich lebe also ein bisschen zwischen den Stühlen, denn auf der einen Seite möchte ich hier nicht weg, aber auf der anderen Seite freue ich mich total auf zu Hause. Auf jeden Fall sollen die letzten Tage nicht weniger schön werden als die vorherigen.

In der Schule kann ich glücklicherweise sagen, dass sich inzwischen eine Routine etabliert hat. Ich weiß, wann ich welche Stunden habe, ich weiß, was in den Stunden ansteht und ich weiß ich welche Vor- und Nachbereitungen getroffen werden müssen. Die letzte volle Schulwoche in Island stand nochmal im Zeichen von Prüfungen. Die letzten Klassenarbeiten wurden geschrieben und mussten anschließend korrigiert werden. Das war so ziemlich meine Hauptaufgabe diese Woche. Im A1 Kurs, den ich die letzten Wochen vermehrt selbst unterrichtet hatte, war für kommende Woche noch eine mündliche Prüfung geplant. Wir übten daher nochmal, wie man sich vorstellt und wiederholten auch grammatikalische Regeln, die dem Lehrer wichtig waren, um eine gute Note zu bekommen. Im Anschluss an die mündliche Übung, wurde noch die von mir konzipierte Arbeit geschrieben. Die Ergebnisse waren recht unterschiedlich, wobei ich mit der Durchschnittsnote von 7 durchaus zufrieden sein kann.

Neben den Routinen im Deutschunterricht hatte ich diese Woche die Möglichkeit mir den Zweig der Intergierten Sonderpädagogik (ISP) an der Borgarholtsskóli anzusehen. Ich begleitete eine Lehrerin im Kunstunterricht, die bereits jahrelange Erfahrung im ISP-Bereich hat. „Inklusion“ in Island wollte ich mir vor dem Hintergrund meines aktuellen Studiengangs unbedingt ansehen. Allerdings musste ich auch hier feststellen, dass Inklusion mehr Schein als Sein ist. Die Schüler*innen mit einem Förderbedarf besuchen zwar das Gymnasium, allerdings werden sie in separaten Klassen beschult. Die Klassen sind eher klein, meistens so 5–7 Personen. Dabei erfolgt die Einteilung in die Klassen nach sonderpädagogischem Förderbedarf. Schüler*innen, die einen Förderbedarf im Bereich geistiger Entwicklung haben, bilden eine Klasse und werden mit individuell erstellten Aufgaben beschäftigt. Meistens sind dies Aufgaben, wo die Schüler*innen die Buchstaben erlernen, sowohl zu schreiben, als auch zu sprechen oder einfache Rechenaufgaben, die mit einem Abakus oder Plättchen erfolgen. Es gibt auch Schüler*innen, die im Bereich körperliche und motorische Entwicklung gefördert werden müssen. Auch diese bilden wieder eine Klasse, um den pflegerischen Tätigkeiten zu erleichtern. Im Kunstunterricht gilt für alle Klassen, dass sie sich kreativ ausleben sollen und ihre motorischen Fähigkeiten trainieren sollen. Die Schüler*innen konnten wählen, ob sie Mandalas malen wollen oder Diamant-Painting-Figuren für Weihnachten erstellen oder nähen wollten. Alle wählten eine individuelle Aufgabe und präsentierten am Ende stolz ihre Ergebnisse.

An einer weißen Innentüre hängen Girlanden, ein Zilinder und ein stilisiertes Gesicht. © Nicole Schanz

** Anmerkung: Ich weiß, dass die Diskussionen über die passenden Ausdrucksweisen von Schüler*innen mit einem sonderpädagogischen Förderbedarf sehr unterschiedlich sind und auch, dass z. B. die Förderschwerpunkte in den Bundesländern unterschiedlich ausdifferenziert sind. In meinen Ausführungen habe ich versucht, mich möglichst neutral auszudrücken und für die Beschreibungen Begriffe zu verwenden, die in offiziellen Schreiben des Landes NRW verwendet werden. Es ist mir wichtig, dass deutlich wird, dass ich niemanden auf einen Förderbedarf o.ä. reduzieren möchte!

Mein Wochenende – Besuch von Zuhause

Als ich mir ein Land für mein SCHULWÄRTS-Praktikum aussuchen durfte, hatte ich u.a. den Wunsch ein Land kennenzulernen, was noch nicht so viele meiner Freunde bereist haben. Dabei hatte ich nicht wirklich die Erwartung, dass mich viele Freunde besuchen würden, aber ich hatte es auf jeden Fall allen angeboten, dass sie „vorbeikommen“ können. Meine beste Freundin, Lea, hat es dann tatsächlich auch gewagt. Sie kam mich in Island besuchen! Ich freute mich, denn so konnte ich jemandem aus meinem gewohnten Umfeld meine kleine Welt in Island zeigen – und das nicht nur auf Fotos.

Zwei junge Frauen posieren zu einem Selfie vor einem weihnachtlich dekorieren Herz. © Nicole Schanz

Nachdem sie am Donnerstag angekommen war, sind wir am Freitag, nachdem ich aus der Schule kam, in die Stadt gefahren. Wir haben uns Reykjavik angeschaut. Ich war überrascht, wie viel ich in den letzten Wochen gelernt hatte. Ich konnte immer eine kleine Anekdote zu einem Ort erzählen, wusste, welche Orte ich am liebsten mag und konnte mich auch ohne Navi super zurechtfinden. Wir sind viel spazieren gegangen, haben Kaffee getrunken und Zimtschnecken gegessen. Wir haben viel gelacht und geredet. Eines unserer Hauptthemen war der verrückte Hell-Dunkel-Rhythmus, den wir jetzt in Island hatten. Hier wurde es erst um 11 Uhr hell und um 15 Uhr wieder dunkel. Das hat uns zwar nicht die Laune verdorben, aber müde gemacht, vor allem, wenn man aus einem Land kommt, in dem Dunkelheit mit Schlafenszeit assoziiert wird. So kochten wir abends zusammen und planten schon den nächsten Urlaub.

Am Samstag gingen wir zunächst Eisbaden – im Meer! Es war unfassbar kalt, aber eine Erfahrung wert! Danach wollten wir noch ein wenig die Gegend erkunden und uns auch die isländische Landschaft anschauen. Also beschlossen wir, mit dem Bus nach Sellfoss zu fahren, einer Stadt, die ca. 50 km von Reyjkjavik entfernt ist. Man muss dazu sagen, dass die Definition von Stadt in Island eine etwas andere Dimension hat als in Deutschland. In Reyjkavik wohnen 2/3 aller Isländer*innen. Das restliche Drittel verteilt sich auf die Städte im restlichen Land. Die Städte haben also eher die Dimension von Dörfern bei uns. Das macht sie aber auch sehr gemütlich und gut zu Fuß zu erkunden. Wir haben also einen großen Spaziergang gemacht, uns zwischendurch in einem Café aufgewärmt und sind dann in einen Buchladen gegangen, wo wir uns isländische Bücher angesehen haben – Harry Potter konnten wir auch anhand der Cover zuordnen, alle anderen Bücher waren einfach nur schön. Abends sind wir dann wieder nach Hause gefahren. Wir waren noch in einer Foodhall und haben uns das Kochen für diesen Tag gespart. Abends sind wir dann früh ins Bett gegangen, da wir am nächsten Tag um 3 Uhr zum Flughafen mussten. Nach ein paar Stunden Schlaf habe ich Lea zum Flughafen gebracht. Es war ein kurzer Besuch, aber ich war trotzdem froh, dass sie da war.

Impressionen aus der Stadt Selfoss in der Region Suðurland im Süden Islands © Nicole Schanz

Für Sonntag hatte ich mir vorgenommen Plätzchen zu backen. Also verbrachte ich den Rest des Tages damit. Ich probierte ein neues Rezept aus und packte dann die Kekse in kleine Tüten ab, um sie am nächsten Tag den Schüler*innen aushändigen zu können. Ich packte auch Tüten, um sie im Lehrerzimmer aufzustellen. Und so ging die 8. Woche schnell vorbei und meine letzte Woche in Island stand vor der Tür.

LG Nicole

Autorin

Nicole Schanz hat ihren Master of Education mit den Fächern Deutsch und Sport für das Lehramt an Haupt-, Real-, Sekundar- und Gesamtschulen an der Universität Bielefeld abgeschlossen. Sie setzt ihr Studium jetzt im Bereich Erziehungswissenschaft Integrierte Sonderpädagogik mit dem Berufsziel Lehramt für sonderpädagogische Förderung fort. Von Oktober bis Dezember 2024 absolviert sie ihr SCHULWÄRTS!-Praktikum an der Borgarholtsskóli in Reykjavik, Island.

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